Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Shardik

Titel: Shardik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Adams
Vom Netzwerk:
ehrfurchtgebietender Kraft erscheinen – er durfte nicht bewußtlos und betäubt zur Schau gestellt werden. Es würde auch besser sein, ihn von den Männern ganz fernzuhalten, bis er ihnen zur gegebenen Zeit, wahrscheinlich knapp vor der Schlacht, gezeigt würde. Doch Ta-Kominion wußte, daß er selbst nicht imstande sein würde, am heutigen Abend auch nur einen Kilometer auf der Straße zurückzugehen. Wenn Kelderek das Heer nicht einholte, würde er Zelda zurückschicken müssen, um ihn zu suchen und mit ihm zu sprechen. Er selbst konnte nicht mehr lange ohne Pause weitermachen. Er mußte sich hinlegen und schlafen. Würde er aber, wenn er das tat, imstande sein, wieder aufzustehen?
    Der Marsch wurde wieder aufgenommen, die Armee folgte der Straße durch den Wald und dahinter, talwärts über den Hügel. Im Bewußtsein, den Anschluß zu verlieren, wenn er hinten bliebe, nahm Ta-Kominion einen Platz in der Mitte der Kolonne ein. Eine Zeitlang stützte er sich auf Numiss’ Arm, dann merkte er, daß der Arme erschöpft war, und sandte nach Kavass, damit er dessen Platz einnähme.
    Sie marschierten in dem dunkler werdenden, düsteren Nachmittag weiter. Ta-Kominion versuchte zu schätzen, wie weit vorne die Vorhut sein mochte. Die Entfernung bis zum Flachland konnte nur wenige Kilometer betragen. Am besten, er ließ ihnen durch einen Läufer sagen, sie sollten bei Erreichen der Ebene haltmachen. Gerade als er den nächsten Mann rufen wollte, glitt er aus, verstauchte sich den Arm und brach vor Schmerz fast zusammen. Kavass half ihm zum Straßenrand.
    »Ich werde nicht hinkommen, Kavass«, flüsterte er.
    »Keine Sorge, Herr«, antwortete Kavass. »Nach dem, was Ihr den Leuten gesagt habt, werden sie gut kämpfen, sogar wenn Ihr nicht mitmachen könnt. Was Ihr dort drüben gesagt habt, hat sich nämlich herumgesprochen, wißt Ihr, Herr. Die meisten haben unseren Herrn Shardik gar nicht gesehen, als er in Ortelga an Land kam, und sie wollen unbedingt kämpfen, um dabeizusein, wenn er wieder auftaucht. Sie wissen, daß er kommen wird. Also sogar wenn Ihr Euch eine Weile ausruhen müßt – «
    Plötzlich drang an Ta-Kominions Ohr ein wirrer Lärm aus der Ferne, der aus dem steilen Waldgelände von unten emporhallte; die wohlbekannten, kehligen Schreie der Ortelganer und, deutlich davon unterschieden, in rhythmischen Intervallen, ein höherer, hellerer Klang von anderen schreienden Stimmen. Unter alldem der stoßende, trampelnde Lärm einer erregten Menge.
    Ta-Kominion war nun sicher, daß er phantasierte, da er offenbar die Wirklichkeit nicht mehr von Halluzinationen unterscheiden konnte. Doch Kavass schien ebenfalls zu lauschen.
    »Kannst du es hören, Kavass?« fragte er.
    »Ja, Herr. Es klingt nach Kampf. Ein Teil des Lärms stammt nicht von unseren Leuten, Herr.«
    Die Verwirrung pflanzte sich in der Kolonne fort wie eine Überschwemmung, deren Wasser sich vom Hauptstrom in einen Zufluß ergießt. Einige Männer liefen an ihnen vorbei den Abhang hinunter, blickten zurück, zeigten und schrien den Zurückgebliebenen etwas zu. Ta-Kominion versuchte, sie zu rufen, doch keiner kümmerte sich um ihn. Kavass stürzte sich auf einen vorbeilaufenden Mann und hielt ihn mit Gewalt fest, doch als der stotterte und auf etwas hinwies, stieß er ihn zur Seite und ging zurück zu Ta-Kominion.
    »Ich kann es nicht genau sehen, Herr, aber dort unten wird gekämpft, oder zumindest behauptet es der Mann.«
    »Gekämpft?« wiederholte Ta-Kominion. Einen Augenblick lang konnte er sich nicht erinnern, was das Wort bedeutete. Seine Sicht war getrübt, und dazu kam das seltsame Gefühl, als wären seine Augen geschmolzen und flössen über sein Gesicht, während er, wenn auch undeutlich, die Sehfähigkeit weiter behielt. Er hob die Hand, um die Flüssigkeit fortzuwischen. Wirklich, er konnte nicht mehr sehen. Kavass schrie neben ihm:
    »Der Regen, Herr, der Regen!«
    Tatsächlich, es war Regen, was seine Hände bedeckte, seine Sicht trübte und die Wälder mit jenem zischenden Geräusch erfüllte, von dem er angenommen hatte, es käme aus seinem Kopf. Er ging zur Straßenmitte und versuchte selbst zu sehen, was am Fuß des Hügels vorging.
    »Hilf mir dort hinunter, Kavass!« schrie er.
    »Sachte, Herr, Vorsicht!« sagte der Pfeilmacher und faßte ihn wieder am Arm.
    »Zum Henker mit der Vorsicht!« schrie Ta-Kominion. »Dort unten sind Beklaner – Beklaner – und unsere Dummköpfe kämpfen einzeln gegen sie, noch bevor sie ausgeschwärmt

Weitere Kostenlose Bücher