Sean King 04 - Bis zum letzten Atemzug
Quarry, setzte sich an den Tisch und strich sich mit der Hand über das verschwitzte Haar. Sein Atem ging noch immer schwer vom Kampf mit seinem Sohn.
Scheißraucherei.
Diane setzte sich ihm gegenüber. »Ich wollte sie nicht abgeben.«
Quarry atmete tief durch, lehnte sich zurück und musterte Diane aufmerksam.
»Okay.«
»Sie jagen mir eine Heidenangst ein, egal was Sie tun.«
»Sie machen mir auch Angst«, entgegnete Quarry.
Diane blickte ihn erstaunt an. »Wie soll ich Ihnen denn Angst machen?«
»Man kann auf verschiedene Arten Angst haben«, sagte Quarry. »Körperlich, im Kopf, beides ...«
»Und wie mache ich Ihnen Angst?«
Quarry faltete die Hände und beugte sich vor. Sein großer Kopf hing über der Tischmitte, und Blut tropfte von der Lippe auf das Holz. »Sie machen mir Angst, dass diese alte Welt nie wieder gut sein wird. Für keinen von uns.«
Diane lehnte sich zurück. Die Worte hatten sie getroffen. »Ich bin ein guter Mensch! Ich habe nie jemandem ein Leid angetan.«
»Sie haben diesem Mädchen wehgetan, auch wenn sie das nicht weiß.«
»Ich habe sie abgegeben, damit sie ein besseres Leben führen kann.«
»Das ist doch Schwachsinn! Sie haben sie abgegeben, damit Sie sich nicht um sie kümmern mussten.«
Diane schlug Quarry mitten ins Gesicht, sprang dann entsetzt und voller Angst zurück und starrte auf ihre Hand, als gehöre sie jemand anderem.
»Wenigstens haben Sie noch Kampfgeist«, bemerkte Quarry, den die Ohrfeige nicht sonderlich beeindruckt hatte.
»Ich habe also Ihre Welt zerstört?«
»Nein, das haben Sie anderen Leuten überlassen. Menschen wie Sie lassen Arschlöcher einfach über sich hinwegtrampeln, obwohl Sie ganz genau wissen, was diese Leute sind. Das macht sie genauso schlimm und böse wie die. Menschen wie Sie stehen für gar nichts ein, auch nicht, wenn sie für das Richtige kämpfen müssten. Sie kriechen nur im Dreck herum und schlucken die Scheiße, die Sie vorgesetzt bekommen. Sie tun es sogar mit einem Lächeln und betteln um mehr!«
Eine Träne aus Dianes rechtem Auge tropfte auf den Tisch und vermischte sich mit Quarrys Blut. »Sie kennen mich doch gar nicht«, sagte sie.
»Oh doch, ich kenne Sie. Ich kenne Sie, und ich kenne Menschen wie Sie.«
Diane wischte sich über die Augen. »Und was wollen Sie jetzt tun? Mich töten?«
»Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, was ich mit Ihnen tun soll.« Quarry stand langsam auf. Dort, wo er gegen den Felsen geprallt war, tat ihm der Rücken weh. »Möchten Sie Willa wiedersehen? Das wird vielleicht das letzte Mal sein. Allmählich nähern wir uns dem Ende.«
Diane standen die Tränen in den Augen. »Nein, ich kann nicht.« Sie wiegte den Kopf hin und her, und ihre Hände zitterten.
»Kriechen Sie schon wieder im Dreck, Lady? Wollen Sie sich verstecken? Sie haben gesagt, Sie hätten Angst vor mir, aber dann haben Sie mich geschlagen. Sie haben endlich mal Rückgrat gezeigt. Sie können sich also wehren. All die Menschen, die alles zu haben scheinen, die Reichen und die Mächtigen ... In Wahrheit haben sie einen Scheißdreck. Sobald Sie sich gegen sie wehren, laufen sie einfach weg, denn sie sind weder stark noch hart. Ihr Hochmut gründet sich auf nichts.« Quarry schlug so fest mit der Faust auf den Tisch, dass die Laterne umfiel und das Licht verlosch. »Und?«, sagte er in der plötzlichen Dunkelheit. »Ich habe Sie gefragt, ob Sie Ihre Tochter wiedersehen wollen. Was ist jetzt?«
»Ja.«
61.
I m Country Club war es ruhig, und ein Kaminfeuer knisterte im Restaurant. Sean und Michelle setzten sich an einen Tisch. Bobby und June Battle, eine winzige Frau Anfang achtzig, nahmen ihnen gegenüber Platz.
»Ich bin froh, dass Sie mit Nancy Drummond gesprochen haben«, begann Michelle, nachdem sie sich etwas zu essen bestellt hatten. »Wir brauchen wirklich Ihre Hilfe.«
Anstatt zu antworten, schluckte June eine Hand voll Pillen und spülte sie mit einem Glas Wasser hinunter.
Sean spürte Michelles Ungeduld. Unter dem Tisch legte er ihr die Hand aufs Bein und schüttelte kaum merklich den Kopf.
Nachdem June die letzte Pille geschluckt hatte, schaute sie die beiden Privatdetektive an. »Ich hasse Medikamente, aber wie es aussieht, sind sie das Einzige, was mich noch am Leben hält, also was soll's.«
»An dem Abend, an dem Sally Maxwell ermordet wurde, sind Sie mit Ihrem Hund die Straße runtergegangen, ja?«, sagte Sean ermutigend.
»Da wusste ich noch nicht, dass man sie ermordet hatte«, erklärte
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