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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Euch denn gangen? Ihr schwätzet ja gar nichts.«
    Der Lehrer nahm ihre Hand und drückte sie an seinen Mund; gleich als wollte er jedes Wort darin versiegeln, Hedwig deutete es wenigstens so, denn sie begann abermals:
    »Nein, Ihr müsset schwätzen, ich hör' Euch so gern zu, und mein' Ahne sagt's auch als, er hat so herzige Worte; mein' Ahne hat Euch rechtschaffen gern.«
    »Sag' doch du!« das waren die einzigen Worte, die der Lehrer hervorstammeln konnte.
    »Du, du, du, du, du,« sagte Hedwig sich niederbeugend und den Kopf schüttelnd, als ob sie mit einem Kinde spielte; der Lehrer blickte sie mit Freudenthränen an, und als sie das bemerkte, sagte sie:
    »Warum greinen? Es ist noch nichts verloren, und mein Constantin soll nur aufpassen, ja, was meint der? Ich will schon sehen, wer Meister wird, ich bin kein Kind mehr.«
    Ungeachtet sie so sehr gegen das Weinen gesprochen hatte, flossen doch auch ihr die Thränen aus den Augen, sie trocknete sie aber schnell und fuhr fort:
    »Komm', jetzt wollen wir alles vergessen und was ist denn auch? Wenn's Gott's Willen ist, kriegen wir einander doch. Es ist mir immer, wie wenn Alles zu schön g'wesen wär', wenn alles so den geraden Lauf gehabt hätt'. Ich weiß nicht, wie's kommen ist, aber wie ich selben Sonntag, wo man bei meiner Ahne gesessen ist, um's Hauseck 'rumkommen bin, da ist mir's grad' g'wesen, wie wenn mir Einer mit einer feurigen Hand in's Gesicht langen thät; nein, noch ganz anders, ich kann's gar nicht sagen wie.«
    »Ja, von jenem Augenblicke an liebte ich dich.«
    »Nichts davon schwätzen,« sagte Hedwig mit strahlendem Auge in's Antlitz ihres Geliebten schauend, es war als scheute sie jedes Wort, da sie nach Art der Bauermädchen um so weniger das Wort Liebe aussprach, je mehr sie liebte; »von was Anderm,« ergänzte sie, sie war es aber auch zufrieden, als sie so schweigend neben einander saßen und kein Laut in der Stube vernommen wurde als das Girren der Turteltauben im Käfig und der eintönige Pendelschlag der Schwarzwälder Uhr.
    Endlich trat Agnes, die wohlweislich weggegangen war, wieder ein. Hedwig sagte aufstehend:
    »Mach' du, daß er red't, da sitzt er und guckt mich nur an.«
    Als im Vorbeigehen ihr Blick in den Spiegel streifte, wendete sie sich schnell ab, sie kam sich ganz wie eine andere Person vor, so fremd war ihr Aussehen.
    Der Lehrer saß unbewegt da, wie wenn er mit offenen Augen träumte.
    Agnes sang, in der Stube umherhüpfend und mit den Fingern schnalzend:
     
    Und i woaß et wie's kommen thut,
    Wann's Schätzle i seh,
    Und da möcht' i gern schwätze
    Und 's will halt et gehn.
    Noan, noan und – jo jo –
    Und – i moan, und – i muaß
    Ist oft unser ganzer verliebter Discurs.
     
    Auf den Lehrer zutretend und ihn am Arme schüttelnd, sagte sie:
    »Wie? Was? Holz her! aufg'richt't. Z' Lauterbach hab' ich mein'n Strumpf verlor'n.« Tanzend zog sie ihn nun in der Stube umher.
    Nun war wieder Alles Leben und Freude, Thaddä kam dazu. Im großen Rathe wurde der staatskluge Beschluß gefaßt: daß, wenn bis zur Kirchweih die Constantinischen Wirren noch nicht ausgeglichen wären, Thaddä mit Hedwig und der Lehrer mit Agnes zum Tanze gehen sollte.
    Noch lange saß man traulich beisammen, die Vorfreuden der Zukunft kostend. Endlich forderte Agnes den Lehrer auf, ihr zum Lohne eine Geschichte zu erzählen; die Bitten Aller vereinigten sich mit der ihrigen. Dem Lehrer aber stand der Kopf nicht dazu, er wollte nach Hause gehen und ein Buch holen; das wurde aber nicht geduldet, er sollte nur von selber frischweg erzählen.
    Gewaltsam seine Gedanken sammelnd, begann er endlich die Geschichte der schönen Magellone. Anfangs sprach er die Worte tonlos, fast ohne zu wissen, daß er sie sprach; er hielt die Hand Hedwigs in der seinen. Nach und nach schloß er die Augen wieder und redete sich ganz in das Zauberland hinein, die Zuhörer hingen mit strahlendem Blicke an seinem Munde und Hedwig jauchzte innerlich.
    Als der Lehrer geendet, faßte ihn Agnes mit beiden Händen am Kopfe, schüttelte ihn und sagte:
    »Es ist doch ein ganzer Bursch,« sich umwendend fragte sie dann: »darf ich ihm jetzt den Kuß geben, Hedwig?«
    »Rechtschaffen.«
    Agnes machte schnell Gebrauch von der Erlaubniß, und der Lehrer sagte dann:
    »Wir wollen Freunde sein,« und reichte dem Thaddä die Hand.
    Als er fortging, begleitete ihn Thaddä und sagte auf der Treppe:
    »Herr Lehrer, ich hab' ein' Bitt', ich will Euch auch einen Gefallen thun; ich kann gut

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