Schwarzer Mond: Roman
Ereignis an jenem heißen Juliabend im westlichen Elko County gewusst hatte.
Sowohl Dom als auch Ginger erinnerten sich genau daran, dass die seltsamen Vorgänge im Tranquility Grille - das Getöse und die erdbebenartigen Erschütterungen -etwa eine halbe Stunde nach Einbruch der Dunkelheit stattgefunden hatten; und nachdem die Sonne im Sommer ja später unterging (sogar am 41. Breitengrad), musste es etwa 20.10 h gewesen sein. Ihre Gedächtnisblockaden begannen um die gleiche Zeit, was ebenfalls darauf hindeutete, dass DAS EREIGNIS gegen 20.10 h stattgefunden hatte. In einem der Zeitungsartikel stand jedoch, dass die Straßensperren auf der I-80 um 20 Uhr errichtet worden waren.
»Das würde ja bedeuten, dass die Armee den Highway fünf oder zehn Minuten vor dem angeblichen Giftunfall gesperrt hat!« rief Ginger.
»Ja. Es sei denn, dass wir uns bezüglich der Zeit des Sonnenuntergangs irren!«
Sie schauten in der Wettervorhersage des >Sentinel< vom 6. Juli nach, die ein genaues Bild jenes schicksalsträchtigen Tages lieferte. Es waren Höchsttemperaturen um 35°C erwartet worden, mit einer nächtlichen Abkühlung auf 18°-20°C. Luftfeuchtigkeit 20-25%. Klarer Himmel. Leichte bis mittelstarke Winde. Sonnenuntergang um 19.31 h.
»Die Dämmerung ist hier draußen sehr kurz«, meinte Dom. »Höchstens eine Viertelstunde. Völlige Dunkelheit also um 19.43 h. Selbst wenn unsere Erinnerung uns täuscht, dass die mysteriösen Ereignisse erst eine halbe Stunde nach Einbruch der Dunkelheit begannen, selbst wenn es nur eine Viertelstunde gewesen sein sollte, hätte die Armee ihre Straßensperren immer noch vorher errichtet.«
»Sie wusste also, was passieren würde!« sagte Ginger. »Aber sie konnte es nicht verhindern.« »Was bedeuten würde, dass es sich um irgendwelche Ereignisse gehandelt haben muss, die die Armee ausgelöst hat und die dann außer Kontrolle geraten sind.« »Vielleicht«, sagte Dom, »vielleicht aber auch nicht. Vielleicht war es nicht ihre Schuld. Wir spekulieren vorläufig nur. Das hat wenig Sinn.«
Ginger blätterte eine Seite der Mittwochausgabe um, die sie gerade studierten, und gab einen überraschten Laut von sich.
Nun wurde auch Dom auf das Brustbild eines Mannes aufmerksam, der eine Offiziersuniform und eine Dienstmütze trug. Obwohl weder Ginger noch Dom in der vergangenen Nacht von Colonel Leland Falkirk geträumt hatten, erkannten beide ihn nach Ernies und Neds Beschreibung sofort wieder: dunkle Haare, die an den Schläfen grau wurden, durchdringende Augen, eine Adlernase, schmale Lippen - ein hartes, kantiges Gesicht.
Dom las die Bildunterschrift: »Colonel Leland Falkirk, kommandierender Offizier der in der Sperrzone eingesetzten DERO-Kompanie, war für Reporter schwer erreichbar. Dieses erste Foto gelang dem >Sentinel<-Fotografen Greg Lunde. Falkirk reagierte sehr verärgert. Seine Antworten auf die wenigen Fragen, die ihm gestellt werden konnten, waren noch kürzer als der Standardsatz: kein Kommentar.«
Dom hätte normalerweise über den feinen Humor des letzten Satzes der Bildunterschrift gelächelt, aber Falkirks steinernes Gesicht jagte ihm unwillkürlich einen Schauer über den Rücken.
Er erkannte diesen Mann nicht nur aufgrund von Ernies und Neds Beschreibung, sondern weil er ihn selbst schon gesehen hatte -damals, im vorletzten Sommer. Außerdem sah das Habichtgesicht mit den Raubvogelaugen erschreckend grausam aus: Dieser Mann erreichte normalerweise, was er wollte. Ihm auf Gnade und Ungnade ausgeliefert zu sein war ein alles andere als angenehmer Gedanke.
Ginger murmelte, während sie auf das Foto starrte, leise vor sich hin: »Kayn aynhoreh.« Als sie Doms verständnislosen Blick bemerkte, erklärte sie ihm: »Das ist ebenfalls jiddisch. Kayn aynhoreh. Das ist ein Ausdruck, der benutzt wird, um ... um den bösen Blick abzuwenden. Irgendwie schien er mir hier angebracht zu sein.«
Dom war von den kalten Augen des Offiziers förmlich hypnotisiert. Schließlich meinte er: »O ja, sehr angebracht.«
Colonel Falkirks scharf modelliertes Gesicht und die harten Augen waren so eindrucksvoll, dass es fast schien, als wäre er auf dem Foto lebendig, als blickte er sie durchdringend an.
Während Dom und Ginger im Archiv des >Sentinel< in alten Zeitungen blätterten, waren Ernie und Faye Block im Büro ihres Motels damit beschäftigt, mit jenen Leuten Kontakt aufzunehmen, deren Namen auf der Gästeliste vom 6. Juli des vorletzten Sommers standen, die Dom aber am Vortag
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