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Science Fiction Almanach 1981

Science Fiction Almanach 1981

Titel: Science Fiction Almanach 1981 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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mehr umbringen.
    Nach Einbruch der Dunkelheit machten sie sich auf den Weg. Sie gingen in der Kanalisation, bis sie zu einem Loch beim Empire kamen. Juan, der die Führung übernommen hatte, hob den Deckel hoch und sah sich vorsichtig um.
    „Los, Willie, wir schaffen es schon.“
    Sie waren beide darin geübt, mit den Schatten zu ve r schmelzen, und erreichten die Seite des Turms, beladen mit ihrem Material für den Drachen. Juan ging zur Ecke, kam zurück, sagte „Hier wartest du“ und war verschwunden.
    Willie wartete mit dem Rücken zur Wand, einen Fuß auf den Bündeln und mit dem Messer in der Hand. Seine Angst wuchs. Es war ein verrückter Plan, der zum Scheitern veru r teilt war. Auf der Spitze des Turms war die Luft zu dünn … er hatte da Geschichten gehört … Er jagte einen Dieb weg, schnitt einen zweiten auf, und war schon dabei, alle Hof f nung aufzugeben, als etwas seinen Kopf berührte. Mit einem ängstlichen Gurgeln duckte sich Willie und fuhr mit seinem Messer in die Luft, aber nur um herauszufinden, daß der Angreifer das Seil war, das Juan wie eine Schlange um se i nen mageren Körper gewickelt getragen hatte.
    Mit flatternden Nerven band Willie das erste Bündel fest und gab das vereinbarte Signal, drei Züge an dem Seil. Juan hatte es geschafft.
    Wenn er erst einmal dafür gesorgt hatte, daß beide Bü n del oben waren, dann würde sich Willie den Weg zu seinem Seelenbruder durchkämpfen. Dann würden sie zusammen die schwindelerregende Höhe des Empire bis zur Spitze besteigen.
    Willie sah die Zeichen, daß Juan vor ihm diesen Weg g e nommen hatte. Ein Toter und mindestens ein Dutzend, die bluteten. Wegen seiner Größe und dem Messer, das er b e reithielt, traf Willie nur auf wenig Widerstand. Er rief in j e dem Stockwerk: „Ich gehe nur durch, ich will nicht bei euch wohnen.“ Zehn Stockwerke, dann zwanzig, arbeitete er sich hoch. Die Wohndichte wurde immer dünner. Schließlich erreichte er einen Stock, in dem niemand mehr wohnte. Eine Stimme flüsterte aus der Dunkelheit.
    „Willie? Bist du das?“
    Der Aufstieg wollte kein Ende nehmen. Die Bündel w a ren schwer, und sogar Willies stämmige Beine fingen an, ihm weh zu tun.
    „Wir müssen in den Wolken sein.“ Er war froh darüber, daß es draußen dunkel war und er nicht sehen konnte, wie hoch sie waren.
    Schließlich, als die Sterne schon in der Dämmerung ve r blaßten, erreichten sie die Spitze. Juan ließ Willie kurz r u hen, sie aßen einen Fladen und tranken Wasser aus der Pl a stikflasche.
    „Jetzt bauen wir die Drachen.“
    „Gut, daß wir drinnen arbeiten können.“ Willie lehnte es ab, auf die Aussichtsplattform hinauszugehen, um sich die Stadt anzuschauen. Er hatte gesehen, wie Juans langes Haar im Wind wehte. „Komm zurück, Juan. Du wirst weggebla sen.“
    „Genau das will ich, Mann.“ Seine Augen glänzten, und er strahlte eine Tollkühnheit aus, die Willie Sorgen machte.
    Nachdem sie sich aber erst einmal mit den Drachen an die Arbeit gemacht hatten, war Juan die Nüchternheit selbst. Er hatte sogar grobe Entwürfe gezeichnet, und seine geschic k ten Finger setzten die Verstrebungen aus Kabelleitern z u sammen, banden sie aneinander und spannten die Plastikf o lie straff.
    „Wie kriegen wir sie denn aus der Tür?“
    Juan warf ihm einen von seinen Du-Depp -Blicken zu. „Die kann man zusammenklappen, Willie. Hast du gedacht, ich hätte mich selbst eingemauert?“
    Es war Abend, als die Drachen fertig waren. „Ganz früh am Morgen, bevor die Weißen aufwachen, fliegen wir.“
    Juan gab noch einmal Fladen und Wasser aus. Sie aßen schweigend. Sie waren beide davon bedrückt, daß sie allein waren. Willie wurde davon unruhig; denn obwohl er die grauenhafte Bedrängnis unten haßte, war für ihn diese Stille, diese Möglichkeit, sich zu bewegen, ohne an jemand zu st o ßen, unnatürlich. Und der Flug morgen – er konnte nicht ei n mal daran denken. In dieser Nacht hatte Willie Angstträume.
    Eine bedrängende Hand schüttelte ihn wach. „Es ist Zeit, Mann. Eine steife Brise weht, die Sonne ist aufgegangen – wir fliegen!“
    Sie merkten bald, daß die Brise ein Risiko darstellte. Nachdem Willie seinen zusammengefalteten Drachen he r ausgeschafft hatte, wurde er von einem Windstoß erwischt, der ihn aufklappen ließ und ihn Willie fast aus der Hand riß. Nur die schnelle Reaktion Juans rettete ihn noch.
    „Bind’ sie besser an einem von diesen Pfeilern fest, Wi l lie. Wenn wir dann soweit sind, in den Sitzen

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