Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzwaldau

Schwarzwaldau

Titel: Schwarzwaldau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Holtei
Vom Netzwerk:
er fürchtet seinen guten Ruf! So ist es wahr, daß er auf Freiersfüssen geht? Wohlan, Bruder Lüderlich, entweder Du bist heute mit uns , oder wir sind wider Dich und zerreißen Deine Renommée dermaßen, daß kein Schneider in Teplitz sie Dir wieder zusammenflicken soll! Entschließe Dich!«
    »Und das bald,« setzte der Baron hinzu, »wenn Du nicht willst, daß ich Dich während Deiner Abwesenheit von Teplitz bei Derjenigen aussteche, bei der Du mich auf dem Link'schen Bade ausgestochen. Bist Du niedrig genug gewesen, Rossini zu verleugnen, um Dich bei den deutschen Kleinstädtern ›liebes Kind‹ zu machen, so trage ich kein Bedenken Dich zu verleugnen und Deiner Goldfasanhenne Geschichten zu erzählen . . .«
    »Ich komme!« schrie Gustav hinauf. »Ich bleibe bei Euch, ich sause mit Euch, ich thue was Ihr wollt, – nur haltet das Maul!« Dann bestellte er heim Hausknecht den Einspänner für morgen mit Tages-Anbruch und begab sich, wohin Furcht vor Skandal und Neigung zum Trunke ihn lockten. Die drei Pflastertreter empfingen ihn mit allen Ehren. Der Tisch vom Mittagsessen stand noch da, nur daß weder Schüsseln noch Teller, daß bloß Gläser und Flaschen darauf prangten. Kostbare Cigarren, glücklich durch die Peterswalder Mauthschranken geschwärzt, lagen in rohen Bastgeflechten viertelhundertweise zur Auswahl vor. Gustav erstaunte über diese Fülle verbotener Waare. »Das ist noch nichts,« belehrte ihn der Baron; »zehntausend Stück, in Kisten verpackt, führ' ich bei mir; mein ganzes disponibles Capital hab' ich in Havannah-Glimmstengel gesteckt, und hoffe es hier durch heimlichen Kleinhandel zu verdoppeln! um so sicherer, da ich nur baar ver kaufe, beim Ein kaufe
en gros
schuldig blieb!
profit tout clair.
«
    »Das begreif' ich,« versicherte Gustav, »aber unbegreiflich ist die Einschmuggelung eines completen Cigarren-Lagers!«
    »Nichts einfacher. Die Kisten waren hinten aufgepackt, in die Flechten und Decken, wo andere ehrliche Leute ihre Reisekoffer fest binden lassen. Als wir uns dem Zollbaume näherten, welcher niedergelassen die Passage hemmte, rief ich, wie wenn ich es den Vorübergehenden erzählen wollte, und zwar in meinem reinsten Berliner Jargon: ›Seine Majestät speisen in Pillnitz und treffen heute Abend ein!‹ Ehrlich zu reden, ich wußte nichts davon und glaube auch nicht, daß Seine Majestät vor drei Tagen nach Teplitz zurückkehrt? Doch irren ist menschlich, und für eine solche vague Aeußerung kann man keinen Menschen zur Rechenschaft ziehen? Nicht wahr? Dennoch erfüllte sie meinen Zweck. Ich hatte nicht umsonst auf die Anhänglichkeit gerechnet, welche der Monarch in dieser Gegend überall findet. Kaum war mein Ruf erschollen, als auch schon die Stimme des Controleurs von Innen ertönte: »Zum Gefolge des Königs!« Und rrrr! ging der Zollbaum empor, unser Postillon fuhr unten durch wie das Wetter, die Beamteten grüßten ehrfurchtsvoll und zehntausend Stück aus ländischer Cigarren befanden sich im Lande.
Quod erat demonstrandum.
Jetzt nehmt Platz, greift zu und die Sitzung kann wieder beginnen!«
    Sie begann mit Neckereien über Gustav's Brautstand von Seiten der zwei Beisitzer, die ihn als wenig berufen darstellten, ein guter Ehemann zu werden. »Laßt euch darüber unbekümmert,« sprach der Baron, (aus welchem, trotz all' seiner scheinbaren kameradschaftlichen Theilnahme, doch der Neid mit sprach,) »sie werden ihn schon unterkriegen. Gustav bekommt nicht allein eine volljährige Frau; er heirathet obenein die sorgsamste Mutter und den sparsamsten Vater. Diese sollen ihn schon an die Leine nehmen, daß er keine dumme Streiche mehr macht. Heut' über's Jahr ist er zahm, dafür steh' ich. Für ihn giebt es kein weibliches Wesen mehr, außer seiner charmanten Gemahlin; diese wird ihn vollständig in Anspruch nehmen, sie sieht mir ganz danach aus. Und nichts macht so überdrüßig gegen das Leben und des Lebens Lust, als die Last eines solchen Ehejoches; je massiver im Golde, desto schwerer drückt es natürlich. Da hilft kein Schütteln; es sitzt fest und beugt den Nacken. Uebrigens hat er ja stets die Flasche geliebt. Wir alle wissen, daß er des edlen Weines bedurfte, um gesprächig zu werden; daß er passabel viel vertilgen mußte, ehe man ihm etwas abmerkte. Sie werden ihm zu trinken reichen, damit er gehorsam zu Hause bleibe und er wird sich dem ›stillen Suff‹ übergeben. Ich seh' ihn schon mit einer werthvollen Kupfernase im Kreise der lieben Seinigen, wie

Weitere Kostenlose Bücher