Selige Witwen
die man weder sehen noch hören konnte, in der Küche befanden, zögerte aber ein wenig, ihnen gegenüberzutreten. »Auch 'n Bier?«
fragte Max und stand auf. Ich gab mir einen Ruck und beschloß, eiskalt wie eine Rachegöttin die Küche zu betreten, ein Feuerzeug im Anschlag.
Nicht ohne Genugtuung sah ich, daß Erik und sein Komplize festgezurrt und mit Hüters eigenem Klebeband zu Mumien verpackt auf dem Boden lagen. Allerdings hatte ihnen der gutmütige Felix unsere Kopfkissen untergelegt.
Ich winkte Max herbei: »Mach ihnen mal die Schnauze frei«, befahl ich, und er riß einem nach dem anderen das Klebeband herunter.
»Na, wie geht's uns denn?« fragte ich und versuchte, mein gesammeltes bißchen Sadismus in diese Worte zu packen, »ist es kalt auf den Fliesen? Soll ich ein wenig einheizen?«
Erik drohte: »Das wird euch noch teuer zu stehen kommen! Wer mit dem Feuer spielt, kommt darin um.«
»Und wer sich die Hände schmutzig macht, der muß zur Strafe putzen«, entgegnete ich und ließ dem Anwalt die Fesseln abnehmen. »Jetzt kriegt ihr was zu sehen.«
Nach meinen strengen Anweisungen mußte Erik nun die Schränke feucht auswischen und wieder einräumen (wobei ich Wert darauf legte, daß er unsere Wäsche akkurat zusammenfaltete), die roten Tücher an die Wand nageln, die zerbrochenen Katzen und abgesäbelten Orchideen zusammenkehren und in den Müllsack stopfen. Mir fielen auch allerhand Nachlässigkeiten ins Auge, die nicht auf sein Konto
gingen, die Erik aber in einem Aufwasch erledigen konnte. Schließlich ließ ich ihn noch Kathrins Futon mit groben Stichen wieder zusammenheften.
Er sprach bei seiner demütigenden Fronarbeit kein Wort mit uns, gab aber dem Dicken im Vorbeilaufen einen Tritt.
»He, was soll das?« beschwerte sich sein wehrloser Kumpan.
»Wozu machen wir eigentlich Fitnesstraining? Wenn du dir nicht einen derartig fetten Arsch und wabbeligen Schmerbauch zugelegt hättest«, ranzte ihn Erik an, »dann hätten sie dich nicht gleich an der Tür umgenietet! Warum habe ich mich bloß mit einem solchen Versager eingelassen...«
»Beruhigen Sie sich«, sagte ich zu Erik. »Was ist das überhaupt für ein Ton für einen Anwalt! Beweisen Sie uns lieber mal, daß Sie Ihrerseits etwas von Ihrem Beruf verstehen.
Als Jurist könnten Sie uns doch bei der Formulierung eines Schuldbekenntnisses behilflich sein. Wenn Sie zu unserer Zufriedenheit kooperieren, werden wir Sie freilassen.«
Er stöhnte. »Damit kommt ihr niemals durch! Aber bitte sehr, wie ihr wollt!« Dabei sah er mich mit einem derart intensiven Blick an, daß ich mich meiner eigenen verwirrten Erregung schämte.
Widerspruchslos unterschrieben sowohl der Rechtsanwalt als auch sein Komplize, daß sie mich überfallen, verschleppt und gefoltert sowie unsere Wohnung illegal betreten, durchsucht und verwüstet hatten. Warum und wieso das allerdings geschehen war, blieb im Protokoll unerwähnt.
»Ich weiß nicht genau«, flüsterte mir Felix zu, »ob sie ein solches Papier nicht in Anwesenheit eines Notars unterzeichnen mußten. Aber wir können unsere Kandidaten ja nicht gut am Nasenring in eine Kanzlei führen!«
Wir setzten die beiden auf die Straße und verließen fluchtartig die Großstadt.
Kaum war ich in Darmstadt erschöpft im nächstbesten WG-Bett eingeschlafen, wachte ich schon wieder schreiend auf.
Felix war sofort an meiner Seite und verabreichte mir zwei Schlaftabletten. »Das war zu erwarten«, sagte er, »der Schock ist noch nicht ausgestanden, der kommt in Zeitlupe hinterhergedackelt!«
Ich fiel in traumlosen Schlaf. Als ich gegen Mittag in die Küche kam, stand Felix am Fenster, mit der Kakaotüte in der einen, dem Telefonhörer in der anderen Hand.
»...was soll ich dazu sagen? Ob sie geheult hat? Na und ob. Wie ein Schloßhund! Da kommt sie gerade!« sagte er und überreichte mir den Hörer.
»Ach Kathrin!« stöhnte ich, »wenn du wüßtest... Hat dir Felix schon alles erzählt?«
»Maja, ich bin's - Cora! Man kann dich doch wirklich keinen Tag allein lassen! Schon stellst du dumme Sachen an!«
Ich hätte vor Schreck beinahe aufgelegt. Natürlich war ich grenzenlos erleichtert, daß Cora sich meldete, aber die Kränkung über ihr langes Schweigen war deswegen noch lange nicht vergessen. Erst viel später erfuhr ich, daß nicht Cora bei uns, sondern Felix bei ihr angerufen hatte.
»Cora, endlich...«, stotterte ich und verriet dadurch allzu schnell, wie sehr ich auf eine Nachricht gewartet hatte.
»Du
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