Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seit du tot bist: Thriller (German Edition)

Seit du tot bist: Thriller (German Edition)

Titel: Seit du tot bist: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie McKenzie
Vom Netzwerk:
beiden jeden Versuch meinerseits, die Stimmung aufzulockern, als Einmischung ansehen würden. Vielleicht ist das ja üblich unter Geschwistern – ein nach rätselhaften familieninternen Regeln ausgefochtenes Machtspiel, das Außenstehende bei aller persönlichen Vertrautheit nie ganz verstehen können.
    Morgan duckt sich hinter die Dessertkarte, obwohl sie von dort garantiert nichts bestellen wird. Art drückt meine Hand und verschwindet zur Toilette. Als er zurückkommt, ist er bester Dinge und gibt eine lustige Geschichte über Siena und den jungen Mann zum Besten, mit dem sie seit der Party zusammen ist.
    Mir fällt wieder ein, wie ich die beiden in der Kammer aufgeschreckt habe, und ich erzähle es Art, der sich köstlich darüber amüsiert. Morgan hält sich für eine Weile aus der Unterhaltung heraus und bleibt reserviert. Ich verstehe nicht, warum sie so verstimmt ist, überlasse es aber Art, damit umzugehen. Er kriegt sie herum, so wie er alle herumkriegt: erst nur ab und zu ein Blick, dann lächelt er, und schließlich stellt er irgendwelche Fragen. Dann hört er so aufmerksam und gebannt zu, dass sie schließlich auftaut und wieder Frieden herrscht. Ich habe ihn das schon öfter tun sehen, und es fasziniert mich jedes Mal aufs Neue – insbesondere, weil es bei ihm instinktiv und völlig unbewusst abzulaufen scheint.
    Morgan muss am Sonntagmorgen zu einer einwöchigen Konferenz nach Genf fliegen. Als sie fort ist, treffen wir uns mit Kyle, Vicky und allen ihren Kindern bei Banner’s zum Brunch. Art nimmt während des Essens am Handy ein Gespräch an und wirkt für den Rest des Nachmittags unkonzentriert. Ich frage, was los ist, und er murmelt etwas über das Beratungsgremium des Premierministers. Ich sage, er könne ja Sandrine anrufen – etwas bissiger als ich eigentlich möchte –, und er schnauzt mich an, ich würde nicht begreifen, wie wichtig das ist.
    Als wir das Café verlassen, sind die Dächer mit Schnee überzuckert. Im Fernsehen ist dann nur noch die Rede vom Wetter, wie außergewöhnlich es sei für März. Für den Montag wird ein Verkehrschaos vorhergesagt, aber Art glaubt, dass es alle zur Firma schaffen werden. Eine Stunde lang recherchiert er über ICSI . Ich habe ein schlechtes Gewissen, dass er es tut – in der einzigen freien Zeit, die ihm dieses Wochenende bleibt –, während meine Zustimmung zu einer neuerlichen Fruchtbarkeitsbehandlung in weite Ferne gerückt ist. Art kommt mit einem Haufen Daten und Zahlen, die er mir präsentieren will, aber ich schiebe Kopfschmerzen vor, gehe nach oben und lege mich hin.
    Ich schlafe eine halbe Stunde und fahre erschrocken hoch, als Lorcan auf Arts Handy anruft und vorschlägt, in der Railway Tavern zusammen etwas zu trinken. Art ist müde und hat wenig Lust dazu, obwohl er das nicht direkt sagt. Trotzdem willigt er ein.
    »Was ist los?«, frage ich, als er auflegt. »Sonntags gehst du doch höchstens aus, wenn’s um ein wichtiges Geschäft geht. Willst du … mit ihm über das reden, was er damals getan hat?«
    »Natürlich nicht«, knurrt Art. »Wir wollen nur kurz was zusammen trinken. Ohne besonderen Grund. Du kannst ja mitkommen, wenn’s dich so interessiert.«
    Ich schüttele den Kopf. Ist er so gereizt, weil er müde ist, oder macht ihm etwas anderes zu schaffen? Ich würde Lorcan gerne sehen, aber die beiden wirken doch sehr befangen miteinander. Sie sollten sich erst einmal allein treffen. Außerdem kommt es mir vor, als hätte ich während der zurückliegenden Tage kaum einen Augenblick für mich selbst gehabt, und obwohl Sonntag ist, möchte ich meinen Anruf bei Dr. Rodriguez nicht länger hinausschieben.
    Art ist schon einige Minuten fort, als ich endlich den Mut aufbringe, die Nummer von Dr. Rodriguez zu wählen. Ich weiß nicht recht, was ich ihm eigentlich sagen soll, aber so weit kommt es gar nicht. Ich lande sofort bei der Telefonzentrale der Klinik, bei einer Aushilfskraft. Offensichtlich kennt sie dort keinen einzigen Arzt. Sie geht mehrmals die Liste durch, die vor ihr liegt, aber ein Rodriguez ist weder bei den angestellten Medizinern noch bei den Ärzten der Wochenendbereitschaft zu finden. Ich lege auf und sehe auf der Website der Klinik nach. Auch dort taucht Rodriguez nirgends auf. Hat er die Stelle gewechselt? Haben sie ihn gefeuert? Auch eine schnelle Google-Suche erbringt nichts. Frustriert versuche ich noch einmal Lucy O’Donnells Nummer, aber noch immer ist dort niemand erreichbar.
    Art bleibt ein paar Stunden

Weitere Kostenlose Bücher