Schwesternkuss - Roman
Fluch aus.
67
Mary kam gerade mit ihren Eltern, Fiorella und Judy vom Mittagessen zurück, als eine große Menschenmenge sich ihnen in den Weg stellte. Eine Frau, die sehr viel Haut zeigte und wie eine Wahnsinnige um sich schlug, erregte das Interesse des Menschenknäuels. Wachmänner umzingelten das Schauobjekt, dessen nackte Haut obendrein mit vielen Blutergüssen übersät war. Erst beim zweiten Hinsehen glaubte Mary die vermeintliche Pennerin erkannt zu haben.
»Judy, das ist Alice!«
»Was ist denn mit der passiert?«
»Schnell weg! Meinen Eltern möchte ich dieses Schauspiel ersparen.«
Ein paar Schritte von ihnen entfernt versuchte die richtige Bennie lautstark sich Gehör zu verschaffen. »Ich bin Bennie Rosato! Dieses Haus gehört mir! Lassen Sie mich sofort hinein!«
»Ms Connelly«, fuhr sie ein kräftiger Wachmann an, »diese Einstweilige Verfügung verbietet Ihnen, sich dem Gebäude mehr als hundert Meter zu nähern.« Er drückte ihr das Papier in die Hand, aber sie warf es ihm ins Gesicht, was ihn nicht hinderte, weiterzureden. »Die Polizei ist bereits über Ihren unrechtmäßigen Versuch, das Gebäude zu betreten, informiert. Sie muss in Kürze hier sein.«
»Sie wird damit nicht durchkommen! Nicht, solange ich atme!«
Die tosende Menge gaffte und lachte, Fernsehkameras hielten alles fest. Aus der Ferne waren Polizeisirenen zu hören. Marys Mutter war zu klein, um das Geschehen richtig zu verfolgen, nicht aber ihr Mann.
» MARY, IST DAS NICHT BENNIE? WAS MACHT SIE HIER ?«
»Nein, Pa. Jetzt komm.« Mary zerrte an seinem Arm.
» BENNIE! HIERHER! BRAUCHEN SIE HILFE ?«
»Nein, Pa. Das ist nicht Bennie. Das ist ihre Zwillingsschwester«, rief Mary. Zu spät.
»Mary DiNunzio?« Bennie wehrte sich mit Tritten und Bissen so heftig gegen die Wachmänner, dass sie wieder ein paar Meter gewonnen hatte. »Mary, ich bin’s, Bennie! In der Kanzlei oben, das ist Alice! Sie wollte mich umbringen!«
»Halten Sie sich von meiner Familie fern!« Mary hielt den Arm hoch, während Judy Ma, Pa und Fiorella in Sicherheit brachte.
»Mary, ich habe dich vom Krankenhaus angerufen. Erinnerst du dich? Du solltest mit Bär Gassi gehen.«
»Sie sind krank!« Mary wurde wütend. »Wissen Sie, wie sehr Bennie diesen Hund geliebt hat? Und am Tag seines Todes sagen Sie mir, ich soll mit ihm Gassi gehen. Wie widerlich.«
»Bär ist tot ? Was?«
»Lassen Sie mich in Ruhe!«, rief Mary. Die Wachmänner zogen Bennie nach hinten.
»Ms Connelly, Sie müssen hundert Meter Distanz zu Bennie Rosato, Mary DiNunzio, Judy Carrier und Grady Wells halten.«
» Grady? Mary, wo ist Grady?«
Zwei Wachmänner fassten Mary am Ellbogen und geleiteten sie zum Bürogebäude. Ein anderer half Marys Eltern und Fiorella beim Einsteigen in ein Taxi, ein vierter lotste Judy bis in die Lobby. Die beiden Freundinnen holten gerade tief Luft, als ein Aufschrei durch die Menge ging. Bennie hatte die Gipsschiene in das Auge eines Wachmannes gerammt und rannte gerade weg.
»Sie flieht! Warum halten sie sie nicht auf?«
Steve, der Sicherheitsmann am Empfang, schüttelte den Kopf. »Das dürfen sie nicht. Das darf nur die Polizei. Aber die wird gleich da sein.«
»Sollten wir für den verletzten Wachmann nicht einen Arzt rufen?«
»Machen wir. Aber keine Angst, diese Jungs sind hart im Nehmen.«
Mary sah Judy an. »Sind meine Eltern heil und unversehrt mit dem Taxi weggekommen?«
»Ja. Aber das Ganze hat sie doch sehr aufgeregt. Ruf sie besser an.«
»Das werde ich.« Mary gelang es zu lächeln. »Ma und Pa waren das letzte Mal in der Stadt. Zuerst Sushi und dann das.«
Auch Judy lächelte. »Fahren wir nach oben und sehen nach, wie es Bennie geht.«
Im Aufzug rekapitulierten Mary und Judy noch einmal die Szene.
»Bin ich froh über die Einstweilige Verfügung. Die hat uns beiden den Arsch gerettet. Und den von Bennie auch.«
»Glaubst du?«
»Ich bin mir sicher. Du nicht?«
»Vielleicht.« Judys Gesichtsausdruck wurde plötzlich ernst. »Ich würde dir gern eine Frage stellen.«
»Und zwar?«
»Was wäre, wenn Bennie die Frau auf der Straße war? Und die oben im Büro ist Alice?«
»Wie bitte? Willst du mich auf den Arm nehmen?« Mary sah Judy an, als wäre sie verrückt geworden.
»Nein, das will ich nicht.« Judy wiederholte ihre Frage. »Was wäre, wenn …?«
»Das ist absurd. Du bist auf Alices Schauspielkunst hereingefallen.«
Judys Ton wurde ruhiger. »Und was hat Fiorella gesagt?«
»Fiorella ist noch verrückter
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