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Selige Witwen

Selige Witwen

Titel: Selige Witwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Noll
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ihn auf gut Glück in Dinos Serviette; seine Reaktion verriet ihr, daß er kein reines Gewissen hatte. Um ihn zum Sprechen zu bringen, versuchte es Cora mit Hypnose, wie sie es nannte. Aus Erfahrung wußte ich, daß sie jeden ihrer Liebhaber auch ohne suggestive Experimente hörig machen konnte, wenn sie es darauf anlegte. Jedenfalls verriet Dino nach einigen Gläsern seinerseits und tiefen Blicken ihrerseits, daß er vor zwei Jahren ein Verhältnis mit einer Deutschen gehabt habe, deren Eltern in der Nähe eine Ferienwohnung besaßen. Dino hatte diese Studentin ein paarmal mit dem verbotenen Reiz des nächtlichen Schwimmens verführt. Der Engländer flog in den heißen Tagen stets zu seinem Freund in die Heimat, und es gab kaum ein Risiko, erwischt zu werden.
    Im darauffolgenden Sommer verbrachte sie ohne ihre Eltern, aber mit einer Freundin die Urlaubszeit in Italien. Sie war kaum wiederzuerkennen, so abgemagert und schlecht sah sie aus. Dino, der in solchen Dingen wenig Erfahrung hatte, wurde von einem Kumpel darauf aufmerksam gemacht, daß die beiden Deutschen mit großer Wahrscheinlichkeit Drogen nähmen. Von da an hatte Dino jegliches Interesse an dieser Beziehung verloren und fand auch schnell einen Ersatz.
    Eines Abends war Dino zu später Stunde mit einer neuen Eroberung unterwegs, als er im Unterholz einen Wagen mit deutschem Nummernschild entdeckte. Um seine Begleitung nicht zu enttäuschen, schlich sich Dino an, öffnete leise das Tor und spähte wie ein Indianer, wer da in seinem illegalen Jagdrevier wilderte. Er war ausnahmsweise nicht gerade erfreut, zwei nackte Frauen im Schwimmbad des Engländers zu entdecken.
    Die Junkie-Mädels lachten ihn aus und ließen sich nicht aus dem Paradies vertreiben. Wenn Dino hier heimlich schwimmen gehe, warum dann nicht auch andere? Falls er sie aber anzeigen wolle, dann könnten sie das ebenfalls tun.
    Dino hatte wenig Lust, sich mit zwei Verrückten herumzuschlagen, fühlte sich jedoch in gewisser Weise für das Anwesen verantwortlich. Schließlich war es sein eigener Großvater Umberto, der hier als Gärtner arbeitete und im Fall einer Unregelmäßigkeit zur Rechenschaft gezogen wurde.
    Aber er konnte nicht viel mehr tun, als die beiden zu verwarnen und die baldige Ankunft des Besitzers anzukündigen.
    Aus Verärgerung mied Dino eine ganze Zeit lang den nächtlichen Pool; erst als der Engländer zurückgekehrt war, mußte er wohl oder übel am hellichten Tag auf dem Landgut einige Reparaturen vornehmen. Wenige Tage später war sein Arbeitgeber tot. Und jetzt, nach diesem Artikel in der Zeitung, fragte sich Dino, ob die deutschen Touristinnen etwas mit dem Todesfall zu tun haben könnten.
    An dieser Stelle hielt Cora inne und blickte mich erwartungsvoll an.
    »Weiter«, forderte ich.
    »Bei meinen kommenden Recherchen wirst du mir helfen müssen«, sagte Cora, »gemeinsam sind wir stärker.«
    Obwohl ihre Worte wie Musik in meinen Ohren klangen, versuchte ich, es mir nicht anmerken zu lassen. »Was befiehlst du, o Gebieterin?« fragte ich.
    Sie blieb ganz ernst. »Maja, ich habe von Dino die Adresse der Fixerin erfahren. Ist es nicht ein Wink des Schicksals, daß sie ausgerechnet in Frankfurt wohnt? Morgen besuchen wir die Kleine und erpressen sie ein wenig.
    Wenn sie den Engländer umgebracht hat, dann kann sie das in Gottes Namen auch bei der Amerikanerin erledigen. Wir müssen ein bißchen pokern, aber versuchen sollte man es auf alle Fälle.«
    Mir blieb die Spucke weg. Cora war anscheinend nur gekommen, um mich wieder einmal bei einer heiklen Sache vor ihren Karren zu spannen. Offensichtlich war ich dämliches Aschenputtel dafür prädestiniert, Frauen wie Kathrin und Cora aus der Patsche zu helfen. In meiner Wut verfiel ich auf eine besonders blöde Ausrede: »Morgen kann ich nicht erpressen, weil ich für Kathrin den Unterricht halten muß.«
    Cora mußte kichern. »Frau Lehrerin, das ist ein schlechtes Argument, denn du wirst ja nicht länger als eine Stunde die Dozentin spielen. Abgesehen davon muß ich deinen Mut bewundern, denn mir wäre es etwas unangenehm, diese Schule zu betreten! Im übrigen sehe ich eigentlich nicht ein, daß du dich plagen mußt, nur weil Kathrin sich einen schönen Lenz in Innsbruck macht. Man soll die Stiefel, mit denen andere durch die Scheiße gelatscht sind, doch nicht selber anziehen!«
    In allen Punkten hatte Cora recht, nur war mein Mut weit geringer, als sie annahm. Ich schlug einen Kompromiß vor. »Wenn du mich zur VHS

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