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Schwarzer Sonntag

Schwarzer Sonntag

Titel: Schwarzer Sonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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polternd die Treppen hinunter. Es war ihm gleich, ob
der Wächter ihn hörte oder nicht. Ein schneller Blick nach rechts
und links, und er sauste über die Straße, den Vorschlaghammer
schräg vor der Brust.
Der Hauseingang war nicht verschlossen. Kabakov stand vor
Muzis Tür und lauschte. Dann holte er aus und schlug mit dem
Hammer auf das Schloß.
Die Tür flog krachend auf und riß einen Teil des Rahmens
heraus. Holzsplitter fielen zu Boden. Im gleichen Augenblick
war Kabakov in der Wohnung und richtete seine große Pistole
auf den dicken Mann in Frauenkleidern.
Muzi stand in der Tür zu seinem Schlafzimmer. Er hielt in
beiden Händen Papiere. Seine Wangen zitterten, und er sah
Kabakov mit einem stumpfen, jämmerlichen Blick an. »Ich
schwöre, ich habe nichts damit ...«
»Umdrehen, Hände an die Wand.« Kabakov durchsuchte
Muzi sorgfältig und nahm ihm eine kleine, automatische Pistole aus der Handtasche. Dann schloß er die ramponierte Tür
und stellte einen Stuhl davor.
Muzi hatte sich in Windeseile wieder gefaßt. »Darf ich meine
Perücke abnehmen? Sie juckt.«
»Nein. Hinsetzen!« Kabakov sprach in das Walkie-Talkie. »Jerry an Dimples. Holen Sie Moschevsky. Er soll mit dem Lieferwagen kommen.« Er zog die Pässe aus der Tasche. »Muzi, Sie
wollen doch am Leben bleiben?«
»Eine rhetorische Frage, möchte ich annehmen. Darf man
wissen, wer Sie sind? Sie haben mir keinen Haftbefehl vorgezeigt, und Sie haben mich nicht getötet. Folglich weiß ich nicht,
mit wem ich die Ehre habe ...«
Kabakov zeigte Muzi seinen Ausweis. Der Gesichtsausdruck
des dicken Mannes änderte sich nicht, aber sein Gehirn arbeitete fieberhaft, denn er sah jetzt eine Chance, am Leben zu bleiben. Er faltete die Hände über seiner Putzfrauenschürze und
wartete.
»Die Guerillas haben Sie schon bezahlt, nicht wahr?« Muzi zögerte. Kabakovs Pistole ruckte, der Schalldämpfer
zischte, und dicht neben Muzis Hals schlug eine Kugel durch
die Stuhllehne.
»Muzi, wenn Sie mir nicht helfen, sind Sie ein toter Mann.
Die anderen werden Sie nicht am Leben lassen. Und wenn Sie
hierbleiben, steckt man Sie ins Gefängnis. Sie sollten begreifen,
daß ich Ihre einzige Chance bin. Ich mache Ihnen folgenden
Vorschlag, aber ich mache ihn Ihnen nur einmal! Sagen Sie mir
alles, und ich setze Sie am Kennedy Airport in ein Flugzeug.
Meine Leute und ich sind die einzigen, die Sie lebend zu einem
Flugzeug bringen können.«
»Ich kenne ihren Namen, Major Kabakov. Ich weiß, was Sie
machen, und ich halte es für ziemlich unwahrscheinlich, daß
Sie mich am Leben lassen.«
»Halten Sie in geschäftlichen Dingen Ihr Wort?« »Zumindest sehr oft.«
»Ich auch. Ich nehme an, Sie haben bereits Ihr Geld, oder
jedenfalls einen großen Teil des Honorars. Sagen Sie mir alles.
Dann können Sie es in Ruhe ausgeben.«
»In Island?«
»Das ist Ihr Problem.«
»Also gut«, sagte Muzi seufzend. »Ich werde es Ihnen sagen.
Aber ich möchte noch heute abend fliegen.«
»Einverstanden - wenn Sie mir die Wahrheit sagen.« »Ich weiß nicht, wo der Plastiksprengstoff ist. Das ist die reine Wahrheit. Man hat sich zweimal an mich gewandt, einmal hier und das zweite Mal von Beirut aus.« Muzi wischte sich das Gesicht mit der Schürze ab, und ein Gefühl der Erleichterung durchströmte ihn. »Darf ich mir eine Flasche Perrier holen?
Reden macht durstig.«
»Das Haus ist umstellt, das können Sie sich ja wohl denken.« »Sie können mir glauben, Major Kabakov, ich renne nicht
gern.«
Die kleine Kochnische war nur durch eine Theke vom Wohnzimmer getrennt. Kabakov konnte Muzi im Auge behalten. Er
nickte.
»Zuerst kam der Amerikaner«, sagte Muzi, der jetzt am Kühlschrank stand.
»Der Amerikaner’?«
Muzi öffnete die Kühlschranktür und sah den Sprengsatz den
Bruchteil einer Sekunde, ehe ihn die Explosion zerfetzte und
mit der Küchenwand hinausschleuderte. Der Raum hob sich.
Kabakov wirbelte durch die Luft. Blut stürzte ihm aus der Nase.
Er fiel. Möbeltrümmer fielen auf ihn herab. Schwärze. Totenstille, und dann das Knistern der Flammen.
Der erste Feueralarm kam um 8 Uhr 05. Der Einsatzleiter in
der Zentrale gab durch: »Vierstöckiges Backsteinhaus, 25 mal
40, voll von den Flammen erfaßt, Wagen 224, Leiter 118 und
Rettungsdienst im Einsatz.«
In den Polizeiwachen ratterten die Fernschreiber los. FS 12 0820 UHR 76. REVIER MELDET VERDAECHTIGE EXPLOSION UND FEUER VINCENT STREET 382. ZWEI TOTE ZUM KINGS
COUNTY HOSP. ZZZZZZZZZZZZZZZZZZZZZ
Die Papierrolle rastete zweimal klappernd

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