Selige Witwen
doch keine fünf Minuten dicht! Und dann müssen meine Eltern dran glauben.
Nein, das haben sie wirklich nicht verdient.«
»Okay«, sagte ich schuldbewußt, »so weit habe ich gar nicht gedacht. Wir holen die Bilder wieder ab - aber wo sollen wir sie hinbringen?«
»Natürlich nach Florenz«, meinte Cora, »ein echter Matisse hat mir zu meinem Glück schon lange gefehlt. Meinst du nicht auch, wir sollten ihn über die Ottomane hängen?«
Ich hoffte schon, daß dieser Gedanke sie besänftigte, aber das Thema war keineswegs abgehakt.
»Ich will auf keinen Fall meine Eltern besuchen«, stellte sie klar, »du weißt, daß ich ihnen lieber aus dem Weg gehe, die reden mir nur wieder ins Gewissen. Du hast dir die Suppe eingebrockt und mußt sie jetzt auslöffeln. Vielleicht überlasse ich dir aber meinen Wagen und fliege nach Hause, denn diese lange Strecke ohne Beifahrer war ziemlich anstrengend.
Auf dem Weg nach Italien müßtest du also zuerst bei meinen Alten die Bilder und dann bei Jonas unseren Bela einsammeln.«
Aus ihren Worten ging zu meiner Erleichterung hervor, daß sie meine Rückkehr für selbstverständlich hielt. Was ihre Familie anging, verstand sie keinen Spaß, obwohl sie selbst gegen ihre Eltern manchmal so heftig vom Leder zog, daß es eine Schande war. Doch egal, Hauptsache, sie hatte sich einigermaßen beruhigt. Im Moment gierte sie ohnedies nur danach, mit ihren eigenen Erlebnissen die meinen zu übertrumpfen.
»Schieß endlich los!« sagte ich. »Du willst mir doch von deinem Honeymoon in der Toskana berichten.«
»So würde ich diesen Pipikram lieber nicht nennen«, sagte Cora, »es geht um Wichtigeres. Ich plane einen Mord.«
Mit offenem Mund starrte ich sie eine Weile an. Bisher hatten wir noch nie einen Mord geplant; die Todesfälle in unserer unmittelbaren Umgebung hatten sich stets ganz zwanglos und spontan ergeben. »Soll ich etwa deinen Vetter kaltmachen?« fragte ich.
Cora zog eine Schnute. »Du hast eine völlig versaute Phantasie. Felix kann von mir aus so alt werden wie Methusalem«
»Und wer hat die Ehre, von uns abgestochen zu werden?«
»Maja, das ist kein lausiger Witz, sondern blutiger Ernst.
Wir müssen leider die Amerikanerin beseitigen, um endlich an das toskanische Landgut zu kommen.«
Ihr ließ die Traumvilla also immer noch keine Ruhe!
»Cora«, sagte ich beschwörend, »wir bringen keine Frauen um, das haben wir noch nie gemacht! Ich kenne diese Dame nicht, und sie hat uns nichts getan. Deine Idee ist absolut Scheiße. Ich wüßte zwei Männer, bei denen sich die Mühe lohnt!«
»Okay«, sagte Cora und zog nervös an ihrer Zigarette, »mir kann es ja nur recht sein, wenn es auch anders geht.
Also gib mir einen guten Rat, wie ich mir dieses Haus ohne Mord unter den Nagel reißen kann!«
Ich drückte grübelnd meine Kippe in Coras Untertasse aus und dachte flüchtig daran, wie die beiden Nichtraucher Andy und Felix über ihre vollgequalmte Küche die Nase rümpfen würden. Wir stellten die Toleranz unserer Gastgeber permanent auf die Probe. »Du wolltest mir eigentlich von einem Abenteuer erzählen«, begann ich, um Cora auf eine neue Fährte zu locken, »nicht von unausgereiften Projekten«
Unter beifälligem Nicken sprach sie die sibyllinischen Worte: »Da hast du zwar recht, aber das eine hat mit dem anderen zu tun!« Und dann bekam ich eine ziemlich abgeschmackte Geschichte zu hören.
Als sich Cora in der Toskana mit Dino traf und eine verflossene Affäre wieder aufwärmte, fühlte sich der Vetter aus Darmstadt derart gekränkt, daß er die beiden Knall auf Fall verließ. Bis zu diesem Punkt hatte mich Felix bereits informiert, was ich aber lieber verschwieg. Cora, die von ihrem Wölkenkuckucksheim nach wie vor besessen war, hatte Dinos Leidenschaft benutzt, um Mittel und Wege zur Beseitigung der Amerikanerin zu erkunden.
»Machst du diese geile Schwimmbadtour mit allen Mädchen, die du aufreißt?« fragte sie.
Dino bejahte stolz. Sie sollte bloß nicht glauben, daß sie die einzige in seiner Touristinnen-Sammlung war.
Eines Morgens las Cora in der Zeitung, daß es zum ungeklärten Todesfall des Engländers neue Erkenntnisse gab.
Bei der Obduktion sei Methadon im Blut nachgewiesen worden. Seltsam sei allerdings, daß il barone mit Sicherheit niemals opiatabhängig gewesen sei. Da die Polizei bei den Ermittlungen nicht weiterkam, wurde die Bevölkerung um Hinweise und Mitarbeit gebeten.
Zum Abendessen nahm Cora den Zeitungsausschnitt mit und steckte
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