Science Fiction Almanach 1981
sagte er kurz darauf. „Aber bei dem ist es umgekehrt wie bei deinem, weil er nämlich nur bei Nacht aktiv ist. Dennoch fühlt er sich sehr stark von Licht angezogen. Er ißt es zu seiner Ernährung. Als er ankam, hat er die Kerzen gelöscht und den Docht aus der Lampe gerissen. Als er satt war, ist es mir glücklicherweise gelungen, ihn in eine Flasche aus di c kem blauen Glas einzusperren, die mir ein professioneller Dämonenfänger aus der Wüste von Sarro für diesen Zweck zur Verfügung gestellt hat.“
„Das ist sehr interessant. Wo bewahrst du denn die Fl a sche auf?“
„Die ist sicher in dieser Steinkiste verwahrt. Mit dem Schlüssel bin ich sehr vorsichtig. Der Dämon verschlingt besonders gern lebendiges Licht, und ich glaube, sein Ziel ist es, den Mond zu fressen, der, wie du weißt, eine Göttin ist, die aus einer reinen weißen Flamme besteht. Würde di e ses Unglück eintreten, dann würde die nachsolare Welt in ewige Finsternis gestürzt.“
Ich beglückwünschte Grunelt, daß er soviel Vernunft g e zeigt hatte, gab ihm von seinem eigenen Wein zu trinken, und so verging der Tag. Ein- oder zweimal, als er für kurze Zeit in ein Schnarchen verfiel, sah ich mir die Schlösser der Steinkiste genau an, und außerdem griff ich mir einen von den Eisenbechern, den ich in meiner Kutte versteckte.
Als die Sonne hinter den Klippen versank, wurde Grunelt lebhaft.
„Der Augenblick ist nahe, an dem der Dämon verschwi n det“, sagte ich. „Wenn ich dir Bescheid sage, mußt du die Augen abwenden, denn vielleicht macht er sich vor seinem Verschwinden noch sichtbar, und sein Anblick ist ganz b e sonders schrecklich.“
Nervös stimmte mir Grunelt zu. Darauf stieß ich einen gräßlichen Warnschrei aus. Grunelt bedeckte sich das G e sicht mit den Händen, und ich rannte durch die Hütte und schlug ihm mit dem Eisenbecher mehrmals heftig auf den Kopf.
Nachdem ich meinen Wächter auf diese Art schlafen g e schickt hatte, machte ich mich mit dem gleichen Gerät an der Steinkiste zu schaffen, und bald hatte ich alle Schlösser geöffnet.
In dem unteren Teil der Kiste lag ein Haufen männlicher Kleidungsstücke, die nicht Grunelt gehörten, sondern einst das Eigentum männlicher Übeltäter gewesen waren, die, wie er mir erzählt hatte, nackt am Strand gefesselt angebunden wurden, da das Monster sie nicht mochte, und so der einla u fenden Flut überlassen wurden, die bestimmte tödliche Quallen mit sich trug. Hier fand ich die schwarze Tracht e i nes schlanken Jünglings, die mir nicht schlecht paßte. A u ßerdem fand ich einen langen Eisenstab. Über all das streifte ich einen weiten schwarzen Umhang mit einer Kapuze, die ich so veränderte, daß sie jener der sechs Reiter glich. D a nach war es nicht mehr möglich, mich oder mein Geschlecht zu erkennen.
Grunelt hatte auch einen kleinen Schatz von Gold und Juwelen angesammelt, die er verschiedenen Opfern geraubt hatte. Auch ihn nahm ich an mich und verstaute ihn in einem Beutel an meiner Hüfte. Schließlich suchte ich noch nach dem Dämon und fand auch endlich eine Flasche aus nach t blauem Glas, in der man innere Bewegungen erkennen konnte, wenn man sie gegen das Licht hielt.
Danach machte ich mich auf den Weg. Die Tür zur Hütte ließ ich offen, damit Grunelt und das Meerungeheuer die A ngelegenheit nach Wunsch unter sich bereinigen konnten.
Nach ein paar Stunden auf dem Felsenpfad ging die So n ne auf und eroberte die See sowie die Felswände mit ihren gelben Flammen.
Ich stieß auf ein Lager von vier oder fünf Reisenden, die um ein Feuer lagen und schnarchten. Daneben standen in einem Gatter zehn gelbbraune Camarillos. Der Wächter lag daneben und schlief fest. Ich öffnete das Gatter und führte das nächste Tier heraus. Die restlichen ließ ich laufen, b e stieg mein Reittier und trieb es mit seinem Löwenkopf im Morgenwind zu einem schnellen Trab an. Es hatte eine schöne Mähne aus kohlschwarzen Locken, an der ich mich festklammerte, da ich zwangsläufig ohne Trense, Zügel oder Satteldecke reiten mußte. Ich wurde nicht verfolgt.
Auf dem Rest meiner Reise sah ich niemanden und nichts außer Schwärmen von schwarzen Sere-Möwen, die über meinem Kopf kreischten.
Ich erreichte den Tempel in der Dämmerung und klopfte an die Tür.
„Wer ist da?“ fragte eine von den Schwestern mit zitter n der Stimme.
„Ich bin ein ehrlicher Seher, der auf dem Weg nach No r den von der Nacht überrascht wurde und um die Gastfreun d schaft des wunderbaren
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