Schwert und Laute
auszuarbeiten.
Eine große Hand legte sich über meinen Mund, während die andere mich fest an einen kräftigen Körper presste. Im ersten Moment vermutete ich, dass der Captain mir gefolgt war, doch dann erkannte ich entsetzt, dass der Mann, der mich ohne Umstände mit eiserner Faust festhielt, viel größer war.
Ich kämpfte mit aller mir verbliebenen Kraft und trat mit den Füßen auf die Beine des Riesen ein, dessen Griff jedoch nur noch fester wurde.
»Gabh air do shocair, a Chaitlin, beruhige dich, Caitlin«, flüsterte mir eine tiefe, vertraute Stimme ins Ohr.
Mit einem Mal entwich alle Kraft aus meinem Körper, und ich begann ganz einfach zu weinen. Liam gab meinen Mund frei und drehte mich herum. Seine Miene war ausdruckslos und sein Blick eisig.
»Liam?«
»Tuch ...«
Er ergriff mein Handgelenk, warf einen raschen Blick in Richtung Straße, wo die Dragoner immer noch auf mich warteten, und zerrte mich dann durch den Wald, zwischen den Bäumen und den Felsbrocken hindurch, die hier und da aus dem Boden ragten.
Wir rannten ein ganzes Stück, bis wir auf drei andere Männer des Clans stießen, die sich hinter einem dicken Felsbrocken verborgen hielten. Ich keuchte und versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Colin, Donald und Simon betrachteten mich mit einer gewissen Belustigung. Ich wollte sie eben fragen, was sie denn so komisch fänden, als Liam mich hochhob und wie einen Hafersack über Stoirms Hals warf, bevor er selbst aufsprang und mich festhielt. Die vier Reiter machten sich auf den Weg, ritten quer durch den Wald und ignorierten meine Protestschreie.
Die Bewegung des Pferds stieß mir in die Seiten, und ich vermochte kaum zu atmen. Da ich meinen Entführer nicht beißen konnte, krallte ich ihm die Fingernägel in den Schenkel. Doch er packte mein Handgelenk, verdrehte es und entlockte mir eine der unflätigen Beschimpfungen, die ich im Tal gelernt hatte. Du kommst mir nicht ungeschoren davon, du Mistkerl... Wie konnte er mich so behandeln? Ich schäumte vor Wut und ging innerlich sämtliche schändlichen Beleidigungen durch, die ich ihm ins Gesicht schleudern würde, sobald meine Füße endlich festen Boden berührten.
Nach einer Zeit, die mir wie eine Ewigkeit vorkam, erreichten wir eine kleine verlassene Hütte auf einer einsamen Lichtung. Liam hielt sein Pferd an. Ich purzelte auf den Boden, wo ich auf dem Hinterteil landete. Liam bedeutete den anderen, sich zu entfernen, und stieg dann selbst ab.
Heftig fluchend tastete ich meine Seiten ab, denn ich war überzeugt, mir eine oder zwei Rippen gebrochen zu haben. Nachdem ich jedoch festgestellt hatte, dass ich nur Prellungen erlitten hatte, richtete ich mich auf und schleuderte Liam endlich meine ganze aufgestaute Wut ins Gesicht.
»Was in aller Welt ist in dich gefahren, dass du mich auf diese Weise behandelst?«, schimpfte ich tief gekränkt. »Für wen hältst
du dich, dass du es dir erlaubst, mich vor deinen Männern so zu demütigen? Du hattest kein Recht dazu!«
Mühsam beherrscht befestigte Liam sein Schwertgehenk an seinem Sattelknauf und drehte sich zu mir um. Er kreuzte die Arme vor der Brust, heftete den immer noch kalten Blick auf mich und ließ die Flut von Gehässigkeiten, mit denen ich ihn überschüttete, gelassen an sich abprallen.
»Du kannst dir nicht vorstellen, was für einen Tag ich hinter mir habe... Also, wirklich! Sieh doch, in welchem Zustand ich mich befinde! Glaub mir, ich habe bloß einen kleinen Vergnügungsritt unternommen!«
»Du schienst mir allerdings in recht guter Gesellschaft zu sein.« Liams Ton war schneidend. Sein aufgesetzter Gleichmut bekam Risse.
»Dann muss ich dich darauf aufmerksam machen, dass die Dragoner mich vor dem sicheren Tod gerettet haben. Ich bin von drei Banditen überfallen worden, sie kamen dazu und...«
»Und du hast beschlossen, mit dem Captain auszureiten, um ihm zu danken? Oder hast du ihm für seine freundliche Hilfe vielleicht einige spezielle Informationen gegeben, da du dich nun von jeder Anklage befreit weißt?«
Seine Worte machten mich sprachlos. Wäre er nicht so groß gewesen, hätte ich ihm gern den Hals umgedreht. Einige Augenblicke lang starrte ich ihn mit offenem Mund an. Er war jetzt bleich vor Wut, und sein düsterer Blick durchbohrte mich wie ein Schwert. Ich hätte nicht übel Lust gehabt, die Waffe zu nehmen, die an seinem Sattel hing, und ihn den Stahl schmecken zu lassen.
»Du gemeiner Hund!«, schrie ich, vor Zorn kochend. »Du hast nicht das Recht,
Weitere Kostenlose Bücher