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Shardik

Titel: Shardik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Adams
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gerät, weil sie auf die unerwünschte Aufmerksamkeit von Freunden der Familie antworten soll. Sie wollte sich schon entfernen, als der Neuankömmling seinen schönen Kopf neigte und mit unverändert freundlich herablassender Art durch die Menge ging und neben Sheldra trat.
    »Ich bin nämlich höchst begierig, es zu erfahren, denn wenn ich nicht irre, ist die Armee des Generals derzeit in der Provinz Lapan, und jegliches Mißgeschick, das sie trifft, wäre gewiß auch das meine. Unter diesen Umständen wirst du bestimmt meine Aufdringlichkeit entschuldigen.«
    Sheldras gemurmelte Antwort schien weniger zu einer königlichen Botin als zu einer linkischen, mißgelaunten Aufwartefrau in einer Bauernküche zu passen.
    »Ich glaube, das heißt, ich habe gehört, daß er bei der Armee geblieben ist. Er kommt bald.«
    »Danke«, sagte der große Mann. »Er hatte zweifellos einen Grund, oder? Ich weiß, du hilfst mir gern, wenn du kannst.«
    Sheldra schüttelte den Kopf wie eine von Fliegen geplagte Stute.
    »Der Feind in Ikat – General Erketlis – General Ged-la-Dan wollte alles in völliger Sicherheit zurücklassen, bevor er nach Bekla aufbrach. Und nun, meine Herren, muß ich euch verlassen – «
    Sie drängte sich beinahe gewaltsam an ihnen vorbei und verließ den Garten mit linkischer und geradezu unschicklicher Hast.
    Der Mann mit dem Korngarben-Waffenrock schlenderte weiter zu dem Gebüsch am See, blickte hinüber zu den pickenden Kranichen und spielte mit einer mittels einer zarten Goldkette an seinem Gürtel befestigten silbernen Parfumdose. Er fröstelte im Wind, zog seinen Mantel enger um sich und hob den Saum mit Eleganz und Grazie, fast wie ein Mädchen auf einem Tanzboden, über das feuchte Gras. Er war stehengeblieben, um das violett getüpfelte, frostige Glitzern an den Blütenblättern einer früh blühenden Saldis zu bewundern, da zupfte ihn jemand von hinten am Ärmel. Er warf einen Blick über die Schulter. Der Mann, der seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte, stand dort und erwiderte grinsend seinen Blick. Er wirkte derb, irgendwie mitgenommen und hatte das skeptische Aussehen eines Mannes, der viel erlebt hat, in einer harten Schule zu Erfolg und Wohlstand gelangt ist und beides mit einer gewissen Gleichgültigkeit betrachtet.
    »Mollo!« rief der große Mann und breitete die Arme zu einer Willkommensgeste aus. »Mein lieber Freund, ist das aber eine hübsche Überraschung! Ich dachte, du seist in Terekenalt – jenseits des Vrakos – in den Wolken – überall, nur nicht hier. Wenn ich in dieser scheußlichen Stadt nicht halb erfroren wäre, könnte ich dir die ganze Freude zeigen, die ich empfinde, nicht nur die halbe.«
    Darauf umarmte er Mollo, der ein wenig verlegen schien, es aber doch gut aufnahm; dann hielt er Mollos Hand in Armlänge, als tanzten sie in einem höfischen Zeitmaß, bückte ihn von oben bis unten an, schüttelte langsam den Kopf und fuhr, wie er begonnen hatte, auf Yeldashay fort, der Sprache Ikats und des Südens:
    »Heruntergekommen, heruntergekommen! Offensichtlich voll abgebrochener Pfeilspitzen von Stammesangehörigen und miesem Fusel aus den Baracken dort drüben. Man fragt sich, warum die Pfeillöcher nicht etwas von dem Schnaps abfließen lassen. Aber komm doch, erzähle mir, wieso du hier bist – und wie es Kabin geht und all den fidelen Jungs dort am Wasser.«
    »Ich bin jetzt Kommandant von Kabin«, antwortete Mollo grinsend, »die Stadt hat demnach an Ansehen in der Welt verloren.«
    »Mein Lieber, ich gratuliere dir! So haben sich also die Wasserratten die Dienste eines Wolfes gesichert? Sehr vernünftig, sehr vernünftig.« Er summte ein paar Zeilen:
     
    »Zu seinem Weibe sprach der nette alte Viehdieb eben
    (Schrumm, summ, dideldumm)
    Von nun an will ich nur mehr sorglos leben – «
     
    »Genau«, sagte Mollo grinsend. »Nach der kleinen Angelegenheit in den Sklavenkriegen, in die wir verwickelt waren – «
    »Als du mir das Leben rettetest – «
    »Als ich dir das Leben rettete (Gott steh mir bei, ich muß verrückt gewesen sein), konnte ich nicht in Kabin bleiben. Was gab es dort für mich? Mein Vater saß schwachsinnig im Kaminwinkel, und mein älterer Bruder sorgte gründlich dafür, daß Shrain und ich nichts aus dem Besitz erhielten. Shrain stellte vierzig Mann zusammen und schloß sich mit ihnen der beklanischen Armee an, aber mir paßte das nicht, und ich beschloß, weiter fortzugehen. Pfeilspitzen und Fusel – ja, du hast recht, so

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