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Shadow Touch

Titel: Shadow Touch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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verschiedenen Bäumen. Andersartigkeit war etwas Relatives, und verglichen mit einem Mädchen, das Krankheiten zu heilen vermochte, oder Gestaltwandlern, die sich in Tiere verwandeln konnten, wirkte der Rest der Welt wie Früchte - und sie selbst war der psychedelische Pilz. Etwa wie ein radikales Landei.
    »Elena?« Artur wartete darauf, dass sie ihren Satz beendete.
    »Mein Leben hat sich verändert«, sagte sie nur. Als sie diese eigenen Worte hörte, hätte sie am liebsten geweint. »Ich kann nie wieder nach Hause gehen. Ich kann nie wieder dieselbe Person sein. Nicht nur, weil das Konsortium mich finden könnte, sondern weil ... meine Augen jetzt größer sind. Weil ich Dinge weiß.«
    »Bedauerst du, dass du dieses Wissen besitzt?«
    »Nein.« Sie zögerte. »Vielleicht doch. Manchmal ist Unwissenheit auch ein Segen.«
    Artur lächelte grimmig. »Ich habe mich immer nach einer gewissen Ignoranz gesehnt, aber ich sollte wollte dankbar sein, dass ich sie nie besessen habe. Sonst wäre ich schon tot.«
    Elena wusste nicht, was sie darauf antworten sollte, also schwieg sie. Einige Minuten später parkte Artur den Lieferwagen vor einem schäbigen kleinen Gebäude. Ein großes Schild hing über der angeschlagenen, mit abblätterndem Gold verzierten Tür. Über der langen Reihe kyrillischer Buchstaben las Elena die lateinischen Buchstaben: HOTEL EKVATOR: RUSSISCHE BEHAGLICHKEIT.
    »Dieser Laden gehört meinen alten Kontaktleuten«, erklärte Artur. »Die Zimmer sind nicht schlecht, aber Mikhail verschwendet nur ungern seine Rubel für Renovierungen. Er hält das für Vergeudung.«
    »Klar.« Elena hörte ein bedrohliches Knacken aus einem Hotelzimmer weit über ihr. Sie wollte schon aussteigen, aber Artur legte ihr seine Hand auf den Arm.
    »Nein, Elena. Du bleibst hier bei den anderen. Ich bin nicht sicher, wie ich empfangen werde.«
    »Ich bleibe aber nicht hier«, widersprach sie und warf einen Blick auf die Gestaltwandler. Amiri schien bereit, aus dem Lieferwagen zu springen, und auch Rik wirkte wach und aufmerksam. Sie fragte sich, wie viel sie von ihrem Gespräch mitgehört hatten. »Was ist mit euch, Jungs?«
    »Ich lasse Sie auf keinen Fall aus den Augen«, meinte Rik. »Sie könnten mich als Thunfischsteak verkaufen.«
    »Ich bin sicher, dass es hier sehr gute Fischrestaurants gibt«, erwiderte Elena und bemerkte das kurze Lächeln, das Amiri nicht ganz verbergen konnte. Rik runzelte die Stirn. Artur ebenfalls.
    »Es ist gefährlich.«
    »Ich dachte, du stehst auf gefährliche Frauen«, konterte Elena und sprang aus dem Wagen, bevor er noch etwas sagen konnte.
    Amiri und Rik kletterten aus der Seitentür. Alle vier boten wahrlich ein beeindruckendes Bild. Elena konnte sich in etwa vorstellen, wie sie selbst aussah, mit ihrer brutalen Frisur und in ihrem Pullover und dem Rock, die beide drei Nummern zu groß waren. Die Männer sahen zwar alle unglaublich gut aus, wirkten aber wie Soldaten, die aus einem langen Krieg zurückgekehrt waren. Es war merkwürdig, die drei am helllichten Tag auf einer belebten Durchgangsstraße zusammenstehen zu sehen. Elena hatte sich zwar an ihre Gefährten gewöhnt, aber hier in der Öffentlichkeit, unter ganz gewöhnlichen Menschen, wirkten sie so fremdartig wie Aliens. Selbst Artur sah trotz seiner normalen Frisur und den normalen Augen ... anders aus. Mehr als menschlich. Außergewöhnlich.
    Magie. Ich bin von Magie umgeben.
    »Seid ihr sicher?«, erkundigte sich Artur.
    »Sind wir«, antwortete Amiri. »Und eine andere Antwort bekommen Sie nicht.«
    Sie betraten mit Artur an der Spitze das Hotel. Elena wünschte sich, eine bessere Kämpferin zu sein. In diesen Actionfilmen sah das alles immer so leicht an. Ein guter Tritt, ein harter Schlag, ein bisschen Mumm und dann jede Menge Ruhm.
    In der Realität bedeutete es viel Rennerei, eine gute Dosis Erschöpfung, garniert mit Gefahr und unverfälschter Angst - und keine Möglichkeit, sich zu beklagen, weil das kindisch wäre, und niemand wollte gern als Jammerlappen gelten. Das nervte einfach. Elena erhob zwar keinen Anspruch auf ein leichtes Leben, aber das hier war doch wirklich lächerlich.
    Hinter der Rezeption saß eine junge Frau. Sie sah aus, als wäre sie einem Strandfilm der Fünfzigerjahre entsprungen: keck, blond, mit einer süßen Stupsnase und knallrotem Lippenstift. Als sie die Lobby betraten, hörte sie auf, sich die Nägel zu feilen. Ihr Mund formte ein vollkommenes O.
    »Wir wollen zu Mikhail Petrovich«,

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