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Selige Witwen

Selige Witwen

Titel: Selige Witwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Noll
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hättest ja auch mal ein Lebenszeichen von dir geben können«, sagte Cora, »aber es tat zumindest mir ginz gut, eine Weile allein zu sein. Ehrlich gesagt, hast du für meine Begriffe in letzter Zeit viel zu häufig geflennt.«
    Bei diesen Worten trat mir sofort das Wasser in die Augen, aber das konnte sie nicht sehen. Zaghaft versuchte ich, meine gestrige Lage zu beschreiben: »Ich hätte dich mal sehen mögen: gefesselt und geknebelt, die Füße im Feuer! Und dabei immer die Angst, daß dein letztes Stündchen geschlagen hat!« »In solchen Situationen kommt natürlich wenig Freude auf«, räumte Cora ein, »deswegen sollte man sie meiden.
    Aber vielleicht kannst du dir denken, was mir an der Sache überhaupt nicht gefällt: daß du dich von insgesamt drei Männern befreien läßt! Mal ehrlich, findest du das nicht unter unserer Würde?«
    Ich antwortete spitz: »Sicherlich wäre ich lieber von dir gerettet worden, aber du warst zufällig nicht in der Nähe!«
    Cora schwieg einen Moment, dann sagte sie mit jener spröden Herzlichkeit, zu der sie gelegentlich fähig war: »Wo du recht hast, hast du recht. Gut, daß wenigstens Bela nie in Gefahr war. Ich mache mich jetzt auf die Läufe, morgen um diese Zeit bin ich bei euch. Und bis dahin - bitte keine blöden Mutproben! Also - ciao, a domani!«
    Ganz verdattert setzte ich mich erst einmal hin. »Cora kommt«, sagte ich leise und glücklich.
    Auch Felix machte ein verlegen-erfreutes Gesicht.
    Kurz darauf rief Kathrin an. »Hat Erik die Bilder gefunden?
    Geht's dir gut?« fragte sie.
    »Danke der gütigen Nachfrage«, antwortete ich, »Wahrscheinlich geht es dir sehr viel besser als mir, denn ich hab' dir deine Kastanien aus dem Feuer geholt und lauter Brandblasen davongetragen. Die Gemälde sind an einem sicheren Ort deponiert. Aber diese Verfolger... - Kathrin, erinnerst du dich noch an die kleine Thailänderin? Und wie sie hieß?« drang ich in sie.
    »Wenn du das nächste Mal in die Volkshochschule kommst, kannst du mal im Sekretariat in der Liste nachsehen.«
    »Aber hatte sie nicht den Namen ihres deutschen Gebieters?« wandte ich ein.
    »Ach so«, sagte Kathrin, »den werd' ich nie vergessen.
    Der hieß Sven Hüter.«
    Eine kleine Siegesfeier war fällig, und wir stießen gerade miteinander an, als Felix merkte, wie spät es war.
    »O je«, sagt er. »Um 18 Uhr muß ich schon wieder in Frankfurt sein und meine Mutter vom Flughafen abholen.
    Kommt doch einfach alle mit, dann können wir
    weiterquatschen!«
    Andy und Max schnappten sich vier Gläser, zwei Sektflaschen und den Hund.
    Mir war es auch recht. »Läßt mich nur nicht allein«, sagte ich. »Wenn Cora und Kathrin kommen, werde ich mit ihnen beraten, wie es weitergehen soll.«
    »Es wird vielleicht ein bißchen eng werden, meine Mutter hat einen Riesenkoffer«, meinte Felix. Dann fuhr er mich noch schnell zu einem Arzt, der mir Verbrennungen an der linken Wade und an beiden Fußsohlen attestierte, eine Bißwunde an der Hand sowie diverse Hämatome an Armen, Oberschenkeln und im Nackenbereich. »Ich hoffe, Sie haben bereits Anzeige erstattet!« sagte er mit großem Ernst, während er eine Salbe verschrieb.
    Unterwegs schimpften alle auf Kathrin. »Was die doch für eine linke Tussi ist«, sagte Max. »Wir dachten, se sei eine solide Lehrerin, die die Miete pünktlich zahlt, die Küche penibel putzt und die meiste Zeit unsichtbar bleibt. Von wegen! Ohne Kündigung haut sie ab, ist mit zwei Monatsmieten im Rückstand, angelt sich die arglose Maja als Vertretung für ihren Kurs und setzt sich ins Ausland ab! Die kriegt was von mir zu hören, wenn sie zurück ist!«
    Etwas lau versuchte ich, Kathrin zu verteidigen: »Das konnte sie nun wirklich nicht ahnen, daß ihr Arsch von einem Mann mich ebensowenig in Ruhe läßt wie sie.«
    »Uns kannst du es ja sagen«, meinte Andy nach einer Weile. »Was haben die Typen überhaupt bei euch gesucht?
    Bei so einer Wahnsinnsgeschichte muß man sofort an Drogen denken.«
    »Leider weiß ich es selbst nicht so genau«, wich ich aus, »aber Kathrin ist clean, das könnt ihr mir glauben. Mehr darf ich euch nicht sagen, das mußte ich schwören - nur so viel: ein Teil ihrer Verwandtschaft lebt auf Sizilien.«
    Meine Zuhörer wiegten eine Weile tief beeindruckt die Köpfe und gelobten feierlich, niemandem etwas zu verraten; ihre grauen Zellen schienen aber zu arbeiten.
    »Mein Schwager ist Ermittler beim Rauschgiftdezernat«, erzählte Andy. »Er fährt gelegentlich mit mir

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