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Selige Witwen

Selige Witwen

Titel: Selige Witwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Noll
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ein paarmal vor Zorn und polterte los: »Bin ich ein Bulle? Geh doch zur Polizei mit deinen Problemen! Ich für meinen Teil habe nicht die Absicht, mich in irgendeiner Form für pflichtvergessene Mitarbeiter einzusetzen!«
    Was nun?
    Andy lief in die anderen Zimmer und holte zwecks Krisensitzung Felix, Cora und schließlich auch Max und den Hund in die Küche. Ich erklärte kurz die Sachlage: Es war schließlich gut möglich, daß Kathrin von Erik und seinen Handlangern gekidnappt worden war.
    Cora wiegelte ab, aber ich ahnte, daß es aus eigennützigen Gründen geschah. »Morgen möchte ich auf jeden Fall meine Pasta in Florenz essen«, sagte sie. »Ich werde meinen Flug unter keinen Umständen noch einmal umbuchen. Im übrigen denke ich, daß ihr schon genug für diese Kathrin getan habt.«
    Felix schloß sich an. »So unvernünftig ist Allerleirauh auf keinen Fall, daß sie ohne Begleitung vor der VHS aufmarschiert ist! Sicher kommt sie gleich zur Tür herein und lacht uns aus.«
    Der Abend nach Hugos Begräbnis endete mit einer Sauferei, denn wir hatten das Bedürfnis, sowohl seinen Tod als auch die Angst um Kathrin zu verdrängen. Wir tranken auf Adam und Eva, Romeo und Julia, auf Hugo und Charlotte, auf Hund und Katz, Cora und mich. Und Felix und Andy, die mir zu später Stunde immer mehr wie Weicheier vorkamen, konnten nicht aufhören, unseren Abschied zu bedauern.
    Schließlich hatte ich das Gefühl, schleunigst fortzumüssen, um mich nicht aus Sentimentalität für einen von beiden zu entscheiden. Also lehnte ich mich an diesem Abend an Max, unseren einzigen tough guy, machte den Hund wild vor Eifersucht und sah nur noch durch eine Nebelwand, daß Andy aufstand und uns verließ - wahrscheinlich, weil er zu müde zum Zechen war.
    Erst später erfuhr ich, daß er noch tief in der Nacht sein Versprechen eingelöst und Methadon besorgt hatte, weil er mir damit imponieren wollte.
    Cora ließ es sich nicht nehmen, ihren Schlitten selbst zum Flughafen zu steuern; sie hatte nur eine rote Lacktasche bei sich, ihren Koffer sollte ich im Auto mitnehmen. Leicht wie ein Zugvogel konnte sie nach Florenz davonfliegen, während ich die Ochsentour mit meinem Kind ohne Unterstützung bewältigen mußte.
    Da Coras Flug enorme Verspätung hatte, standen wir frustriert in der Eingangshalle herum, als niemand anderes als Sven Hilter in Begleitung seiner thailändischen Frau an uns vorbeihastete. In ihren überhohen Stöckelschuhen konnte sie kaum Schritt halten. »Cora«, zischte ich, »siehst du den Dickwanst dort? Das ist der Schuft, dem ich die versengten Fußsohlen verdanke! Er wird doch wohl nicht hier nach mir suchen?«
    »Den schau ich mir mal genauer an«, sagte meine Freundin.
    »Komm, wir nehmen unsererseits die Verfolgung auf!«
    Im Kielwasser meines Feindes gelangten wir zum Meeting point und warteten mit anderen Abholern auf die Maschine aus Bangkok, deren Flugnummer bereits auf der Tafel blinkte. Dort entdeckte mich Seng Aroon, die Thaifrau: Von ihrem Ehemann abgewandt, legte sie den linken Zeigefinger an den Mund und deutete mit dem rechten auf das nächste Toilettenschild. Sie flüsterte ihrem Begleiter etwas zu, was ihn sichtlich verdroß, und stöckelte in Richtung Klo. Ich informierte Cora und folgte der zierlichen Frau unauffällig.
    Kaum hatten wir die Damentoilette erreicht, zupfte sie mich aufgeregt am Ärmel. »Very danger, miss!«
    Wußte sie, wo Kathrin war?
    »Other miss my house«, flüsterte sie.
    Ich reichte ihr einen Kugelschreiber und den Parkschein, auf den sie ihre Anschrift in ungelenken Blockbuchstaben eher
    malte als schrieb. Bevor wir uns trennten, versuchte sie erneut, mich durch ein beschwörendes Zeichen zum Stillschweigen zu verpflichten.
    Als die Reisenden aus Bangkok eintrafen, begrüßte Seng Aroon drei Thailänderinnen offenbar in der Landessprache, Hilter legte ihre Koffer auf einen Trolley, und beide geleiteten die Neuankömmlinge zur Tiefgarage, wie wir annahmen.
    »Kathrin ist in großer Gefahr! Höchstwahrscheinlich wird sie von dieser Speckschwarte gefangengehalten«, sagte ich zu Cora, »aber ich habe die Adresse, falls es nicht eine Falle ist und die Thaifrau mich reinlegen will. Wir müssen sofort etwas unternehmen.«
    Cora nickte und sah auf die Uhr: Sie hatte noch vier Stunden Zeit. »Schnell ins Auto«, befahl sie, »im Moment ist wenig Verkehr. Wir haben eine Chance.«
    Es dauerte eine geraume Zeit, bis wir die Parkgebühr bezahlt und mit dem Fahrstuhl das dritte

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