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Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Merciel
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ungeschützt eintreten könnten … es sei denn, Ihr hättet den brennenden Wunsch, zu Maelgloth zu werden.«
    »Danke, nein danke.« Kelland berührte das Medaillon mit den gewellten Strahlen an seiner Brust und murmelte leise etwas vor sich hin. Goldenes Licht entfaltete sich um ihn herum und hüllte ihn, Bitharn und Malentir ein. Die Leichen auf dem Boden dampften wie Eisblöcke, die man in die Sommersonne hinaufgeschafft hatte, und der Staub, der von der geöffneten Tür gequollen war, verdunstete zu Rinnsalen aus tintenschwarzem Rauch.
    In Bitharns ghaole -hafter Sicht flackerte es heftig in dem plötzlichen Licht zwischen Silber und Schwarz und den Farben der normalen Sehweise hin und her. Von Schwindel erfasst stützte sie sich an einer Wand ab, bis der Zauber des Dornenlords sich endlich dem Sonnenfeuer ergab und sie wieder mit den eigenen Augen sah.
    »Kommt!« Malentir ging durch die Tür mit dem Wasserspeier, wobei er darauf achtete, das Licht des Sonnenritters nicht zu verlassen. »Wir verschwenden Zeit.«
    Duradh Mal war in Kellands Sonnenlicht nicht freundlicher als in der silbernen Dämmerung der ghaole -haften Sicht. Der schwarze Staub wirkte noch finsterer. Er stieg in gewundenen Spiralen hoch und verschwand, wenn der Ritter vorbeiging. Lücken und Löcher erschienen in den Wänden. Zuerst glaubte Bitharn, einzelne Blöcke seien vielleicht herausgefallen, aber dann sah sie die verrosteten Enden von Gitterstäben in einem Loch und begriff, dass es sich dabei um die Eingänge zu winzigen, unmöglich engen Zellen handelte. Sie waren ungleichmäßig entlang der Flure verteilt, sodass kein Mann das Gesicht eines anderen sehen konnte, ganz gleich, wie sehr sich der Kerker füllte.
    »Hat man dich dort festgehalten?«, flüsterte sie Kelland zu. »An einem Ort wie diesem in Ang’arta?«
    Der Ritter erwiderte ihren Blick mit angespanntem Gesicht, sagte aber nichts.
    Nachdem sie eine kurze Treppenflucht hinuntergegangen waren, wurde ihre Umgebung noch grimmiger. Staubbedecktes Eisen glänzte überall in den Nischen. Schraubstöcke und Fesseln ruhten auf vom Alter verzerrten Regalen über Hämmern und Keilen für das präzise Brechen von Knochen. Daneben befanden sich Ständer mit Messern, deren Klingen zu rostigen Mottenflügeln geworden waren. Einst hatte man damit den Gefangenen die Nägel von den Fingern gestemmt und die Haut von den Gliedern gezogen. Bitharn ging schnell daran vorbei und wagte nicht, Kelland in die Augen zu sehen.
    Eine weitere Biegung im Flur führte sie in einen höhlenartigen, von leeren Herdstellen umringten Raum. Alle hatten einen durchstoßenen Kaminsims, in den die baozitische Krone gemeißelt war, und alle Kronen hatten fünf Löcher, sodass die Feuer wie rote Juwelen hindurchscheinen konnten, wenn sie brannten. Wenn alle entzündet waren, musste der Raum ein wahres Inferno sein. Jetzt lagen sie in Dunkelheit, und keine einzige Spinne wob ihr Netz über den Lücken.
    Zylindrische Gruben, fünf Meter tief und etwa sieben Meter im Durchmesser, waren in den Boden eingelassen. Die Böden und Seiten der nächsten Gruben waren verkrustet von einer feuchten schwarzen Substanz, irgendwo zwischen Staub und Moder. Darin ließen sich regelmäßige, graue Linien erkennen, wo sie mit flachen Klingen weggekratzt worden war.
    Ein Säuseln tönte durch den Kerker, als Bitharn eintrat. Es hätte der Wind sein können – beinahe –, aber das Geräusch war menschlichen Worten zu nah, um das Geflüster von Luft im Gemäuer sein zu können. Atmen oder Schluchzen: Das war es, was sie hörte.
    Bitharn spähte über den Rand der nächsten Grube und prallte zurück.
    Bli nde Gesichter starrten zu ihr herauf. Sie hatten keine Auge n; ihre Augenhöhlen waren mit nasser, schwarzer Erde gefüllt. Ihre unbehaarte Haut glänzte schleimig und grau in Kellands heiliger Aura, mehr wie die Haut von Fröschen als die von Menschen. Sie erkannte vernarbte Grübchen auf dem Scheitel ihrer Köpfe, vier und vier, wie die Blasen an den Körpern der Bergarbeiter, die den Jungen auf dem Teufelskamm getötet hatten. Die Gestalten wichen wimmernd vor dem Licht zurück, noch während sie mit Händen, die mit Lumpen umwickelt waren, nach ihren Besuchern griffen. Ihre Münder waren mit Draht zugenäht, und der verrostete rund um die Löcher, die man ihnen in die blutleeren Lippen getrieben hatte.
    Die Gestalten drängten sich in der Grube wie Aale im Bottich eines Fischverkäufers. Sie konnte die Leiber, die sich

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