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Schwesternkuss - Roman

Schwesternkuss - Roman

Titel: Schwesternkuss - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Roux lag jetzt direkt vor ihnen. Daneben eine verlassene Lagerhalle und ein vermüllter Parkplatz, auf dem ein paar Sattelschlepper ohne Fahrgestell standen. Es war ein dunkler einsamer Ort. Uralte Schilder mit der Aufschrift ZUTRITT VERBOTEN rosteten auf durchhängendem Stacheldraht vor sich hin.
    Alice war zufrieden. Eine Leiche hier irgendwo zu deponieren, die bis zum Morgengrauen unentdeckt blieb, war nicht schwierig.
    »Na, wie war ich?«, fragte Judy nach Beendigung ihres Vortrags.
    »Perfekt.« Alice lächelte. »Einfach perfekt.«
    82
    Mary bat Grady, es sich im Wohnzimmer ihrer Eltern gemütlich zu machen. Sie selbst eilte schnurstracks in die Küche, die ein ungewohntes Bild abgab. Kein Topf brodelte auf dem Herd, kein Kaffee lief durch die Kaffeemaschine, kein Essen stand auf dem Tisch, selbst Tony Bennett hatte zu singen aufgehört. Niemand war da außer Marys Mutter, die sich in ihrem Sessel vergraben hatte wie ein Häufchen Elend.
    »Maria«, sagte sie mit zitternder Stimme. Mary setzte sich neben sie und drückte sie fest.
    »Es wird alles wieder gut.«
    »Nein. Nein.« Hinter ihrer dicken Brille konnte man ihre verweinten Augen sehen, die Wimperntusche war verlaufen. »Seit Fiorella da ist, macht sie alles kaputt.«
    »Das kann nicht sein, Ma. Du und Pa liebt euch doch.«
    » No, Maria . Er liebt mich nicht mehr.« Sie bebte vor Erregung, ihre Nasenspitze war rot angelaufen. »Er ist ein Betrüger. «
    »Wie kann das sein? Ma, erzähl.«
    »Pa hat sie geküsst, in einem ristorante .« Tränen liefen ihr über die Wange.
    »Ma, das ist unmöglich.«
    » No, è vero.«
    »Von wem weißt du das?«
    »Von Johnny. Er arbeitet in einem Museum. Er ist der Enkel vom Fernsehhändler.« Ma knüllte ein Papiertaschentuch zusammen. »Johnny hat es seinem Opa gesagt, der hat Camarr Millie, die hat Camarr Franny, und die hat dann mich angerufen.«
    Wie demütigend für ihre Mutter. »In welchem Museum, welchem Restaurant war das?«
    » Non lo so. Keine Ahnung. Er ging mit Fiorella in die Stadt. Sie wollte in ein Kunstmuseum. Er macht alles, was sie will.«
    »Er hat sie geküsst ?« Mary konnte es nicht glauben. »Das ist nur ein Gerücht. Dummer Tratsch. Pa würde nie eine andere Frau küssen. Niemals.«
    »Doch, doch.« Ma zerknüllte das Papiertaschentuch in ihren Händen. Mary nahm sie noch fester in den Arm.
    »Ma, ich bin mir sicher, dass es eine einfache Erklärung gibt. Pa liebt dich. Ihr seid ein glückliches Ehepaar. Alle Welt beneidet euch.«
    »Nicht mehr, nicht mehr. Seit meiner …« Ihre Stimme versagte, aber Mary wusste, was sie sagen wollte. Sie meinte die Operation, bei der ihr die Gebärmutter entfernt worden war.
    »Wo steckt er?«
    » Non lo so . Er wollte zum Abendessen wieder hier sein. Aber er ist nicht da, und er ruft auch nicht an.«
    Da ging die Eingangstür. Mary konnte hören, wie ihr Vater und Grady miteinander sprachen.
    Sie und Ma blickten gebannt zur Wohnzimmertür.
    83
    Bennie hatte den roten Toyota hinter einem weißen LKW geparkt. Vom Restaurant aus war er nicht zu sehen. Sie aber sah das Taxi, dem sie vom Büro aus gefolgt war. Der Türsteher des Roux wartete mit einem Golfschirm auf die neuen Gäste. Alice und Judy würden ohne Zweifel hier zu Abend essen. Danach, wenn Alice allein war, würde sie zuschlagen.
    Sie schaltete den Motor aus, die Scheibenwischer bewegten sich nicht mehr. Der Regen floss jetzt in Rinnsalen die Windschutzscheibe hinunter. Wenn sie sich nach links beugte, hatte sie den Eingang des Roux genau im Blickfeld. Die blaue Markise des Restaurants flatterte im Wind.
    Sie hatte nie hier gegessen. Die Gegend war ihr zu mies. Ein Stripklub über der Straße warb mit Spezialpartys für Junggesellen und Geschiedene. Eingerissene Drahtzäune umsäumten nicht mehr genutzte Grundstücke. Auf den städtischen Landungsbrücken wuchs Unkraut.
    Das Abendessen der beiden würde sicher nicht sehr lange dauern, aber bis dahin würde es dunkel sein. Eine Wetteränderung war nicht in Sicht, mit unliebsamen Passanten war also zum Glück nicht zu rechnen. Zwischen dem Toyota und dem Restaurant lag eine Lagerhalle mit Ladedock. Auch sie schien verlassen zu sein. Es gab keine Straßenbeleuchtung.
    Sie hörte dem Trommeln des Regens zu. Wie ruhig und gelassen sie war. Das lag sicher an dem Sedativum. Sie würde ihre Schwester umbringen. Aber dieser Mord bereitete ihr keinerlei Kopfzerbrechen, geschweige denn Gewissensbisse. Gut, sie würde damit ihr Leben ruinieren, aber das war

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