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Shadow Touch

Titel: Shadow Touch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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nach. Er blieb erst stehen, als Artur ihm den Weg versperrte. Er hatte seine Handschuhe ausgezogen, sie in die Taschen seines Overalls gestopft und streckte jetzt seine gefesselten Hände aus. Rictor zögerte.
    »Nicht«, sagte er. »Fassen Sie mich nicht an.«
    »Lassen Sie sie los«, befahl Artur. »Wenn Sie sie gehen lassen, können Sie Ihre Geheimnisse behalten.«
    »Vorher würde ich Sie töten.«
    »Es ist nur eine Berührung nötig. Nur eine. Ich stehe zu meinem Wort, Rictor. Das wissen Sie.« Er berührte seine Stirn. »Wie viel sind Ihre Geheimnisse wert?«
    »Wie viel sind Ihre Gestaltwandler wert?« Rictors Stimme klang hart. »Denn je länger wir hier stehen und reden, desto sicherer wird einer von ihnen sterben. Wenn das passiert, kann ich Ihnen nicht mehr helfen. Dann haben Sie Ihr einziges Ticket aus dieser Mistgrube verspielt.«
    »Ich traue Ihnen nicht«, erklärte Artur.
    »Erzählen Sie das ihr.« Rictor deutete auf Elena. »Sie denkt an nichts anderes.«
    »Das kann Sie ja wohl kaum überraschen«, sagte sie. »Und außerdem ist es ganz und gar unhöflich, Gedanken zu lesen.«
    »Ganz und gar«, knurrte er sarkastisch. »Und jetzt bewegen Sie sich endlich, verflucht.«
    Aus irgendeinem Grund ließ Artur ihm das durchgehen. Er trat zur Seite. Als Rictor an ihm vorbeilief und Elena hinter sich herzog, packte Artur ihr anderes Handgelenk. Seine Hände waren warm. Etwas schlang sich um ihr Herz, sanft und stark. Ich bin hier, Elena, sagte er in ihrem Kopf. Ich bin da.
    Rictor ließ sie los, sah sie jedoch nicht an. »Da kommt jemand.« Sie liefen weiter. Artur rannte mühelos, mit einer lässigen, natürlichen Anmut. Elena sah, wie er ihren Hals musterte, und fragte sich, wie er wohl aussah.
    »Wo ist Charles Darling?«, fragte Artur. Seine Stimme klang leise und fast erstickt vor Wut.
    »Dafür haben Sie keine Zeit«, erklärte Rictor. »Er befindet sich in einem anderen Teil der Einrichtung. Vergessen Sie ihn.«
    »Sie wird ihn uns auf den Hals hetzen.«
    »Verdammt noch mal! Können Sie nicht ein Problem zur Zeit lösen? Elena lebt. Sie hätte ihn fast umgebracht. Belassen Sie es dabei, bis Sie hier weg sind!«
    Das gefiel Artur ganz und gar nicht, aber Elena schüttelte den Kopf. Es war eben nicht der richtige Zeitpunkt. Trotzdem schoss ihr der Gedanke durch den Kopf, ob noch andere Gefangene hier schmoren mochten, denen sie helfen könnten. Es kam ihr nicht richtig vor, jemanden hier zurückzulassen.
    »Es sind nur vier, mit Ihnen beiden.« Rictor schien nach wie vor nicht davor zurückzuschrecken, einfach in ihren Geist einzudringen. »Der Arzt hat sich der unbedeutenderen Subjekte vor zwei Wochen entledigt, um sich auf Ihre Ankunft vorzubereiten. Er wollte nicht mehr Leute in der Einrichtung haben als unbedingt notwendig. Er hält wohl nichts davon, Ressourcen zu erhalten.«
    »Er hat sich ihrer entledigt?«, wiederholte Elena. »Sie meinen, er hat sie umgebracht?«
    »Wie Hunde«, bestätigte er. »Ihre Leben waren im Vergleich zu den Ihren wertlos. Warum sollte man die Sterne auf dem Papier studieren, wenn man einen in der Hand halten kann?«
    »Weil Letztere einen verbrennen können«, erklärte Artur. Rictor grinste grimmig. Sie bogen in einen angrenzenden Flur ab. An dessen Ende befand sich ein Aufzug. Rictor legte die Hand auf eine breite Plastikscheibe, und die Türen glitten auf. Als Elena in den Aufzug trat, dachte sie an Charles Darling, den Arzt und die geheimnisvolle L’Araignee. Es war einfach nicht zu fassen.
    Ich glaube, wir flüchten tatsächlich. Vielleicht, mit etwas Glück ... Mit Hilfe eines kleinen Wunders.
    Die Türen schlossen sich. Elena drehte sich der Magen um.
    »Runter auf Ebene eins?«, erkundigte sich Artur. Rictor nickte. Er starrte Elena an. Seine Augen glühten.
    »Warum sind Sie hier?«, fragte sie ihn. Sie konnte ihren Blick nicht von diesen seltsam unmenschlichen Augen losreißen. Was sind Sie, Rictor? Warum zum Teufel sehen Sie mich so an?
    »Dummheit«, erwiderte er. Noch vager hätte er schwerlich antworten können. »Ich habe ja gesagt, als ich hätte nein sagen sollen.«
    »Der Wurm?«, wollte Artur wissen.
    Rictor schüttelte den Kopf. »Schlimmer. Etwas, das mich an diesen Ort bindet. Jedenfalls noch eine Weile. Meine Zeit läuft ab. Ein Mann wie ich kann nur eine begrenzte Zeit Ketten ertragen.«
    »Ein Mann wie Sie?«, meinte Elena und fuhr fort: »Warten Sie mal! Sie kommen doch mit uns, oder? Helfen Sie uns nicht zu entkommen, damit Sie ebenfalls

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