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Schwesternkuss - Roman

Schwesternkuss - Roman

Titel: Schwesternkuss - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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ihr jetzt egal. In ihr bisheriges Leben führte kein Weg zurück. Es ging ihr wie der Schlange, die in ihre abgelegte Haut nicht mehr schlüpfen, oder wie der Zikade, die nicht mehr in ihr Larvenstadium zurückkehren konnte.
    Sie war nicht mehr Bennie Rosato.
    Sie legte die Pistole in den Schoß und wartete.
    84
    Alice stieg aus dem Taxi, setzte ihre Füße auf den glitschig gewordenen Asphalt und suchte Schutz unter dem Regenschirm des Türstehers. Der Regen donnerte aber so stark auf die Bespannung, dass man auch darunter einige Spritzer abbekam. »Mist, ich habe mein Handy im Büro liegen lassen. Ich muss Grady anrufen.«
    »Ich leihe dir meins«, sagte Judy. »Hier.«
    »Danke.« Alice wählte die Kanzleinummer, während der Türsteher sie zum Eingang führte. Dann ließ sie das Handy in den Rinnstein fallen, in dem sich das dreckige Regenwasser sammelte. »O nein!«
    »Mein iPhone!« Judy bückte sich und fischte ihr Handy aus der Rinne, aber das triefte und tropfte. Es schien seinen Geist aufgegeben zu haben. Das Display blieb dunkel.
    »Ich kaufe dir ein neues.« Alice ließ sich ins Lokal geleiten, während Judy draußen weiter vergeblich mit ihrem Handy kämpfte. Das Restaurant hatte etwas Französisches, die Wände waren golden tapeziert, überall brannten Kerzen. Das Lokal war halb leer, was entweder am Wetter oder an den Ferien lag. Alice ging zum Oberkellner.
    »Es ist tot«, sagte Judy traurig, als sie hereinkam.
    Keine gute Wortwahl.
    Ihnen wurde ein Tisch nicht weit entfernt vom Eingang zugewiesen – und eine halbe Stunde später reckte Alice noch immer den Hals, angeblich nach dem Mandanten aus Dublin Ausschau haltend. Dann entspannte sie sich und schüttelte den Kopf. »Sie sind noch nicht da. Das Wetter hält sie ab.«
    »Durchaus möglich.« Judy sah auf ihre Uhr. »Sie sind seit einer halben Stunde überfällig.«
    »Das ist ärgerlich. Die ganze lange Fahrt umsonst. Mach eine Notiz. Das stellen wir ihnen in Rechnung.«
    »Bist du dir sicher, dass es heute Abend war?«
    »Zu hundert Prozent. Sie haben heute früh angerufen.«
    »Blöd, dass wir kein Handy haben.«
    »Wir haben heute kein Glück.« Alice griff nach der Speisekarte. »Ich habe Hunger. Du auch?«
    »Schon. Aber sollten wir sie nicht anrufen? Sicher gibt es hier einen Münzfernsprecher, oder wir können das Telefon des Restaurants benutzen.«
    »Ich habe ihre Nummer nicht. Ich mache so etwas auch ungern. Es wäre wie ein Vorwurf.«
    »Und wenn wir in der Kanzlei anrufen? Vielleicht haben sie sich gemeldet.«
    »Da ist niemand mehr. Auch Marshall ist weg. Bestimmt sind sie schlau genug, hier im Restaurant anzurufen.« Alice klappte die Speisekarte auf. »Vertreiben wir uns mit einer schönen Vorspeise die Wartezeit.«
    Alice bestellte sich Lobster Bisque, Judy einen Rote-Bete-Salat mit Ziegenkäse. Sie sprachen über Belanglosigkeiten. Falls Judy noch einen Verdacht hegte, hatte der Wein ihn vorläufig weggespült. Nach der Vorspeise verlangte Alice nach der Rechnung. »Die kommen nicht mehr«, sagte sie verschnupft. »Lassen wir das Dinner sausen. Zu Hause wartet genügend Arbeit auf mich.«
    »Sollen wir nicht noch warten?«
    »Nein. Da ist etwas dazwischengekommen.«
    »Willst du den Kellner nicht fragen, ob sie angerufen haben?«
    »Kann ich. Aber der hätte uns Bescheid gesagt.« Alice zog ihre Brieftasche heraus. »Grady wird es freuen. Ich bin früher zu Hause als gedacht.«
    »Gut.« Judy stand auf. »Ich gehe noch auf die Toilette.«
    »Ich auch.« Alice dachte nicht daran, Judy aus den Augen zu lassen.
    Schließlich hatte sie nur noch fünfzehn Minuten zu leben.
    85
    Ein Blick in das Gesicht ihres Vaters, und Mary wusste, dass das Gerücht stimmte. Er sah seine Frau sorgenvoll an. »Veet?«, sagte er kleinlaut.
    Ihre Mutter starrte auf den Knäuel Papiertaschentücher in ihrer Hand und sagte nichts. Ihr Schweigen war beredter als alle Worte. Es erinnerte Mary an ein italienisches Sprichwort: Dolori sono muti. Wahrer Schmerz ist leise.
    »Pa, was hast du dir dabei gedacht?«, fragte Mary.
    Er wandte den Blick nicht von seiner Frau. »Veet, was du gehört hast, es bedeutet nichts.«
    Ma blieb still sitzen und sah nicht auf. Mary, die gelernte Anwältin, wollte mit ihrem Verhör beginnen.
    »Pa, was hast du getan? Hast du Fiorella geküsst?«
    Pa bat seine Tochter, ruhig zu sein, und ging einen Schritt auf seine Frau zu. »Veet, ich habe sie nicht geküsst. Wir haben gegessen und geredet, und plötzlich hat sie sich zu mir

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