Schwere Wetter
Bildungslücken war er bei jeder Art von Trivial Pursuit hoffnungslos unterlegen, von der mexikanischen Version ganz zu schweigen. Don Aldo hatte ihm jedoch freundlicherweise eine Prise der synthetischen Droge überlassen, und Alex wagte es nicht, die Einladung des guten Don zurückzuweisen. Daher schniefte er das Zeug und begann im Verlauf des Spiels kleine Wetten zu plazieren. Alex war ein ausgezeichneter Verlierer. Das war auch der Grund für seine Beliebtheit in diesen Kreisen.
Nach etwa zwanzig Minuten hatte alles im Gato Negro eine zwar trügerische, aber ausstrahlende tiefe Bedeutung angenommen, wie sie stets mit der chemischen Gedächtnisverstärkung einherging, und dann waren diese anderen Typen aufgetaucht. Drei an der Zahl, sehr gut gekleidet. Sie stürmten am Rausschmeißer an der Tür vorbei, ohne daß sie nach Waffen abgetastet worden wären. Das machte Don Aldo, Juan, Paco und Snoopy sogleich mißtrauisch, denn Monterrey war nicht ihr Revier, und ihre eigenen Samstagabend-Keramikspielzeuge waren in Verwahrung.
Die drei Fremden übersahen die Vaqueros zunächst hochnäsig, nahmen in einem Winkel des Raumes Platz, bestellten cafe con leche und stürzten sich sogleich in eine leise, angeregte Unterhaltung.
Don Aldo winkte mit einer fremden, geknackten PlatinKreditkarte barsch den Kellner herbei und wechselte ein paar Worte mit ihm, in einem dermaßen mit Gaunerkauderwelsch durchsetzten Grenzspanisch, daß nicht einmal Alex, in diesen Dingen eine Art Kenner, ihnen folgen konnte. Und dann lächelte Don Aldo breit und gab dem Kellner ein Trinkgeld. Einer der drei Fremden war nämlich der Polizeichef des Bundesstaates Sinaloa. Und wer die beiden guten Freunde von El General waren, brauchte sie nicht zu kümmern.
Bloß daß einer der Freunde von El General genau der Herr war, der aus dem Truck geklettert war. Damals hatte er für Alex keine besondere Bedeutung gehabt, doch aufgrund der synthetischen Gedächtnisstütze hatten sich das Gesicht des Mannes und seine Art unauslöschlich in Alex' Hirn eingeprägt. Jetzt, da er ihn wiedersah, hatte er auf einmal einen solchen Flashback, daß er den Staub der Erinnerung am Gaumen zu schmecken meinte.
» ¿ Que pasa?« fragte er.
»Hallo, guten Tag«, antwortete der Fremde höflich. »Ich bin Leo Mulcahey, und das ist mein Reisegefährte, Mr. Smithers.«
»Guten Tag, Mr. Smithers«, sagte Alex, unwillkürlich in die Parodie abgleitend. »Erfreut, Sie wiederzusehen.«
»Hallo«, brummte Smithers.
»Und wer bist du?« fragte Mulcahey.
Alex sah in die dünnen Rosenquarzgläser von Mulcaheys Sonnenbrille auf und wurde auf einmal von der tiefen, absoluten Überzeugung erfaßt, daß diese Begegnung weder in seinem, noch im Interesse der Gruppe lag. Vom hochgewachsenen, charmanten und distinguierten Leo Mulcahey ging ein so intensiver Drogengestank aus, daß Alex im Innersten erschauerte. Ranger waren schon schlimm genug, aber der gepflegte Gespensterfreund von El General war nicht der Typ, der das Camp der Storm Troupe jemals hätte betreten dürfen, egal aus welchem Grund und unter welchen Umständen.
»Mr. Leo Mulcahey«, sagte Alex. »Irgendwie verwandt?«
»Ich bin Jerrys großer Bruder«, antwortete Leo Mulcahey mit sanftem Lächeln.
»Muß ein komisches Gefühl sein, einen kleinen Bruder zu haben, der einem das Rückgrat brechen könnte, als wär's ein Streichholz.«
Mulcahey zuckte zusammen. Keine heftige Reaktion, bloß ein überraschtes Zusammenzucken. »Ist Jerry da? Kann ich mit Jerry sprechen?«
»Bedauerlicherweise hält sich Jerry gegenwärtig nicht im Camp auf, er ist auf Sturmjagd.«
»Ich dachte immer, Jerry würde die Verfolgungsjagden koordinieren. Daß er im Lager bleiben würde, als… Der Ausdruck fällt mir nicht ein.«
»Als Nowcaster. Yeah, das tut er auch meistens, aber im Moment ist Jerry gerade irgendwo in Oklahoma auf Tornadojagd, daher darf ich Ihnen den Zutritt zum Camp gegenwärtig nicht gestatten.«
»Ich verstehe«, sagte Leo.
»Was soll der ganze Scheiß eigentlich?« sagte auf einmal Smithers. »Hör mal, Kleiner, wir waren erst vor drei Wochen in eurem Camp, und ich freu mich schon auf noch 'ne Portion von dem Dörrfleisch.«
»No Problema«, meinte Alex. »Geben Sie mir Ihre Koordinaten, dann schickte ich Ihnen soviel Dörrfleisch, wie Sie wollen. Heute noch. Kostenlos.«
»Könnten wir vielleicht mit jemand anderem reden?« fragte Leo.
»Nein«, entgegnete Alex. Brasseur würde Zeit zu gewinnen versuchen. Bussard
Weitere Kostenlose Bücher