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Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Titel: Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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irgendwann.
    »Rudern Sie weiter«, befahl Reeve.
    Der Alte zuckte die Achseln. Später sagte er: »Wir bekommen schwere See.«
    Als hätte Reeve es nicht schon selbst gemerkt. Die Wellen warfen das kleine Boot hin und her, so dass Reeve sich mit beiden Händen an den Dollborden festhalten und der Alte seine ganze Kraft aufbieten musste, um die Riemen nicht aus den Händen zu verlieren. Reeve hatte die Funkbake sicher zwischen die Knie geklemmt.
    »Es wird noch stürmischer«, sagte der alte Mann.
    Reeve wusste nicht, was er sagen sollte. Wenden und in ruhigere Gewässer zurückkehren? Oder dableiben und riskieren, dass sie kenterten? Er wusste nicht, wie lang es dauern würde, bis jemand das Signal der Bake auffing. Es konnte den ganzen Tag dauern, vielleicht sogar noch länger, falls gerade ein letzter Großangriff auf die Falklands stattfand. So was würde sich niemand entgehen lassen.
    Am Ende nahm ihm der alte Mann die Entscheidung ab. Sie zogen sich zurück, bis die See zwar noch kabbelig, aber nicht mehr gefährlich war. Reeve konnte ganz weit am Horizont die Küste ausmachen.
    »Kommen andere Boote auch so weit raus?«
    »Motorboote, ja.«
    Reeve konnte keinerlei Anzeichen von Aktivität auf dem Wasser feststellen. »Wann?« In seinem Kopf nahm eine Idee Gestalt an. Er würde es irgendwie so aussehen lassen, als sei das kleine Boot in Seenot, und wenn eines der Motorboote zu Hilfe kam, würde er es mit vorgehaltenem Gewehr kapern und damit weiter in den Südatlantik hinausfahren.
    »Wann?« Der alte Mann zuckte die Achseln. »Wer weiß? In einer Stunde? Zwei Stunden?« Er zuckte noch einmal die Achseln.
    Reeve spürte die Kälte. Er war durchnässt und erschöpft. Seine Körperkerntemperatur sank wieder. Er fragte den alten Mann, ob er Kleidung an Bord habe. Unter Reeves Sitzbank lag Ölzeug. Er streifte es über und fühlte sich sofort etwas vor der steifen Brise geschützt. Der Alte deutete auf die Leinwandtasche, sagte, es gebe darin zu essen und zu trinken. Reeve kramte und fand Brot, Äpfel, Chorizo und eine Flasche mit einer Flüssigkeit, die gemeingefährlich nach Alkohol roch. Der Alte trank einen Schluck daraus und sagte Reeve, er könne essen, was er wolle. Reeve aß einen Apfel und eine halbe Knoblauchwurst. Der Alte zog die Riemen ein und legte sie auf den Boden des Bootes, wo sie in einer Handbreit Wasser lagen. Dann hob er eine seiner Angelruten auf und machte sich daran, den Haken zu beködern.
    »Wenn wir schon mal hier sind...«, sagte er. »Dürfte ich fragen, worauf wir eigentlich warten?«
    »Auf Freunde«, antwortete ihm Reeve.
    Aus irgendeinem Grund lachte der alte Mann und beköderte die zweite Angel.
    Ein alter Mann, der mit zwei Ruten angelte, und ein weiterer Mann, der in zerfetztem gelbem Ölzeug fröstelte. Das war der Anblick, der die Rettungsmannschaft begrüßte.
    Reeve hörte als Erster den Motor. Es war ein Außenborder. Er suchte die Wellen ab, aber es war hinter ihm. Er drehte sich um und sah ein Schlauchboot durch die Schaumkronen heranjagen. Es war unmarkiert, und keiner der drei Männer, die darin saßen, trug eine Uniform oder irgendwelche Abzeichen.
    Reeve legte auf das Boot an, und zwei der Männer an Bord richteten ihrerseits ihre Waffen auf ihn. Als die zwei Boote fünf Meter auseinanderlagen, fragte der Steuermann des Schlauchbootes auf Spanisch:
    »Was tun Sie hier?«
    »Fischen«, sagte der Alte schlicht. Er hatte sich eine Zigarette gedreht und angesteckt. Während er sprach, wippte sie zwischen seinen Lippen.
    »Wer sind Sie?«, fragte der Mann barsch.
    »Fischer«, sagte der Alte.
    Jetzt starrte der Kommandant des Schlauchbootes Reeve an. Reeve hielt dem Blick stand. Der Mann lächelte.
    »Sie sehen aus wie ausgekotzt«, sagte er auf Englisch. »Wir bringen Sie besser zum Schiff.«
     
    Die Einsatzbesprechung fand in der Nacht des 14. Juni statt, während sich die argentinische Garnison formell ergab. Nach einer gründlichen ärztlichen Untersuchung hatte Reeve die Erlaubnis erhalten, zu essen, zu schlafen und sich zu waschen – und zwar in beliebiger Reihenfolge. Mike Rose, der Kommandeur des 22. Regiments, war nicht an Bord des Schiffes. Reeve erstattete zunächst drei seiner eigenen Offiziere Bericht und später noch einmal ein paar Geheimdienstlern. Am nächsten Tag würde es noch eine weitere Sitzung geben.
    Sie fragten nach Jay, und er erzählte ihnen die Wahrheit. Die passte ihnen nicht. Sie ließen ihn die Geschichte mehrere Male erzählen und

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