Schwesternkuss - Roman
aufgehen zu lassen. Welchen Schaden sie dabei anrichten würde, war ihr egal gewesen.
Officer Villarreal holte tief Luft. »Nun, Mrs Rosato, wollen Sie uns nicht erzählen, was wirklich passiert ist?«
57
Mit einem Lächeln auf den Lippen schritt Alice mit Mary und Grady im Schlepptau zum Empfang. »Gute Nachrichten«, sagte sie zu Steve. »Wir kommen gerade vom Gericht. Mary hat eine Einstweilige Verfügung gegen diese Connelly durchgesetzt. Sie darf sich dem Gebäude, den Mandanten und unseren Mietern nur bis auf hundert Meter nähern.«
»Gut. Wenn sie auftaucht, verständigen wir die Polizei und dann Sie.«
»Außerdem haben wir von der Sicherheitsfirma Rothman Verstärkung für euch geordert.« Sie fälschte Bennies Unterschrift und schrieb Grady als ihren Gast in das Besucherbuch ein. »Sie müssten jeden Augenblick hier sein.«
»Das sind ebenfalls pensionierte Polizisten. Sie waren früher beim fünften Revier. Ich kenne sie.«
»Ich muss mich jetzt um meinen Laden kümmern. Um zwei kommt Rexco, ein neuer Mandant. Und gelassen bleiben, noch ist nichts passiert.« Alice reichte Mary das Besucherbuch. »Heldin des Tages, trag dich ein und gib Steve eine Kopie des Gerichtsbeschlusses.«
»Das mache ich.«
»Danke.« Steve begann die Verfügung zu studieren, und Alice klopfte kurz auf den Tisch, wie es Bennie auch immer tat.
»Auf geht’s«, sagte sie und schulterte Bennies Kuriertasche, die voller Geld war. Grady wirkte angespannt, aber seine Gedanken konnte sie nicht lesen. Er ihre hoffentlich auch nicht, denn ihr Problem war, Gradys Unfalltod in einem Gebäude zu inszenieren, in dem es vor Sicherheitskräften wimmelte.
Wie locke ich ihn aufs Dach?
Der Aufzug kam, und alle drei stiegen ein.
Für Alice war Marshall Trow, die Empfangsdame der Kanzlei, keine Unbekannte. Mit ihrem langen Zopf und ihrem mexikanischen Bauernkleid wirkte sie wie eine Erscheinung aus den Sechzigern. Als sie Grady sah, strahlte sie ihn an.
»Grady! Toll, dich wiederzusehen!«
»Ebenfalls!« Grady gab ihr einen Begrüßungskuss. »Wie ist es dir ergangen? Was macht dein Kind? Hat wahrscheinlich schon den Führerschein.«
Ein Raunen war zu hören, und Judy Carrier bewegte sich in einem orangeroten T-Shirt, ausgebeulten blauen Caprihosen, pinkfarbenen Cloggs und knallrot gefärbten Haaren auf die drei zu. Alice wusste nicht, was sie von der Kleinen zu halten hatte. Entweder war sie farbenblind oder verrückt.
»Grady!« Judy stieß einen Schrei der Begeisterung aus.
»Klasse Haare!« Grady ließ es sich nicht nehmen, ihre roten Locken zu zerzausen. »Arbeitest du jetzt bei der Feuerwehr?«
»Sieht man das?« Judy wirbelte in ihren Cloggs um ihn herum. Alice beschloss, die Kleine gleichfalls mit aufs Dach zu nehmen.
»Ihr alle wisst, dass Alice wieder ihr Unwesen treibt. Aber sie wird mein Leben nicht mehr durcheinanderbringen. Wir haben eine Einstweilige Verfügung gegen sie. Falls sie also auftaucht, ruft sofort die Polizei.« Auf dem Empfangstisch entdeckte Alice einen Umschlag von der USA Bank. Persönlich und vertraulich stand darauf. Darin waren sicherlich die Unterschriftskarten für die Eröffnung des Bankkontos auf den Bahamas. »Marshall, gibt es Post für mich?«
»Oh, ja. Verzeihung.« Marshall gab ihr den Umschlag und einen Berg Memos. »Außerdem sollst du so bald wie möglich Marla anrufen.«
»Mache ich.« Und zu Grady gewandt: »Ich habe ein freies Büro. Anne Murphy ist im Urlaub. Da kannst du deine Mails checken und arbeiten, wenn dir danach ist.«
»Sehr lieb. Aber hast du nicht etwas vergessen?« Grady deutete auf Mary.
»Natürlich. Bitte Ruhe! Das geht alle an. Ab heute führt unsere Kanzlei den Namen Rosato & DiNunzio. Denn Mary ist ab heute meine Teilhaberin.«
»Geil!« Judy, Mary und Marshall führten einen Freudentanz auf, den Grady gönnerhaft beobachtete.
Vielleicht sollte Alice auf dem Hausdach eine Party abhalten und alle hinunterwerfen.
Aber zuvor müsste sie die USA Bank anrufen.
58
»Ich kann es noch immer nicht glauben«, sagte Mary zu Judy, als die beiden in ihrem Büro allein waren.
»Ich auch nicht. Wann ist es passiert? Ich will alles wissen.«
»Und es kommt noch besser. Ich bin bald Hausbesitzerin. Falls sie mein Angebot annehmen.«
»Wie bitte?«
»Ist es nicht toll? Das Haus liegt mitten in der Stadt. Ich habe ein Angebot abgegeben. Einfach so.«
»Unglaublich. Ein Haus. Ich bin froh, dass du dich mit Anthony ausgesprochen hast.«
Mary fiel sofort der Kiefer
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