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Shadow Touch

Titel: Shadow Touch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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sterben. Ich glaube, dass Sie ein sauberes, schnelles Ende wollen, etwas Süßes, Gnadenloses. Das ist der einzige Grund für Ihr dummes Verhalten.« Sie beugte sich vor. »Aber diesen Gefallen tue ich Ihnen nicht.«
    Darauf hatte Artur gesetzt. Es war nett, zu wissen, dass er jemanden beleidigen konnte, ohne Vergeltung fürchten zu müssen. Oder zumindest keine andere Vergeltung als die, mi t der er rechnete.
    Jemand klopfte an die Tür. Der Mann mit der blutbesprenkelten Hose steckte den Kopf in den Raum. Er war leichenblass.
    »Sie ist in der Einrichtung«, verkündete er.
    Graves’ Verhalten änderte sich schlagartig. Sie entspannte die Schultern und atmete tief aus. Dann sah sie auf Artur herunter, und ihr Lächeln, entspannt, aufrichtig, verursachte ihm eine Gänsehaut.
    »Entzückend«, sagte sie. »Kommt sie sofort hierher, oder geht sie erst zu einem ihrer anderen Projekte?«
    »Hierher.« Der Mann sah aus, als wollte er gleich weglaufen. Er warf einen Blick hinter sich in den Korridor. Artur hörte das Rollen von Gummirädern.
    Graves ging zur Tür und zog sie weit auf. Der Mann wich stolpernd vor ihr zurück; sie warf ihm einen harten Blick zu, woraufhin er sich umdrehte und sich hastig entfernte. Weg, nur weg - Artur konnte es ihm nicht verdenken.
    Graves trat in den Korridor. Artur lauschte auf die Räder, und dabei tauchte eine Erinnerung von Charles Darling in ihm auf, ein Gesicht, umrahmt von blonden Locken. Er wusste also, was kam: die Spinne, die über die schwarzen Fäden ihres Netzes kroch ...
    Graves kam wieder herein und trat zur Seite, als eine zerbrechliche Gestalt in einem Rollstuhl in der Tür auftauchte. Artur musste sie nicht berühren. Er kannte die Wahrheit, als sie in den Raum rollte und anhielt, ihn mit schwarzen, bodenlosen Augen anstarrte. Sie waren fremdartig, schwarze Pupillen und eine Iris, die von Weiß umgeben war, bis Artur, als er ihr Gesicht musterte, nur noch diese tiefe, endlose Dunkelheit sah, die am Rand seines Bewusstseins saugte.
    Den Rest der Frau nahm er nur vage wahr: den hageren Körper in dem glänzenden Rollstuhl, den schwarzen Hosenanzug mit den funkelnden Diamanten in den Knöpfen. Sie war weder jung noch alt, sie schien alterslos.
    »Mr. Loginov«, sagte Graves leise. »Ich möchte Ihnen meine Geschäftspartnerin vorstellen, Miss Beatrix Weave.«
    »Ich glaube, wir haben uns bereits kennengelernt«, erwiderte Artur.
    Miss Weave lächelte.

8
    Endlos und unsterblich.
    »Lassen Sie uns allein!«, befahl Miss Weave. Graves sagte nichts, sondern entfernte sich wie der sprichwörtliche Speichellecker. Artur wurde klar, dass Graves trotz ihrer offen gezeigten Macht nur ein Werkzeug war, ein Mittel zum Zweck. Und für die Frau im Rollstuhl letztlich unbedeutend.
    Als Graves die Tür schloss, begegnete sie Arturs Blick. In ihren Augen lag keinerlei Triumph, nur ruhige Gewissheit, als wäre das Ende bereits gekommen oder über das Ende seines Lebens schon entschieden. Trotzdem konnte sich Artur des Gefühls nicht erwehren, dass es eher Graves war, die aufpassen musste. In solchen Organisationen war das Überleben der eigenen Nützlichkeit die häufigste Todesursache unter sonst kerngesunden Individuen. Über sich selbst gab sich Artur diesbezüglich keinerlei Illusionen hin.
    Schweigen breitete sich aus. Artur lag nach wie vor nackt auf den Tisch geschnallt, seine Kleidung in einem Bündel auf dem Schoß, und lauschte den Atemzügen von Miss Weave. Er lauschte Elena. Hörte Marilyn weinen.
    Miss Weave betrachtete ihn. Artur konnte seinen Blick nicht von ihren unmenschlichen Augen losreißen. Dann lächelte sie. Es war grauenhaft, der atemberaubend schönste und vollkommene Horror, und als sie sprach, klang ihre Stimme so melodisch wie ein dumpfes Glockenspiel. »Ich hatte überlegt, den ersten Versuch mit Ihnen zu machen. Jetzt weiß ich, dass es ein Fehler war. Ihr Geist ist zu stark, die Sicherungen Ihrer Geheimnisse zu mächtig. Kompliment an Ihren Konstrukteur, wer auch immer das sein mag.« Sie hatte einen schwachen, aber erkennbaren französischen Akzent.
    Artur holte tief Luft durch die Nase; er nahm den Duft von Lilien wahr. Sein Rachen tat noch immer weh. »Sie sind der Boss, die Chefin dieses Konsortiums, richtig?«
    »Das bin ich.«
    »Dann frage ich Sie: Warum? Warum haben Sie sich diese Mühe gemacht? Wenn Sie uns kennenIernen wollten, hätten Sie doch einfach an unsere Tür klopfen können. Mit uns reden können, Fragen stellen. Wir hätten sie vielleicht

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