Schwesternkuss - Roman
getrieben?«
Bennie zuckte mit den Achseln. »Partys gefeiert.«
»Muss sich wohl um eine spezielle Art von ScratchPartys gehandelt haben. So zerkratzt, wie deine Beine sind.«
»Keine Fragen, bitte.«
»Und erst deine Hand. Hat dir jemand wehgetan?«
»Natürlich nicht.« Bennie sah zum Wagenfenster hinaus. Draußen zogen die Wolkenkratzer und die hohen Wohnhäuser von Society Hill vorbei. »Das Endergebnis war: Zu viel getrunken, prächtig amüsiert, aber Geldbeutel, Schlüssel und Handy irgendwo liegen gelassen.«
Caitlin schnaubte. »Wie willst du in deine Wohnung kommen? Mit dem Hausmeister?«
»Klar.«
»Und die Wagenschlüssel sind auch weg?«
»Ja. Irgendwo müssen aber Ersatzschlüssel herumliegen.«
»In deiner Kommode. Du hast sie mir mal geliehen.«
»Stimmt.« Bennie hielt sich an der Handschlaufe fest, als das Taxi die Stadt verließ und Richtung Norden losbretterte.
»Wo steht dein Wagen?«
»Eine Belohnung für den, der es weiß.«
Caitlin verdrehte die Augen.
»Bekomme ich jetzt Hausarrest, Mom?«
Caitlin sah sie bewundernd an. »Egal. Das Geschäft lief so gut, dass wir am Sonntag ausverkauft waren. Wenn die Schule losgeht, brauchen viele Mütter etwas zum Trost. Schau.« Caitlin holte aus ihrer Handtasche ein Bündel Geldscheine, das von einem rosafarbenen Haargummi zusammengehalten wurde. »Das sind dreitausend Dollar. Unsere Anteile sind schon weg, und du musst mir glauben, dass wir dich nicht betrogen haben. Das beste Wochenende seit langer Zeit.«
Bennie steckte das Geld in eine billige braune Handtasche, die ihr Tiffany geliehen hatte.
»Du brauchst einen neuen Lieferanten. Das Geschäft läuft bestens, und es wird noch besser laufen, wenn es erst mal auf Weihnachten zugeht. Steht ein Besuch der Schwiegereltern ins Haus, hältst du’s ohne Xanax nicht mehr aus.« Caitlin freute sich über ihren tollen Reim. »Lexapro war Samstagmittag schon aus. Und den Preis für Norco sollten wir raufsetzen. Diese Weiber haben genug Geld. Ich schlage 45 Dollar für die Hundert-Milligramm-Packung vor.«
»Ich überleg’s mir.«
Caitlin holte ihr Handy aus der Handtasche und rief Kendra an. »Ich habe Alice gefunden. Sie ist okay. Wir treffen uns in zehn Minuten in ihrer Wohnung. Hol den Schlüssel beim Hausmeister. Bis gleich.« Dann fragte sie die falsche Alice: »Wie bist du mit Tiffany verblieben?«
»Was geht’s dich an?«
»Du stellst sie doch nicht ein?«
»Keine Angst.« Sie fuhren an riesigen Lagerhäusern vorbei, die mit Werbung zugepflastert waren. Dann kamen sie in eine Gegend mit gepflegten Wohnhäusern, das Taxi hielt vor einem neuen Gebäude mit wenigen Stockwerken an. Caitlin gab dem Fahrer zwanzig Dollar, Bennie stieg aus. Eine junge attraktive Frau mit flottem Pferdeschwanz kam auf sie zu.
»Alice!« Es war Kendra, die durchaus als Fitness-Model durchgehen würde. Sie war groß und schlank, ihr schwarzes Stretch-Top wies sie als Personal Trainer aus. Sie trug weiße Radfahrer-Shorts und leicht federnde Turnschuhe. Sie hatte lebhafte auseinanderstehende braune Augen, eine kleine Nase und ein bezauberndes Lächeln. »Ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Was ist passiert?«
»Das erzähle ich dir ein andermal.«
»Wir haben am Wochenende alles verkauft. Aber es gibt Probleme mit Q.«
»Ich weiß.«
»Hast du eine neue Adresse für uns?«
»Ich denke schon.«
»He! Ich habe dich im Fernsehen gesehen. Ich hatte gerade mit einer Kundin im Studio ein Geschäft abgewickelt. Was hast du beim Büro deiner Schwester gemacht? Leider lief der Fernseher ohne Ton.«
Caitlin war überrascht. »Du warst bei deiner Schwester?«
»Ich wollte mir Geld leihen, aber sie war stur. Da habe ich ihr ein bisschen eingeheizt.«
»Das habe ich mir gedacht.« Kendra winkte mit dem Schlüssel. »Dein Hausmeister würde alles für mich tun. Welche Wohnung möchtest du als Nächste besichtigen?«
»Gehen wir.« Bennie hielt sich hinter Kendra und Caitlin. Es wäre ja auch zu peinlich, wenn die beiden bemerkten, dass sie nicht wusste, wo sie wohnte. Sie gingen am Aufzug vorbei und einen Flur entlang, der mit einem Plüschteppich ausgelegt war. Vor der Wohnung 1-I blieben sie stehen. Kendra öffnete die Tür.
Was sie zu sehen bekamen, raubte den drei Frauen den Atem.
75
Alice verstaute den gelben DHL -Umschlag in Bennies Kuriertasche. Laut DHL -Website war die nächste Annahmestelle in der Lobby des Mellon Centers, acht Blocks entfernt. Sie sah auf ihre Uhr, es war 15.30 Uhr. Letzter
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