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Schwarzwaldau

Schwarzwaldau

Titel: Schwarzwaldau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Holtei
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wieder zu schlafen! Gleicht das nicht dem unentdeckten Waldschläfer, wie ein Ei dem andern? Je länger ich über beide Persönlichkeiten nachdachte, desto näher sind sie einander gerückt und endlich . . .«
    »Sind sie Dir in eine einzige verschmolzen, deren bezaubernde Erscheinung Dich auf Schritt und Tritt umschwebt. Für sein schönes Haupt ist auch wahrscheinlich dieser grüne Kranz bestimmt, den Deine kunstreichen Hände aus Eichenblättern so zierlich schlingen? Doch er läßt, wie zu fürchten steht, den Kranz unbeachtet liegen, und greift nach Deines Papa's Schlafmütze!«
    Caroline mußte wider ihren Willen lachen, zerriß dabei ärgerlich den kaum vollendeten Kranz und sagte: »Wenn er sich nur fände, wir wollten ihn schon munter machen! Wir wollten ihn necken, daß die Schläfrigkeit . . .«
    Hier wurde sie unterbrochen durch das heftige Geklapper, welches der Storch jedesmal mit seinem Schnabel hervorzubringen pflegte, wenn etwas Ungewöhnliches ihn in Erstaunen setzte, oder beunruhigte. Durch die Seitenpforte des Parkes drangen, Emil an ihrer Spitze, mehrere Landleute vor, einen wildaussehenden, fremden Kerl umgebend, der die zusammengebundenen Fäuste wüthend erhob und zornige Drohungen ausstieß. Jäger Franz, neben seinem Schießgewehre noch ein zweites tragend, schlich niedergebeugt, ohne die Blicke zu heben, hinter ihnen her. Der Zug bewegte sich nach dem Flügel des Schlosses, wo der Amtmann, der zugleich die Districts-Polizei verwaltete, seine Geschäftszimmer inne hatte.
    Agnes winkte Franzen herbei, sie rief sogar seinen Namen, weil sie Aufschluß über das seltsame Ereigniß zu erhalten wünschte. Doch der Jäger sah und hörte nicht. Er folgte wie träumend den Andern.
    »Wolle Gott, daß es nicht etwa Dein Landstreicher sei, den sie da zur Haft geleiten!« sprach Agnes; denn weder sie, noch Caroline hatten den Gefangenen deutlich erblickt.
    Und beide Damen verließen den Park.

Neuntes Capitel.
    Seit Carolinens Anwesenheit in Schwarzwaldau war Emil nicht so lebhaft angeregt, nicht so gesprächig gewesen, als bei diesem verspäteten Diner. Nur über den merkwürdigen Vorfall des Tages beobachtete er anfänglich ein entschiedenes Schweigen, wobei er zu verstehen gab, daß er eine ausführliche Beantwortung der an ihn gerichteten Fragen zu verzögern wünsche, bis die Diener abgeräumt und sich entfernt haben würden. Kaum war dieß geschehen, so begann er zu erzählen, was uns theilweise bekannt ist, wovon er aber auch nur theilweise den Hörerinnen Bericht abstattete. Sie erfuhren eben nur, daß Herr und Jäger, Jeder auf verschiedenem Wege, die Richtung gesucht, aus welcher der Schuß auf den Rehbock gefallen; daß Emil auf einen einzelnen Menschen gestoßen sei, den er im ersten Augenblicke für den Raubschützen gehalten, bald jedoch ebenfalls für einen Verfolger desselben erkannt habe, den der weit im Walde widerhallende Schuß herbeilockte. Mit diesem – den er nur oberflächlich als einen der entfernteren Gutsnachbarn bezeichnete, sei er nun vereint weiter vorgedrungen und endlich auf die rechte Spur geleitet worden durch einen heftigen Wortwechsel in ihrer Nähe. Dort habe Franz den Wilddieb ›gestellt,‹ den gefährlich aussehenden Kerl allerdings durch die ihm vorgehaltene Flinte noch im Schach gehalten, aber dennoch – aus hier nicht umständlich zu entwickelnden Gründen, – keinen Ernst gezeigt, ihn festzunehmen; was erst durch das Uebergewicht der Hinzugekommenen, wenn gleich immer noch mit Mühe, gelungen sei. Später erst hätten herbeigerufene Feldarbeiter den Widerspänstigen völlig besiegt und durch Stricke gefahrlos gemacht.
    »Und wo befindet sich der – Raubschütz?« fragte Caroline mit einer Theilnahme, die Agnes in Verbindung mit ihrem heutigen Gespräch sich wohl erklären konnte, die Emil kaum beachtete.
    »Es ist ein rechtes Glück,« erwiderte dieser, »daß gerade vor etlichen Tagen der Gefängniß-Thurm, den ich in der Nähe des Gemeindehauses auf meine eigenen Kosten errichten ließ, fertig geworden. Bisher brachen sämmtliche Vaganten und andere zur Haft gebrachten Uebelthäter regelmäßig aus dem schlechtverwahrten Dorfkerker, und wurden flüchtig, ehe und bevor wir sie dem Landgericht einliefern konnten, – oder ich hatte das Vergnügen, sie bei mir im Schlosse zu beherbergen. Dem ist nun abgeholfen und mein Waldfrevler weiht das neue Gebäude glorreich ein; so mag es denn auch nach ihm den Namen führen.«
    »Und wie heißt dieser?«

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