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Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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Ich bin mein Leben lang ein Nichts gewesen. Und ich bin in eine Situation hineinkatapultiert worden, in der Menschen mich anders behandeln wegen etwas, für das ich nichts kann. Wegen meines Vaters.« Er konnte in ihrem Gesicht lesen, dass sie verstand. Sie wusste genau, was er meinte. »Liv, ich verdanke Gavin alles, und er hat nichts von mir erbeten.«
    »Das wird er noch«, sagte Liv düster.
    »Hat er dich jemals gebeten, etwas Unrechtes zu tun, Liv?«
    »Noch nicht«, gab sie zu. »Ich sage nur, dass du auf dich achtgeben musst, wenn es um Leute aus der Chromeria geht.«
    »Und du bist nicht eine von ihnen? Wenn du mich zwingst zurückzukehren, wirst du mich dazu zwingen, mein Wort zu brechen.«
    »Was?« Liv sah ihn an, als habe er ihr gerade ins Gesicht geschlagen.
    »Ich habe geschworen, Karris zu retten. Verstehst du denn nicht, Liv? Ich bin genau deshalb perfekt, weil ich ein Nichts bin. Sieh dir meine Augen an!« Immer noch verwirrt betrachtete sie seine Augen. »Kein Halo«, erklärte Kip. »Aber ich kann wandeln. Liv, zum ersten Mal in meinem Leben weiß ich genau, was ich tun muss. Niemand zwingt mich dazu, dies zu tun. Ich tue es, weil es richtig ist. Es gibt da etwas ungeheuer …« Er ballte die Hände zu Fäusten und versuchte, es in Worte zu fassen. »Befreiendes. Machtvolles. Ich weiß nicht, was, aber ich weiß, dass es sich gut anfühlt.«
    »Selbst wenn du in den Tod gehst?«, fragte Liv.
    Er kicherte freudlos. »Ich bin kein Held, Liv. Ich mag mich einfach nicht allzu sehr. Wenn ich sterbe, was macht es schon?«
    »Das ist das Schrecklichste, was ich je gehört habe«, erwiderte Liv.
    »Es tut mir leid«, sagte Kip. »Ich versuche nicht, jämmerlich zu klingen. Ich sage nur – ich habe nichts. Ich bin eine Waise, bestenfalls ein Bastard. Eine Schande. Ich habe einfach nicht allzu viel zu verlieren. Wenn ich mit meinem Leben etwas Gutes tun kann – oder selbst mit meinem Tod –, wie könnte ich es dann nicht versuchen?«
    Er konnte sehen, dass sie schwankte. Zum ersten Mal hatte er Hoffnung, dass er tatsächlich damit durchkommen konnte.
    »Bitte, Liv. Wenn ich bei dem hier scheitere – wenn ich es nicht einmal aus der Stadt hinaus schaffe –, bin ich wirklich ein Nichts. Bitte. Zwing mich nicht dazu, bei der wichtigsten Angelegenheit, die ich je zu tun versucht habe, zu scheitern.«
    Sie blinzelte und grinste dann. »Ich habe nie darüber nachgedacht, wie es wohl sein würde, wenn du diese listige Zunge einmal gegen mich einsetzen würdest. Du solltest ein Orangener sein.«
    »Ich ähnle einer Orange in meiner allgemeinen Form, aber ich bin mir nicht sicher …«
    »Ein Wandler, keine Frucht!«, entgegnete sie lachend.
    »Bedeutet das, dass du mich nicht aufhalten wirst?«, fragte Kip.
    »Schlimmer noch«, antwortete sie.
    »Häh?«
    »Du musst tun, was richtig ist; ich muss tun, was richtig ist. Ich trage die Verantwortung für dich, Kip.«
    »Oh nein, das tust du nicht.«
    »Doch. Ich gehe mit dir – oder du gehst überhaupt nicht.«
    »Liv, du verstehst nicht …« Sie verstand was nicht? Dass du total hingerissen von ihr bist? Dass sie schön und klug ist und wunderbar und erstaunlich, und dass deine ganze Seele sich danach sehnt, nur mit ihr zusammen zu sein, dass du dir aber nicht vorstellen kannst, sie in Gefahr zu bringen?
    »Ich verstehe was nicht?«, fragte sie. Verdammt.
    »Du bist Licht für mich.« Es rutschte ihm heraus. Er konnte nicht fassen, dass er es laut ausgesprochen hatte. Seine Augen weiteten sich, noch bevor ihre es taten.
    Er war beinahe körperlich nackt vor ihr gewesen, als diese Meuchelmörderin versucht hatte, ihn zu töten. Das hier war schlimmer. Er war gelähmt. Seine Lippen versagten ihm den Dienst.
    »Sehr komisch, Kip, aber du wirst mich nicht täuschen und davonschlüpfen, während ich nicht hinschaue oder irgendetwas. Du magst listig sein, aber ich bin nicht von gestern.«
    Oh, Orholam sei gedankt! Sie dachte, er habe einen Scherz gemacht! Eine Welle der Erleichterung schlug über ihm zusammen, und er bekam weiche Knie.
    »Ich begleite dich«, sagte Liv, »und das ist endgültig. Du hast recht: Was du zu tun versuchst, ist eine gute Sache. Ich kenne Karris, und sie ist es wert, gerettet zu werden, und was sie herausgefunden hat, könnte den ganzen Krieg verändern. Und wenn du Erfolg haben willst, wirst du meine Hilfe brauchen, und du würdest mich zwingen, meinen Eid zu brechen, mich um dich zu kümmern, wenn du mich nicht mitkommen

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