Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Shardik

Titel: Shardik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Adams
Vom Netzwerk:
Geheimnis, das er durch Shardik erfahren sollte, das Lebensgeheimnis, das er nie gefunden hatte – das, fühlte er, war keine Einbildung. Er hatte es nicht mit seiner unerkannten Liebe zu Melathys verwechselt. Doch – und nun runzelte er verwundert und unsicher die Stirn – auf irgendeine geheimnisvolle Weise hingen die beiden zusammen. Vielleicht hätte es ihm schließlich gelingen können, das erste mit Hilfe der zweiten zu finden.
    Die Eroberung von Bekla erwies sich, wie die Tuginda vorausgesagt hatte, als unabhängig von Shardiks Wahrheit und hatte nur dazu gedient, die Suche nach dieser Wahrheit und deren göttliche Offenbarung zu verhindern. Nun, da Shardik für immer verloren war, war er, wie ein Betrunkener in einem Graben, erwacht und erinnerte sich seiner Torheit, während aus dem Zaubermädchen zwischen den Feuerschüsseln eine Entehrte und Flüchtige geworden war, die Angst, Wollust und Gewalt kennengelernt hatte. Irrtum und Schande waren, wenn er es überlegte, das unentrinnbare Los der Menschheit; aber es tröstete ihn doch der Gedanke, daß Melathys auch Teil an diesem bitteren Erbe gehabt hatte. Wenn er ihr irgendwie das Leben retten und sie sowie die Tuginda in Sicherheit bringen könnte, dann dürfte er vielleicht endlich die Verzeihung der Tuginda erbitten und, falls Melathys einwilligte, mit ihm zu kommen, weit fort reisen und alles, sogar den Namen Shardiks, vergessen, dessen er sich so unwürdig gezeigt hatte.
    Er hörte Melathys auf der anderen Seite des Hofes rufen, ging hinaus und öffnete die Tür. Das Mädchen berichtete, daß Farrass und Thrild, die Gefolgsleute des Barons, die sie für die Vertrauenswürdigsten hielt, bereit seien, mit ihm zu sprechen, wenn er mit ihnen zusammenkommen wollte. Er bat Ankray, ihn nochmals als Führer zu begleiten, und machte sich auf den Weg quer durch Zeray. Er war trotz allem, was er gehört hatte, nicht gefaßt auf die Verwahrlosung und den Schmutz, auf die mürrischen Gesichter der halb Verhungerten, die ihn beim Vorbeigehen anstarrten, auf die Ausdünstungen von Not, Furcht und Gewalt, die schon aus dem Schmutz am Boden aufzusteigen schienen. Die Menschen, an denen er am Ufer vorbeikam, waren hohlwangig, saßen oder lagen mit grauen Gesichtern und starrten auf das in der Flußbettmitte vorbeiströmende böige Wasser und auf das verlassene Ostufer gegenüber. Er sah keine Läden und niemanden, der ein Handwerk ausgeübt hätte, nur ein zitterndes, dickbäuchiges Kind mit einem Korb, das knietief im seichten Wasser watete und gebückt nach etwas suchte – wonach, konnte Kelderek nicht erkennen. An seinem Ziel angelangt und wie aus einem Traum erwachend, erinnerte er sich an wenige Einzelheiten, nur an einen unbestimmten, mehr gefühlten als beobachteten Eindruck von Bedrohung und an böse Blicke, denen er nicht begegnen wollte. Er war ein paarmal stehengeblieben, um sich umzusehen, doch Ankray hatte ihm, ohne ihn ausdrücklich zu warnen, zu verstehen gegeben, sie sollten lieber ihren Weg fortsetzen.
    Farrass, ein hochgewachsener Mann mit magerem Gesicht, zerrissenen Kleidern, die für ihn zu klein waren, und einer Keule am Gürtel, saß der Länge nach, einen Fuß hochgezogen, auf einer Bank, blickte Kelderek wachsam an und betupfte dauernd mit einem Fetzen eine nässende Wunde an seiner Wange.
    »Melathys sagte, du seist der ortelganische König von Bekla.«
    »Das ist richtig, aber ich heische hier keine Autorität.« Thrild, ein dunkelhaariger, schlanker Mann mit raschen Bewegungen, lehnte grinsend am Fensterbrett und kaute an einem Kienspan.
    »Um so besser, denn hier gibt es nicht viel davon.« Farrass zögerte; wie jedermann östlich des Vrakos verhielt er sich bei Fragen über die Vergangenheit vorsichtig. Endlich sagte er, die Schultern hochziehend wie einer, der sich entschließt, etwas Unangenehmes hinter sich zu bringen: »Wurdest du abgesetzt?«
    »Ich fiel in Kabin der Armee von Yeldashay in die Hände. Sie schonten mein Leben, schickten mich aber über den Vrako.«
    »Santils Armee?«
    »Ja.«
    »Die sind in Kabin?«
    »Vor sechs Tagen waren sie dort.«
    »Weshalb haben sie dich geschont?«
    »Einer ihrer leitenden Offiziere überredete sie. Er hatte seine Gründe.«
    »Und du hast dich entschlossen, nach Zeray zu kommen?«
    »Ich traf im Wald eine ortelganische Priesterin, eine Frau, mit der ich früher befreundet war. Sie suchte – nun, sie suchte Bel-ka-Trazet. Jetzt liegt sie krank im Hause des Barons.«
    Farrass nickte. Thrild

Weitere Kostenlose Bücher