Schwert und Laute
immer ihr Zeichen in seinem Fleisch hinterlassen hatte.
»So etwas hatte ich noch nie erlebt«, wiederholte er und schüttelte langsam den Kopf, als wolle er die schrecklichen Bilder verscheuchen. »Der Tod hatte sein Werk vollbracht. Der Sonnenuntergang zog seinen Vorhang über den entsetzlichen Akt. Ich vermochte das Ausmaß des Gemetzels kaum noch zu erkennen, doch ich konnte es ahnen, spüren. Ich stolperte über abgetrennte Gliedmaßen, ich trat auf entzweigehackte Körper und fiel in diesen Brei aus Blut und Eingeweiden, aus abgeschlagenen Köpfen, deren Gesichter immer noch die Maske der Angst trugen und die uns ansahen, verblüfft über die unerhörte Gewalttätigkeit ihres Todes. Und dieser Gestank, der in der Luft lag... Das werde ich nie vergessen, a ghràidh ...«
Er wandte sich zu mir und schloss mich zärtlich in seine Arme, diese Arme, die das Schwert geführt und so viele Männer niedergemäht hatten, und setzte mich sanft auf seine Schenkel. Seine verdüsterten Augen schimmerten in den letzten, orangefarbenen Strahlen der untergehenden Sonne. Sein schmerzlicher Blick verschränkte sich mit meinem, und dann umfasste er fest meine Hände und führte sie an die Lippen.
»Das ist der Krieg«, schloss er ernst. »Ein Massaker, eine Schlächterei, in der man den Grund vergisst, aus dem man daran teilnimmt. Wo das einzige Wort, das einem in den Sinn kommt, überleben heißt.«
»Jetzt verstehe ich, warum Matthew sich immer geweigert hat, uns davon zu erzählen. Er hatte in der Schlacht einen Arm verloren und hat sich seitdem in Schweigen gehüllt.«
»Ich selbst habe vor heute auch zu niemandem darüber gesprochen. Colin hat mich mit Fragen bestürmt, auf die ich nur ausweichend antwortete. Gerade genug, um seine Neugier zu befriedigen, aber nicht genug, um ihn abzuschrecken. Vater hatte sich geweigert, ihn gehen zu lassen. Er hatte sich bei einer Rauferei verletzt und erholte sich nur langsam. Er war gerade erst achtzehn geworden, und außerdem brauchte Glencoe auch Männer, die während unserer Abwesenheit auf das Vieh Acht gaben. Die Campbells, die nicht an der Schlacht teilnahmen, waren eine Bedrohung für unsere Herden. Wir hatten das Tal im Juni verlassen, nachdem das flammende Kreuz 12 durch die Hügel getragen worden war und uns aufgerufen hatte, unter Dundees Befehl für König James zu den Waffen zu greifen. Und wir kehrten erst ins Tal zurück, als die Blätter der Bäume die Hügel mit Rot- und Orangetönen überzogen, im Oktober. Das war der erste jakobitische Aufstand, aber es wird gewiss nicht der letzte sein, dafür würde ich meine Hand ins Feuer legen. Dundee wurde dummerweise im Augenblick unseres Sieges auf der Heide von Killiecrankie von einer Kugel getötet. Ich bin mir ziemlich sicher, dass James’ Chancen, seinen Thron wieder zu besteigen, mit ihm gestorben sind. Oberst Alexander Cannon hatte seine Stelle eingenommen, als wir Dunkeld angriffen, wo sich die Cameronians 13 aus der Grafschaft Angus verbarrikadiert hatten. Wir waren von jenem Überschwang erfüllt, der zum Sieg führt, und entschlossen, den Sassanachs den Garaus zu machen. Aber eine Stadt ist kein Schlachtfeld. Nach drei Stunden erbitterter Kämpfe haben
diese religiösen Fanatiker, die nur für Gott kämpfen, ihre eigenen Häuser angesteckt, um die Soldaten aus den Highlands im Inneren einzuschließen. Wir mussten uns zurückziehen. Zu viele Tote auf den Straßen, zu große Verluste für unsere Clans.«
»Hat die Regierung nach dem Aufstand Strafmaßnahmen durchgeführt?«
»Sie hatte Breadalbane beauftragt, wieder Frieden in den Highlands zu schaffen, aber, wie ich dir bereits erzählt habe, hat diese Schlange versucht, uns in Achallader zu kaufen, indem er behauptete, er arbeite für die Interessen der Stuarts.«
Er verzog das Gesicht.
»Wer hätte aber auch glauben können, dass ein Campbell das Wohl anderer über sein eigenes stellen könnte? Die Geschichte ist fehlgeschlagen. William war zu sehr damit beschäftigt, in Irland Krieg zu führen, um sich um das, was in Schottland vorging, zu kümmern. Im darauf folgenden Frühling hatte Thomas Buchanan, Generalmajor der royalistischen Armee der Stuarts, mit der Hilfe von Oberst Cannon erneut die Clanchiefs zusammengerufen, um eine neue Erhebung vorzubereiten. Alasdair Og, MacIains Sohn, hatte zusammen mit einigen Männern aus Glencoe damit zu tun. Unglücklicherweise gelang es General Mackay, der immer noch verbittert über seine vernichtende Niederlage in
Weitere Kostenlose Bücher