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Shardik

Titel: Shardik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Adams
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sein wie fünf Ochsen, daß du das fünfzehn Kilometer weit tragen konntest.«
    »Achte auf die Angelhaken und die Messerklingen, Herr«, sagte Ankray. »Sie sind unverpackt, aber ich weiß ja, wo ich sie hintat.«
    »Nun, was immer du zu berichten hast, zuerst wollen wir essen«, sagte Kelderek. »Wenn du damit dein Ja gemeint hast, wollen wir uns daran gütlich tun, bevor du mit dem Nein beginnst. Komm, trink von dem Wein, den du gebracht hast; auf dein Wohl!«
    Es dauerte eine gute Stunde, bis die Mahlzeit zubereitet und verzehrt war. Ankray und Kelderek gingen rund um das Haus, kontrollierten die verriegelten Fensterläden von außen und vergewisserten sich, daß alles ruhig war; als sie zurückkamen, fanden sie, daß Melathys noch zwei Lampen aus der Küche ins Zimmer der Tuginda gebracht hatte. Die Tuginda empfing Ankray und dankte ihm, lobte seine Kraft und Tapferkeit und befragte ihn so herzlich und aufrichtig, daß er bald begann, ihr so zwanglos von den Abenteuern des Tages zu berichten, wie er es dem Baron erzählt hätte. Sie sagte ihm, er solle sich einen Schemel holen und Platz nehmen, und das tat er völlig ungezwungen.
    »Erinnert man sich des Barons noch freundlich in Lak?« fragte Melathys.
    »Ach ja, Saiyett«, antwortete Ankray. »Einige haben mich gefragt, ob sie gefahrlos herkommen könnten, um ihm gewissermaßen am Grab die Ehre zu erweisen. Ich sagte, ich würde einen Tag mit ihnen verabreden und mit ihnen gehen, damit sie den richtigen Platz finden. Die Leute in Lak haben eine hohe Meinung vom Baron.«
    »Hattest du Gelegenheit, ihnen zu erzählen, was vorgefallen ist, oder zu erfahren, ob wir vielleicht hingehen könnten?«
    »Also, das ist es ja eben, Saiyett: ich kann nicht sagen, daß mir das recht gelungen ist. Ich konnte nicht mit dem Dorfoberhaupt sprechen und auch mit keinem der Ältesten. Alle scheinen von der Bärenangelegenheit mächtig in Anspruch genommen. Sie hielten eine Art Beratung darüber ab, und die war noch im Gang, als ich mich auf den Rückweg machen mußte.«
    »Der Bär?« fragte Kelderek scharf. »Welcher Bär? Was meinst du damit?«
    »Niemand weiß, was er davon halten soll, Herr«, antwortete Ankray. »Man sagt, es ist Hexerei. Alle haben Angst, denn in der Gegend hat es noch nie einen Bären gegeben, und soviel ich verstehe, ist dieser kein natürliches Geschöpf.«
    »Was hat man dir erzählt?« fragte Melathys, bleich bis zu den Lippen.
    »Also, Saiyett, vor ungefähr zehn Tagen begannen die nächtlichen Überfälle auf das Vieh – Hürden wurden zerbrochen und Tiere getötet. Eines Morgens wurde ein Mann mit eingeschlagenem Schädel gefunden, und ein andermal war ein Baumstamm, den drei Männer nicht schleppen könnten, aus einer Öffnung gehoben worden, die er versperren sollte. Man fand die Spuren eines großen Tieres, aber keiner wußte, wovon sie stammten, und alle wollten aus Angst nicht danach suchen. Dann, vor drei Tagen, waren Männer auf dem Weg stromaufwärts zum Fischen, nicht weit vom Ufer, als der Bär zur Tränke kam. Angeblich war er so groß, daß sie ihren Augen nicht trauen konnten. Er sah krank und mager aus, sagten sie, aber sehr wild und gefährlich. Er starrte sie vom Ufer her an, und sie eilten fort. Die Männer, mit denen ich sprach, waren alle überzeugt, es sei ein Teufel, ich aber würde mich vor ihm nicht fürchten, es ist doch klar, wer er ist.«
    Ankray machte eine Pause. Keiner der Zuhörer sprach, und er fuhr fort:
    »Es war der Bär, der den Baron als jungen Mann verwundete; und als wir nach den Kämpfen Ortelga verließen – hatte all das, soviel mir zu verstehen gegeben wurde, etwas mit Zauberei und mit einem Bären zu tun. Der Baron sagte oft zu mir: ›Ankray‹, sagte er, ›mir wäre es besser ergangen, wenn ich ein Bär wäre, das ist sicher. So macht man ein Königreich aus dem Nichts, glaube mir.‹ Ich hielt das natürlich für einen Scherz, aber jetzt – nun, Saiyett, wenn ein Mensch als Bär wiederkommen sollte, dann doch kein andrer als der Baron, glaubst du nicht? Die ihn sahen, sagten, er sei schrecklich narbig und verwundet, entstellt um Nacken und Schultern, und mir scheint, das ist ein Beweis. In Lak wagt sich keiner weit fort, alles Vieh ist in einem gemeinsamen Gehege, und man läßt das Feuer in der Nacht brennen. Keiner wagt es, hinauszugehen und den Bären zu jagen. Es gibt sogar seltsame Gerüchte, wonach er lebendigen Leibes aus der Hölle gekommen sei.«
    Die Tuginda sagte: »Danke, Ankray, du warst

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