Schwert und Laute
Zähne, während er mich von Kopf bis Fuß dreist musterte.
»Ja, da soll mich doch... seid Ihr nicht das Mädchen, das Campbell... also so etwas! Bei allen Heiligen... Ihr seid nicht tot?«, stieß der Mann stockend hervor.
Ein paar Sekunden lang war ich sprachlos. Er stand auf und kam schwankend näher. Ich hielt den Atem an. Ihm wehte ein Geruch nach Schweiß, Urin und Alkohol voran.
»He, Stewie! Komm mal her!«, brüllte der Grobian. »Schau mal, was wir hier haben!«
Ich wich eilig einen Schritt zurück, als ein zweiter Mann, den ich nicht bemerkt hatte, weil er am anderen Ende des Tisches zusammengesunken war, den Kopf hob und ein paar unflätige Bemerkungen brummte. Als er mich sah, riss er seine blutunterlaufenen Augen weit auf und leckte mit der Zunge über seine aufgesprungenen Lippen.
»Da hast du aber ein hübsches Hühnchen aufgetan, Owen... Bewahr mir ein Stück auf, ja?«
Stewie ließ seinen Kopf wieder zurückplumpsen.
»He, mein Alter!«, schrie Owen wieder. »Erkennst du sie denn nicht?«
Sein Kumpan hob den Kopf ein zweites Mal, um mich genauer in Augenschein zu nehmen, doch ergebnislos.
»Das Mädchen, das mit den Macdonalds zusammen war, weißt du noch? Dank ihr hat dieser gerissene Hund Ewen sich die Ladung aus Arbroath geschnappt.«
Dieses Mal glotzte Stewie mich interessierter an, und dann hellte sich seine Miene auf.
»Jaaaa... Jetzt erinnere ich mich. Und ich dacht’ schon, er hätt’ ihr den Garaus gemacht. Also so was, die lebt ja noch! Sie ist ’ne Hexe! Gewiss, sie muss ’ne Hexe sein!«
Stewie erhob sich und kam schwankend auf mich zu. Er war von beeindruckender Größe. Ich wich einen weiteren Schritt zurück und sah mich besorgt um. Der Wirt war damit beschäftigt, die Überreste eines Trinkgelages einzusammeln, das offensichtlich bis in die frühen Morgenstunden gedauert hatte und an dem die beiden charmanten Gentlemen sicherlich ebenfalls teilgenommen hatten.
»Was hat das Luder hier zu suchen?«, meldete Stewie sich wieder zu Wort.
»Bah, keine Ahnung, sie hat nach dem Weg nach Dundee gefragt«, antwortete der Dicke.
»Dundee?«
Der Große zog die Brauen zusammen und lächelte mir boshaft zu.
»Wir könnten sie doch begleiten, oder, Owen? Vielleicht will sie Erkundigungen für eine neue Lieferung einziehen.«
»Oder sie ist hier, um für die Macdonalds zu spionieren. Wahrscheinlich will er seine Waren...«
»Bedaure, Gentlemen, aber ich werde erwartet«, erklärte ich und wandte mich ab.
Ich stürzte zur Tür, aber der große Stewie hatte mich mit zwei Schritten eingeholt und packte mich fest am Arm. Er schien seine ganze Dreistigkeit wiedergefunden zu haben und starrte mich hart an.
»Das ist es, was, kleine Schlampe? Du spionierst für die Macdonalds.«
Verblüfft riss ich die Augen auf.
»N... nein«, stotterte ich und versuchte, mich loszumachen. Sein Griff war so kräftig, dass er mir den Knochen zu brechen drohte. »Ich bin unterwegs nach Hause, lasst mich los! Mit Euren Geschäften habe ich nichts zu tun...«
»Machst du dich über uns lustig? Macdonald würde nie eine hübsche junge Frau wie dich allein losziehen lassen. Der Bastard versteckt sich hinter der nächsten Ecke, stimmt’s? Er hat dich geschickt, um uns auszuforschen, ja? He, Owen! Ich glaube, Macdonald versucht sich zu rächen. Wir sollten vielleicht Ewen Bescheid geben. Oder diese charmante Dame zu ihm führen. Er hätte gewiss einige Fragen an sie.«
Das Wortgefecht wurde lauter, und der Herbergswirt, der die Auseinandersetzung verfolgt hatte, beschloss zu meiner allergrößten Erleichterung, sich einzumischen.
»Lass die kleine Lady los, Stewie«, befahl er.
»Halt dich da raus, Doug«, gab der Riese zurück.
»Sei kein Idiot, wahrscheinlich ist es besser, das Mädchen laufen zu lassen«, schaltete sich der dicke Owen ein, der gefährlich torkelte. »Wenn sie die Wahrheit sagt, bekommen wir große Probleme mit den Macdonalds, und Ewen wird nicht erfreut sein, kapiert?«
Stewie musterte mich und kniff die schwarzen, blitzenden Augen zusammen; dann ließ er mich abrupt los. Ich spürte, wie mein Puls in meinen Schläfen heftig pochte. Im Laufschritt stürzte ich aus der Herberge und verließ das Dorf im Galopp.
Erst einige Meilen später ließ ich das Pferd langsamer gehen. Mein Herz allerdings galoppierte weiter, und ich musste ein paar Mal tief Luft holen, um mich zu beruhigen. Ich war mit knapper Not entkommen! Langsam bezweifelte ich, dass es klug gewesen war, allein
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