Schwesternkuss - Roman
sich über die Auskunft die Nummer einer lokalen Fernsehstation. Sicher war es riskant, die Medien einzuschalten, aber sie wollte Bennie zuvorkommen, falls die sich in ihrer Verzweiflung an sie wenden würde. Alice musste immer einen Schritt schneller als ihre Schwester sein.
»Könnte ich mit Emily Barry sprechen? Sagen Sie ihr, dass Bennie Rosato am Apparat ist.«
»Einen Augenblick.«
Alice musste nicht lange warten.
»Bennie! Schön, von dir zu hören«, sagte Emily. »Seit dem Connelly-Prozess haben wir nicht mehr telefoniert.«
»Danke, dass du mein Gespräch angenommen hast. Deine Berichterstattung über den Prozess ist großartig gewesen. Seitdem zählst du für mich zu den Top-Reportern.« Alice machte eine kleine Pause, damit ihr Lob gebührend nachklingen konnte. »Ich habe Informationen für dich, aber die sind streng vertraulich. Du darfst mich auch nicht als Quelle erwähnen.«
»Du hast mein Wort.«
»Ich befürchte, dass die Connelly wieder im Land ist.«
»Nein!« Emily schien sich zu freuen. »Vögelt sie wieder mit korrupten Bullen, oder geht sie anderweitig auf den Strich?«
Wohl eifersüchtig? »Nein. Sie gibt sich für mich aus. Es gab einen Vorfall am Wochenende. Keiner weiß, wie weit sie gehen wird.«
»Ich brauche eine zweite Quelle, die deine Behauptung untermauert.«
»Wir haben bei der Polizei Anzeige erstattet. Außerdem gibt es eine Einstweilige Verfügung gegen sie.«
»Perfekt. Das sind offizielle Dokumente.« Emily machte sich Notizen, ihre Finger flogen über die Tasten. »Aber wieso bekomme ich die Ehre? Sonst bist du verschwiegen wie ein Grab. Was musste ich alles anstellen, um dich zum Reden zu bringen.«
»Ehrlich gesagt, ich habe Angst vor meiner Schwester.« Alice spielte die Rolle des bedauernswerten Opfers perfekt. »Ich mache schon alles, um mich vor ihr zu schützen. Aber das reicht nicht. Wenn du eine Geschichte über sie machst, werden alle die Augen nach ihr offen halten. Und ich fühle mich sicherer. Außerdem ist sie leicht auszumachen. Sie sieht genau wie ich aus.«
»Verstanden. Sehr klug von dir.«
»Danke. Bis bald.« Alice legte hastig auf, denn der Türknauf drehte sich. Jemand betrat das Büro.
Eine Frau stand im Türrahmen, und Alice hatte keine Ahnung, ob sie eine Anwältin, eine Mandantin oder eine alte Freundin war. Deshalb setzte sie ihr falsches Bennie-Lächeln auf.
»Hallo!«, sagte sie. »Was für eine schöne Überraschung.«
»Tatsächlich?«, fragte die Frau und verzog die Augenbrauen.
61
Mary raste wie ein geölter Blitz in Richtung Bennies Büro. Ihre Eltern waren mit Fiorella überraschend bei ihr im Büro aufgetaucht. Diese Auftritte der Flying DiNunzios im Anwaltszirkus bei Rosato & Partner nahmen nie ein gutes Ende. Deshalb war zu empfehlen, dass beide Welten, friedlich voneinander getrennt, sich selbst genügten.
Fiorella hatte sich abgeseilt und betrat gerade Bennies Büro, als Mary sie am Arm zu fassen bekam. »Stopp, draußen bleiben!«
»Mary?«, fragte Alice unsicher, während Grady, aus Annes Büro kommend, die Runde vervollständigte.
»Was ist los?«
»Nicht der Rede wert.« Mary ließ Fiorella nicht mehr los. »Fiorella, das sind meine Arbeitskollegin Bennie Rosato und ihr Freund Grady Wells.«
»Angenehm, Sie kennenzulernen, Fiorella.« Grady streckte ihr die Hand entgegen, doch die hatte sich auf die falsche Bennie eingeschossen. Sie wich mit keinem Blick von ihr.
»Bennie – soll das ein Name sein?«
Alice zuckte mit den Achseln. »Eigentlich heiße ich Benedetta. Aber man ruft mich Bennie.«
»Und warum? Wem fällt solch ein Unsinn ein?«
Auch Alices Angebot zum Händeschütteln ließ Fiorella unbeantwortet. Deshalb wandte sich Alice Mary zu: »Ich wusste nicht, dass du Besuch hast.«
»Meine Eltern sind hereingeschneit, um meinen Aufstieg zu feiern.«
Fiorella starrte Alice mit stechendem Blick an. Ihre Stirn lag in tiefen Falten, den Mund kniff sie zusammen.
Da betrat Judy die Szene. »Hallo, Mary! Bennie! Jetzt hast auch du Fiorella kennengelernt.«
»Benedetta!« Marys Mutter stürmte mit offenen Armen auf Alice zu und umarmte sie. »Benedetta, mille grazie . Ich bin so froh, dass Mary jetzt hier der Boss ist.«
»Gern geschehen.«
» BENNIE! GLÜCKWUNSCH! MEINE TOCHTER IST IHR PARTNER !«
»Es ist mir ein Vergnügen«, sagte Alice, bevor Marys Vater sie beinahe vor Begeisterung totgedrückt hätte.
Grady lachte. »Sie können auf Ihre Tochter sehr stolz sein.«
» DAS SIND WIR. SEIT DEM
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