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Schwarzwaldau

Schwarzwaldau

Titel: Schwarzwaldau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Holtei
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Freundschaft , wie sie in ähnlichen Kreisen gehegt und gepflegt wird. Es giebt nichts Niederträchtigeres, als die Freundschafts -Verhältnisse lüderlicher, eleganter Stutzer. Die Verbindungen von Räuberbanden, welche sich untereinander Treu und Glauben schenken, sind ehrenwerth im Vergleiche damit. Und wehe den Unerfahrenen, die noch gutmüthig und leichtgläubig genug sind, derbtreuherzige Scherze für den Ausdruck wahrer Gesinnung, ehrlich-gemeinter Cameradschaft zu nehmen! Gustav stand nach zweijähriger Lehrlingsfrist noch immer auf dieser niedrigen Stufe der Beschränktheit. Er glaubte mehr oder weniger noch an die Möglichkeit einer Gemeinschaft gemeiner Seelen. Hatten sich bisweilen Zweifel dagegen erheben wollen, – jetzt schlug der Wein sie nieder; der feurige Wein, der ihn antrieb, sich dem Zigeuner ebenbürtig zu zeigen: »Du sitzest auf einem verteufelt hohen Pferde und spreizest Dich sehr; doch sei versichert Du müßtest herabsteigen, wenn ich reden wollte.«
    »Oho!« machten Miß Viola und der Baron.
    »Das kann Jeder sagen,« sagte der Zigeuner.
    »Sagen kann es Jeder,« antwortete Gustav, nun schon gereizt, »aber beweisen könnte ich's;– wenn ich dürfte!«
    »Wenn er dürfte!? Da hört Ihr's! Er darf nicht; er gesteht ein, nicht reden zu dürfen und will uns vorlügen, er habe gethan , was doch mindestens sehr streng verboten gewesen sein muß, wenn es hierher passen soll. Ei, junger Philosoph, der Du den Plutarch für die Erfindung eines deutschen Professors hältst, wo hast Du Logik studirt? Uns möchtest Du weiß machen, Du habest ungeheure Sachen erlebt, aber ein alberner Eid binde Dir die Zunge, wenn es gilt, sich in Respect zu setzen? Suche Dir einen Narren, der so etwas hinnimmt; bei mir brennst Du von der Pfanne!«
    »Sehr wahr,« rief Miß Viola; »wozu wären die falschen Eide da, wenn sie nicht beschworen werden sollten, oder gebrochen? Er spreche und breche den seinigen!«
    Gustav zögerte noch. In ihm stritten dunkle Mächte um die Herrschaft über ein edleres Gefühl. Um den Leichnam des Moses stritten sich gute und böse Engel und da die ersteren schier zu kurz kamen, erhob sich der Gewaltige noch einmal aus dem Todesschlummer, sie selbst zu verjagen. Gustav's Erinnerung an Agnes, – auch schon ein Leichnam, – vermochte nicht mehr, sich zu erheben; vermochte nicht mehr, den guten Engeln Hilfe zu bringen; darum bemächtigten die bösen sich seiner und trugen ihn davon. Und als die heil'ge Stätte in der Brust, die bisher dem Angedenken einer besseren Empfindung (war diese auch nicht mehr lebendig,) doch immer noch als Gruft gedient, – als sie leer wurde, öde, wüst, – da zogen die schwarzen Geister jauchzend ein und sprachen aus ihm.
    Gustav von Thalwiese begann zu erzählen. Auf Miß Viola und den Baron machten die Anfänge der Geschichte keinen sonderlichen Effect; Emil's Character schien ihnen nicht neu, Agnesens Verhältniß zu Carolinen ein herkömmliches Mädchen-Instituts-Bündniß; des jungen Hausfreundes Stellung ganz angemessen einem sogenannten ›Krippenreiter,‹ der sich dabei sehr wohl befinden könne.
    Nur der Zigeuner ging auf psychologische Betrachtungen ein, ergänzte sogar durch erläuternde Anmerkungen manche unklare Stelle in Gustav's Bericht.
    Dieser, je weiter die Begebenheiten vorschritten, je unheimlicher ihm dabei wurde, erhitzte sich immer mehr, trank immer hastiger, gerieth immer tiefer in jenen eitlen Trotz, der ohne zu wissen warum? höchstens, um vor schlechten Gesellen als Held zu erscheinen, gegen Treu und Glauben Krieg führen möchte.
    Der Zigeuner, – die andern Beiden, wie gesagt, fanden Alles in der Ordnung, – hörte aufmerksam zu, bis an den Punct, wo Agnes ihre stolze Kälte gegen Männer mit rücksichtsloser Gluth für Gustav vertauscht. Da schlug er auf den Tisch: »Du lügst, Schlingel! Das ist nicht innerlich wahr. Ich gab Dir Deinen waschlappigen Gutsherrn; Deine liebesbedürftige Busenfreundin; Deinen verbissenen, nach allen Seiten hin eifersüchtigen Leibjäger, Deine Männerfeindin aus Alabaster, – alle gab ich Dir zu; doch eben deßhalb darfst Du nicht erfinden; und willst Du es thun, um zu prahlen. so erfinde geschickter; lasse Deine Leute nicht aus ihren Rollen fallen. Uebrigens zeigst Du Talent für die Novelle; – beiläufig gesagt: ein neues, vielmehr erneutes Genre, welches Herr Tieck in Dresden eifrig cultivirt.«
    »Du glaubst mir nicht, Zigeuner? Du behauptest, ich lüge? Und ich stehe noch beim Anfange?

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