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Shardik

Titel: Shardik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Adams
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Priesterin holen zu lassen, und du kannst dein Glück bei ihnen versuchen, wenn sie kommen. Was erwartest du noch? Wir sind hier in Zeray.«
     

45. In Zeray
     
    »Verdammte Feiglinge«, sagte Melathys, »und der Baron liegt noch keine vierzig Tage in seinem Grab! Wäre ich General Santil, ich würde sie nach Zeray zurückschicken und am Ufer hängen lassen. Sie könnten sehr wohl den Ort sechs Tage lang halten. Das wäre Zeit genug, daß jemand nach Kabin durchkäme und mit hundert Soldaten zurückkehrte. Doch nein, sie laufen lieber davon.«
    Kelderek wandte ihr den Rücken zu und starrte in den kleinen Hof. Er sagte behutsam: »Wie die Dinge liegen, solltest du mit ihnen gehen.«
    Sie antwortete nicht, und nach einer Weile wandte er sich um. Sie erwartete lächelnd seinen Blick. »Nein. Es ist wirklich selten, daß einer so Unwürdigen, wie ich es bin, eine zweite Chance geboten wird. Ich beabsichtige nicht, die Tuginda ein zweites Mal im Stich zu lassen, das kannst du mir glauben.«
    »Wenn du mit Farrass und Thrild nach Kabin gelangst, bist du gerettet. Sobald sie von hier fort sind, bist du nicht mehr in Sicherheit. Das mußt du dir sehr ernsthaft überlegen.«
    »Unter diesen Bedingungen wünsche ich keine Sicherheit. Dachtest du, ich hätte am Grab des Barons in einem hysterischen Anfall gesprochen?«
    Er wollte noch etwas sagen, da ging sie zur Tür und rief nach Ankray.
    »Ankray, die Leute vom Baron gehen heute oder morgen von hier nach Kabin. Sie hoffen, dort die Armee Santil-ke-Erketlis’ zu treffen. Ich glaube, du solltest, im Interesse deiner Sicherheit, mit ihnen gehen.«
    »Gehst du denn auch mit, Saiyett?«
    »Nein. Der Herr Kelderek und ich, wir bleiben bei der Tuginda.«
    Ankray blickte von der einen zum anderen und kratzte sich am Kopf.
    »Sicherheit, Saiyett? Der Baron sagte immer, General Erketlis werde eines Tages hierherkommen, nicht wahr? Deshalb schickte er den jungen Elstrit – «
    »General Erketlis kommt vielleicht noch, wenn wir Glück haben. Aber Farrass und die anderen wollen lieber hingehen und ihn dort aufsuchen, wo er ist. Es steht dir frei, mit ihnen zu gehen, und wahrscheinlich wäre es für dich das sicherste.«
    »Verzeih, Saiyett, wenn ich dir sage, daß ich daran zweifle – mit diesen Leuten. Ich bleibe lieber hier unter Ortelganern, wenn du verstehst, was ich meine. Der Baron sagte immer, General Santil werde kommen, und da meine ich eben, er wird kommen.«
    »Wie du willst, Ankray«, sagte Kelderek. »Wenn er aber nicht kommt, wird Zeray noch gefährlicher für uns alle werden.«
    »Nun, Herr, ich denke, wenn es dazu kommt, müssen wir eben allein nach Kabin gehen. Aber der Baron hätte nicht gewollt, daß ich die ortelganischen Priesterinnen ihrem Schicksal überlasse, sogar wenn du ihnen hilfst.«
    »Du hast also keine Angst davor hierzubleiben?«
    »Nein, Herr«, antwortete Ankray. »Der Baron und ich, wir hatten vor keinem in Zeray Angst. Der Baron sagte immer: ›Ankray, denke nur immer daran, daß du ein gutes Gewissen hast, sie aber nicht.‹ Gewöhnlich – «
    »Gut«, sagte Kelderek, »ich freue mich, daß du das willst. Glaubst du aber«, fragte er, zu Melathys gewandt, »sie könnten versuchen, dich zu zwingen, mit ihnen zu gehen?«
    Sie starrte ihn feierlich, mit weit geöffneten Augen an, so daß er wieder das Mädchen vor sich sah, das Bel-ka-Trazets Schwert gezogen und ihn gefragt hatte, was es sei.
    »Sie können versuchen, mich zu überreden, aber ich bezweifle es. Ich habe das Fieber von der Tuginda bekommen, verstehst du, und das beweist doch, daß es sehr ansteckend sein muß. Das werden wir ihnen sagen, falls sie kommen sollten.«
    »Bete zu Gott, daß du es nicht wirklich bekommst«, sagte Kelderek. Er merkte mit einer Welle leidenschaftlicher Bewunderung, daß ihr eher freudig als zielstrebig gefaßter Entschluß, trotz allem, was sie über Zeray wußte, dort zu bleiben, ihr keine Angst, sondern Stolz über die Wiedererlangung ihrer Selbstachtung brachte. Ihr war das Auftauchen der Tuginda auf dem Friedhof zuerst als Wunder erschienen, dann als ein Akt kaum faßbarer Liebe und Großmut; und obgleich sie nun die wahre Geschichte von der Reise der Tuginda kannte, schrieb sie sie dennoch Gott zu. Wie ein bestrafter Soldat, dessen Kommandant ihn plötzlich aus der Haft kommen läßt, ihm seine Waffen wiedergibt und ihm befiehlt, seinen guten Namen auf dem Schlachtfeld wieder reinzuwaschen, so wurde sie von der Erkenntnis getragen, daß Feinde,

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