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Schwesternkuss - Roman

Schwesternkuss - Roman

Titel: Schwesternkuss - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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und beide lachten.
    »Wollen Sie, Bennie?« Knox reichte ihr ein Glas.
    »Nach Ihnen. Und schließen Sie den Vorhang.« Was ihr dabei durch den Kopf ging, verriet ihr Lächeln.
    106
    Mary lag in ihrem Mädchenbett, umgeben von verblichenen Stofftieren und Schulbüchern aus ihrer Highschool-Zeit. Sie konnte sie in der Dunkelheit nicht richtig sehen, aber riechen. Und diesen Geruch kannte sie auswendig. Sie liebte ihr Kinderzimmer und schlief immer wie ein Baby, wenn sie darin übernachtete – heute allerdings nicht.
    Sie hatte die Decke bis übers Kinn gezogen. Die Bilder der Nacht, sie konnte sie einfach nicht abschütteln. Da waren Judys entsetzte Augen, der Schuss, der durch die Regennacht peitschte. Das Warten im Krankenhaus und die neue Eiszeit zwischen ihren Eltern.
    Sie war erschöpft, konnte aber keine Ruhe finden. Ihr Vater schlief auf dem Sofa. Als er einmal lebende Krabben mit nach Hause gebracht hatte, war er von Ma auch aus dem Schlafzimmer verbannt worden. Sie hatte ihm aber verziehen und die Krabben in den Topf ins kochende Wasser befördert, wo sie nach Gottes Willen auch hingehörten.
    Sie checkte zum x-ten Mal ihr Handy. Keine Nachricht von Anthony, aber eine von der Maklerin.
    Glückwunsch! Der Verkäufer hat Ihr Gebot akzeptiert. Alles im grünen Bereich. Ich melde mich morgen.
    Sie starrte auf das Display, bis es sich verdunkelte. Sie war frischgebackene Hausbesitzerin, aber Anthony war nicht mehr ihr Freund. Sie dachte darüber nach, was aus einem Haus ein Zuhause machte. Es waren nicht die exquisite Lage oder die perfekte Einrichtung. Es waren die Menschen, die darin lebten.
    Da, wo mein Herz ist, bin ich zu Hause. Wenn diese Redewendung stimmte, dann fühlte sich das Haus ihrer Eltern heute Nacht nicht wie ein Zuhause an. Und ihr Haus würde nur mit Anthony zusammen ein Zuhause werden. Denn ihr Herz schlug nur für ihn.
    Das wusste sie jetzt und betete, dass es noch nicht zu spät war. Sie rief ihn an, denn sie liebte ihn. Und er sie doch auch?
    Aber Anthony hob nicht ab. Vielleicht hatte sie sich verwählt? Nein. Sie schickte ihm eine SMS : Bitte ruf mich an.
    Plötzlich schreckte sie zusammen. Ihr Handy läutete, es war Anthony.
    »Du bist es!«
    »Ich wollte dich gerade anrufen.«
    »Tatsächlich?« Mary setzte sich im Bett auf. »Ich habe nachgedacht und …«
    »Darf ich zuerst? Seit dem Krankenhaus gehe ich damit schwanger.«
    »Okay.« Marys Herz pochte. »Leg los.«
    »Unser Problem – das habe ich herausgefunden – ist nicht das Geld. Du hast es geglaubt, ich habe es geglaubt.«
    Worauf wollte er hinaus?
    »Ich freue mich über deinen beruflichen Erfolg. Ich hoffe, du bekommst das Haus. Ich wünsche dir nur das Beste, denn ich liebe dich.«
    »Ich liebe dich auch.« Sie war gerührt.
    »Das weiß ich.« Anthony zögerte. »Aber da gibt es noch etwas anderes. Das habe ich begriffen, als wir noch nicht wussten, ob Judy überlebt. Ihren Tod, das wurde mir klar, würdest du niemals verschmerzen. Denn du hattest schon deinen Mann verloren.«
    Mary schluckte. Damit hatte sie nicht gerechnet.
    »Ja, ich weiß, du liebst mich. Aber ihn liebst du auch. Noch immer. So oft redest du von ihm, er ist für alle Zeiten bei dir. Du vergleichst mich mit ihm.« Anthony hielt inne. »Versteh mich nicht falsch. Ich verstehe deine Trauer, weiß, was Trauer ist.«
    Ja, das wusste Anthony. Sein Vater war vor fünf Jahren verstorben, den er über alles geliebt hatte.
    »Aber ich kann nicht gegen einen Geist antreten. Ich kann es nicht und will es nicht. Das ist nicht gut. Du hast gesagt, du kannst nicht gewinnen. Doch ich bin derjenige, der nicht gewinnen kann.«
    Mary war erschüttert. Seine Worte klangen wahr.
    »Mein Vorschlag: Wir trennen uns nicht. Ich könnte es nicht aushalten.«
    »Ich auch nicht.« Marys Herz sprang in die Höhe.
    »Aber wir ziehen nicht zusammen. Erst wenn du innerlich einen Schritt nach vorne gemacht hast. Einen richtigen Schritt.«
    Mary war erstaunt.
    »Du bist jetzt am Ball. Lass dir Zeit. Wir gehen es ruhig an. Wenn du seinen Tod etwas mehr verwunden hast, sag mir Bescheid. Was meinst du?«
    »Einverstanden.«
    »Wer im Grundbuch eingetragen ist, spielt keine Rolle. Das Geld spielt keine Rolle. Wir allein zählen.«
    Mary hörte ihm zu, vielleicht zum ersten Mal richtig.
    » Capisce, cara?«
    Mary lächelte. Sie liebte es, wenn er Italienisch sprach. Am Ende sprachen sie doch dieselbe Sprache. »Ich verstehe dich, du hast recht.«
    Anthony schwieg, dann sagte er zu ihr:

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