Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzwaldau

Schwarzwaldau

Titel: Schwarzwaldau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Holtei
Vom Netzwerk:
dessen vielleicht rühmt, nicht einmal Schande bringen würde. Dahin rechnen wir die Abscheulichkeiten, die junge Herren von gutem Tone, nicht minder wie rohe Burschen von pöbelhaften Sitten, sich im Umgange mit unerfahrenen Mädchen erlauben, deren Leichtgläubigkeit sie durch Versprechungen blenden, vorher schon fest entschlossen: betrügen, verführen, und dann ihr Opfer verlassen zu wollen. Wenn nun solche Infamie in der Hitze jugendlichen Blutes, in dem durch selbstsüchtige Liebe umnebelten Verstande, in den leichtsinnigen Verirrungen eines sonst nicht gerade bösen Herzens, – keinesweges freilich Entschuldigung, doch Erklärung und unter Umständen Nachsicht finden kann, so bleibt die Gleichgiltigkeit des öffentlichen Urtheils darüber völlig unerklärt und unverzeihlich. Und die Inconsequenz des Haufens von Männern und Weibern, die man bezeichnend genug › die Welt ‹ nennt, zeigt sich nie und nirgend nackter, schrecklicher als in ihrer Härte gegen Jenen, in ihrer Milde gegen Diesen. Einen stößt sie aus, weil ein Fleck auf ihm haftet, unter welchem mit einigem guten Willen leicht ein redliches Gemüth zu erkennen wäre; den Andern nimmt sie huldreich auf, ohne ihm anzurechnen, daß seinetwegen und nur durch ihn manch' jugendliches Leben im Staub', im Schmutze hinwelkt, oder verfault.
    Hab' ich doch einst im Kreise brillanter Cavaliere und Sportmänner die beifällig bestätigte Meinung aussprechen hören: ›Einem Mädchen gegeben, bindet kein Ehrenwort!‹«
    Nun, das war denn auch des Barons Motto für seine ruhmredigen Bekenntnisse.
    Miß Viola zögerte nicht, ihn abzulösen, und mit günstigem Erfolg; denn er bewegte sich in anderem Genre, in einer höheren Sphäre, zu welcher vornehme Verbindungen ihn zogen.
    Der Zigeuner hatte mitleidig zugehört: »Was sind das für Miseren? Was Ihr da zu Markte bringt, läßt sich, einigermaßen apretirt und gesäubert, in jeder Damengesellschaft vortragen. Von schauerlichen Conflicten, von Verantwortung, von drohenden Gefahren keine Rede! Es gehört Eure Plebejer-Natur dazu, in diesen Successen Befriedigung der Eitelkeit zu finden. Sie mögen genügen für Schulknaben.«
    »So behandelst Du uns gern,« entgegnete ihm der Baron, »und wir lassen's uns gefallen, eigentlich doch nur, weil noch Niemand gefragt hat, worauf Deine angemaßte Autorität sich stützt? Ich will der Erste sein, der dieß thut. Ich will endlich einmal eine jener Räubergeschichten vernehmen, die Du bisher, in mystisches Dunkel gehüllt, immer nur andeutest. Rücke doch heraus mit den Ereignissen, durch welche, glaubt man Deinen wichtigen Mienen, Casanova neben Dir zum reinen Joseph werden müßte.«
    »Casanova war ein tüchtiger Kerl, seiner Zeit; ich zolle ihm Achtung und schlage vor, morgen eine Partie nach Dux seinem Angedenken zu widmen Aber, da er alt wurde, radotirte er und in seinen Memoiren steht viel unnützes Gewäsch. Er wurde schon ein Greis, da er zu schreiben begann. Greise schwatzen. Junge Männer leben der That. Von meinen Thaten könnte ich auch nur Einiges erzählen, wenn wenigstens Einer von Euch im Stande wäre, Etwas dem Aehnliches einzusetzen und dadurch die Bürgschaft der Discretion zu leisten, die der Baron bei Einleitung des Conviviums in Anspruch nahm, deren Ihr aber nicht bedürft. Was wäre denn an Euren kleinen Pecadillen zu verschweigen? Was wäre da ungewöhnlich? Nein, geht; Ihr habt nichts wiederzuerstatten; warum sollt' ich meinen Vorrath an Euch verschwenden?«
    Während er sprach, spielten Verachtung und Hohn um seine Lippen und schienen zunächst gegen Gustav gerichtet, als wollte er prüfen, wie lange dieser es aushalten würde? Offenbar ahneten die beiden Andern die versteckte Absicht, denn sie stimmten kleinlaut bei und gaben endlich zu, sie könnten nicht gegen den Zigeuner aufkommen. Daß unterdessen fleißig getrunken, unermüdlich eingeschenkt und daß dabei ›der Bräutigam‹ nicht vergessen worden war, versteht sich von selbst. Sie saßen, so zu sagen, alle drei wider den Einen verbündet, der sie bewirthete. Was sie gegen ihn hatten? Je nun, was solche Herren gegen Denjenigen haben, dem die Aussicht winkt, aus ruchlosem, Zeit und Leben vergeudendem Nichtsthun in eine feste Stellung, in eine gesicherte Zukunft überzugehen: dem ein Hafen offen steht, sich aus wüstem Sturme, welcher sie verschlingen muß, zu retten! Sie beneideten ihn, und weil sie das nicht eingestehen mochten, verspotteten sie ihn; ganz in Art und Weise der

Weitere Kostenlose Bücher