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Selige Witwen

Selige Witwen

Titel: Selige Witwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Noll
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jetzt langsam«, bat ich, als wir in unsere Straße abbogen, »vielleicht sehen wir ja, ob Erik das Haus überwachen läßt. Falls Kathrin demnächst zurückkommt, darf sie sich hier nicht blicken lassen. Er wartet sicher nur darauf, sie hopp zunehme n.«
    Sofort drosselte Cora die Geschwindigkeit auf Schrittempo.
    Meine Ahnung hatte mich nicht getäuscht, denn wir sahen in einem parkenden Wagen einen Mann lümmeln, der tat, als lese er mit dunkler Sonnenbrille die Bildzeitung.
    Wenn mich meine Augen nicht trogen, dann observierte jener dubiose Typ, der vor der Toilettentür am Flughafen Wache geschoben hatte, jetzt unsere Wohnung.
    »Ein filmreifer Auftritt! Hochgestellter Kragen, Schiebermütze und Dreitagebart, das hat Stil! Schade, daß man
    nicht sehen kann, ob er Gamaschen trägt«, sagte Cora beeindruckt.
    »Paß auf, ich gehe einfach mal rein in die Wohnung, mich kennt hier niemand, und mein italienisches Nummernschild wird er kaum mit euch in Zusammenhang bringen. Du bleibst im Auto und warnst mich, falls er aussteigt.
    Für alle Fälle lasse ich dir das Handy hier... «
    Wir fanden einen Abstellplatz im absoluten Halteverbot, von wo aus ich den Mafioso gut beobachten konnte. Cora übernahm meine Schlüssel und verließ mich. »Erster Stock, zweite Tür links«, rief ich leise hinter ihr her.
    Sie war keine fünf Minuten im Haus verschwunden, und ich war noch damit beschäftigt, Steinchen aus meinen Profilsohlen zu klauben, als das Handy klingelte. »Sitzt er noch brav im Auto?« fragte sie. »Leider kann ich euer legendäres Protokoll nirgends finden! Eriks Saubermann-Aktion hat übrigens keine anhaltende Wirkung gehabt, hier ist noch mal einer drin gewesen. Zum Glück haben sie die Telefonleitung nicht gekappt.«
    »Hast du schöne Fotos gemacht? Soll ich kommen?«
    »Nein, lohnt sich nicht, ich haue jetzt sowieso wieder ab.
    Falls Eriks Schuldbekenntnis wirklich noch hier lag, dann haben sie es längst wieder in den Griffeln. Aber ich schau vorsichtshalber noch mal ins Schlafzimmer...«
    »Cora«, warnte ich, »er steigt gerade aus! Er geht aufs Haus zu! Mach dich schleunigst aus dem Staub!«
    Einen Moment lang war sie still. Dann drängte sie: »Ich kann den Typ vom Fenster aus beobachten, er wird gleich hier sein. Mach schnell, liegt im Handschuhfach nicht noch Marios schwere Taschenlampe?«
    Ich gehorchte, ohne zu überlegen. Barfüßig huschte ich hinaus. Als ich an den Stufen zur Haustür ankam, summte bereits der automatische Türöffner. Atemlos stürmte ich die Treppe hoch; der Kerl hatte vor der Tür gelauert und packte Cora gerade an den Handgelenken. »Na, wen haben wir denn hier erwischt?« fragte er. »Suchst du vielleicht nach Beutekunst?«
    Sie kam nicht dazu, ihm eine freche Antwort zu geben, weil ich mit einem Satz aus dem Hinterhalt hervorschoß und dem Typ mit der robusten Taschenlampe kräftig eins überzog.
    Cora schüttelte sich vor Lachen. »Das war große Klasse!«
    rief sie, denn der ungeladene Besucher lag blutend am Boden.
    »Du hast nichts verlernt!«
    Jetzt erst dämmerte es mir, daß ich wieder einmal auf Coras Befehl einen Mann niedergestreckt hatte; aber noch ehe ich mir Gedanken über die Leichenbeseitigung machen konnte, begann mein Opfer zu stöhnen. »Pack mal das andere Bein«, sagte Cora, »wir schleifen ihn in die Diele, denn ich möchte korrekt abschließen. Es muß ja nicht gerade jeder in eure Wohnung hereinspazieren.«
    Gesagt, getan. Dann nahm Cora ihm noch schnell seine Auto-und Hausschlüssel sowie den Metallring mit den Dietrichen weg. Bei ihrer erneuten Suche hatten die Übeltäter sogar die Tapeten von den Wänden gefetzt. Das Chaos ließen wir unangetastet, schließlich sollte auch noch ein wenig Arbeit für Kathrin übrigbleiben.
    Drei Minuten später zerriß ich den Strafzettel, der unter den Scheibenwischern klemmte; in der Ferne tauchte bereits ein Abschleppwagen auf. »Das macht Laune«, sagte Cora und gab Gas, »altes Mädchen, du bist immer noch auf Zack! Gemeinsam sind wir ein unschlagbares Team. Das müssen wir feiern.«
    Wie zwei Schulmädchen hockten wir kurz darauf in einem Cafe und alberten mit dem italienischen Kellner herum. Cora bestellte eine riesige Eisbombe, obwohl klar war, daß wir sie nicht aufessen konnten. »Bela fehlt mir«, konstatierte sie schleckend, »ich fand es immer so süß, wenn er dir das Eis auf die Bluse kleckerte. Eigentlich kann ich es nicht gutheißen, daß du ihn so mir nichts, dir nichts bei Jonas abgeliefert hast.

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