Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzwaldau

Schwarzwaldau

Titel: Schwarzwaldau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Holtei
Vom Netzwerk:
Wunder was erlebt hätte und noch zu erleben dächte! Wetten wir: wenn es gilt, weiß er nichts vorzubringen, was die Farce mit der gefürsteten polnischen Jüdin überträfe!? Daß diese an und für sich passabel war, kann ich nicht leugnen; wenigstens nach den Echantillons zu schließen, die ich davon kenne. Es wäre edel, wenn Du uns den wirklichen Hergang mittheiltest. Vielleicht gelingt es Dir, auch der Miß dadurch einigen Respect vor Deinen Anlagen zur Ruchlosigkeit, woran es der Schmachtlockigen mangelt, beizubringen?«
    Gustav ging, – fast verächtlich gegen ein so nichtssagendes Ereigniß, – auf die Mittheilung der näheren Umstände ein, die wir gern entbehren, weil sie uns in ihren Hauptzügen schon bekannt, in ihren frivolen Nüancen durchaus nicht geeignet sind, Hörer oder Leser zu erbauen, welche nicht eben seinen Genossen gleichen. Das Resultat der schlechten Geschichte war, daß er jene alternde Thörin mit Luciens Beihilfe wacker geprellt und ihr erlogene Huldigung möglichst theuer verkauft habe.
    »Daran,« urtheilte der Zigeuner, »ist freilich nichts Besonderes und läßt sich keine blutige Katastrophe davon erwarten; es müßte denn sein, daß die Betrogene einen rächenden Dolch fände, der jedoch hier zu Lande schwer aufzutreiben ist. Was aber die kleine Intrigue über das Gewöhnliche erhebt und ihr mindestens einen
haut gout
verleiht, ist die Verwendung des herausgelockten Geldes. Wäre dieß den schlichten Weg alles Fleisches gegangen, so verdiente die Sache keine Aufmerksamkeit. Weil es hingegen benützt wurde, Ritter Kurt's Brautfahrt auszustatten, und weil das Laster in seiner Art der Tugend dienen mußte, was unter die Ausnahmen gehört, will ich der Anekdote einen Platz in meinem erotischen Plutarch, – so nenn' ich das Notizbüchlein, welches in Chiffern allerlei interessante Skandäle enthält, – flüchtig vormerkend vergönnen.«
    »Plutarch?« fragte Gustav zerstreut; »was heißt denn eigentlich Plutarch? Ist das nicht ein Buch in vielen Bänden, welches ein Herr Kaltwasser geschrieben?«
    Weder Miß Viola, noch der Baron vermochten die unermeßliche Tiefe dieser Ignoranz auch nur zu ahnen, geschweige denn zu ergründen. Der Autor des göttlichen griechischen Vademecums, (wie ihn, Jean Paul glaub' ich? benennt,) gehörte durchaus nicht in den Kreis ihrer Bekanntschaften. Deßhalb wendeten sie sich mit fragenden Gesichtern dem Zigeuner zu. Dieser blies eine blaue Wolke vor sich hin und sagte dann bedächtig: »Streng genommen, ist mit euch nicht zu leben; ihr steht zu niedrig in Allem, was geistige Bildung, was Wissen heißt. Deßhalb auch erheben sich eure Thaten selten über das Gemeine, Gewöhnliche. Mit dem Bißchen Lasterhaftigkeit ist es nicht gethan. Verbindet sich diese nicht mit Wissenschaft und classischem Geschmack, so geb' ich keine Pfeffernuß dafür. Wie, zum Teufel, Gustav, kamst du auf solche dumme Frage? Und wo hast Du nur so viel von Plutarch erlauscht, daß Du Kaltwasser's Uebersetzung kennst? Nimmst Du denn überhaupt ein Buch vor die Nase, wenn es nicht von Clauren herrührt?«
    »Das ist eine lange Geschichte,« sprach Gustav, und dann verstummte er.
    »Dem läuft der Tod über's Grab,« äußerte die Miß; »er kriegt eine Gänsehaut.«
    »Ich wäre begierig auf Deine lange Geschichte; allem Anscheine nach, verspricht sie Etwas.«
    »Nein, Zigeuner; damit ist's nichts. Die gehört nicht mir allein. Die modert im Sarge und der Sarg ist mit einem Eide geschlossen.«
    »Das müßte doch mit dem Henker zugehen,« prahlte der Baron, »wenn wir den Schlüssel dazu nicht ausfindig machten? Ich schlage vor, Jeder von uns Dreien erzählt Dasjenige aus seinem Leben, worüber bisher, sei's aus einem Restchen von Scham, sei's aus feiger Besorgniß, noch ein Schleier liegen blieb. Wozu Rücksichten? Sind wir nicht Vertraute? Und was die Befürchtung vor Verdrüßlichkeiten betrifft, binden wir uns gegenseitig die Zungen, indem Jeder die Geheimnisse des Andern zur Aufbewahrung empfängt und zur Discretion verpflichtet ist, weil er selbst darauf rechnet. Gehen wir mit gutem Beispiel voran. Gustav muß dann nachfolgen, er mag wollen oder nicht. Ich will beginnen, da der Vorschlag von mir herrührt. – – –
    Es giebt Dinge, die vor dem irdischen Gesetz für Verbrechen gelten, die doch vor göttlichem Gericht lange nicht so schlimm sind, als gar Manches, was nicht nur, wenn es auch an den Tag käme, ungeahndet bleiben, was Demjenigen, der es verübte, der sich

Weitere Kostenlose Bücher