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Shardik

Titel: Shardik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Adams
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Sencred, der Wagner, und achtete auf ein beginnendes Spiel in den Rädern oder ein Nachgeben der Radachsen; dann und wann befahl er den Männern, die die Seile zogen, anzuhalten, während er die Bolzen überprüfte.
    Kelderek wechselte sich mit den anderen an den Zugseilen ab, als sie aber endlich anhielten, um auszuruhen – die Mädchen schoben schwere Steine zum Blockieren hinter die Räder –, trennte er sich mit Balthis von den Männern und ging nach hinten, wo Sencred und Zilthe an den Käfig gelehnt standen. Zilthe hatte ihren Arm zwischen die Stangen geschoben und streichelte eine der Vordertatzen des Bären, dessen gebogene Klauen länger waren als ihre ganze Hand.
    »Erwache, erwache, um Bekla zu zerstören.«
    »Erwache, Shardik, unser Herr, na kora, na ro«, sang sie leise und rieb ihre schwitzende Stirn an dem kühlen Eisen.
    Befallen von plötzlichen Befürchtungen, starrte Kelderek auf die totenähnliche Reglosigkeit des Bären; nicht die leiseste Atembewegung an der Flanke des Bären, und die Fliegen setzten sich ihm auf Ohren und Schnauze.
    »Was ist das für eine Droge? Bist du sicher, daß sie ihn nicht getötet hat?«
    »Er ist nicht tot, Herr«, sagte Zilthe lächelnd. »Sieh doch!« Sie zog ihr Messer, beugte sich vor und hielt es unter Shardiks Nüstern. Die Klinge beschlug sich ein wenig, wurde klar, beschlug sich und wurde wieder klar; Zilthe zog sie heraus und hielt sie, warm und feucht, an Keldereks Handgelenk.
    »Theltocarna wirkt stark, Herr; aber sie, die starb, wußte am besten, wie man es anwenden muß. Er wird nicht sterben.«
    »Wann wird er aufwachen?«
    »Vielleicht heute abend oder in der Nacht. Ich kann es nicht sagen. Wir kennen die Dosis und ihre Wirkung auf viele Geschöpfe, aber sein Körper ist anders, und da können wir nur raten.«
    »Wird er dann fressen? Trinken?«
    »Geschöpfe, die aus dem Theltocarnaschlaf erwachen, sind immer gefährlich. Oft sind die Tiere noch wilder als vor der Betäubung, dann greifen sie alles an, was ihnen in den Weg kommt. Ich habe gesehen, wie ein Hirsch ein Seil zerriß, das so dick war wie eine dieser Stangen, und dann zwei Ochsen tötete.«
    »Wann?« fragte Kelderek verwundert.
    Sie begann, von Quiso und den heiligen Frühjahrsriten der Tagundnachtgleiche zu erzählen, aber Balthis unterbrach sie.
    »Wenn, was du sagst, wahr ist, werden ihn diese Stangen nicht zurückhalten.«
    »Auch das Dach ist nicht stark genug, um ihm standzuhalten«, sagte Sencred. »Er braucht sich nur aufzurichten und wird es zerschlagen wie eine Pastetenkruste.«
    »Wir haben unsere Zeit vergeudet«, sagte Balthis und spie in den Staub. »Er könnte ebensogut gleich außerhalb dieser Stangen sein. Er wird sich erheben und fortgehen, wann er will. Aber ich sage euch eines, vorher haue ich ab.«
    »Dann werden wir ihn nochmals betäuben müssen«, sagte Kelderek.
    »Das würde ihn sicherlich töten, Herr«, warf Sheldra ein. »Theltocarna ist ein Gift. Man kann es nicht zweimal verwenden – nein, nicht zweimal innerhalb von zehn Tagen.«
    Die anderen Mädchen murmelten zustimmend.
    »Wo ist die Tuginda?« fragte Nito. »Ist sie bei Herrn Ta-Kominion? Sie wüßte, was zu tun ist.«
    Kelderek antwortete nicht, sondern ging über den Weg zurück und forderte die Männer auf, sich wieder zu erheben.
    Eine Stunde später wurde die Arbeit leichter, denn die Steigung ließ nach, und die Straße war weniger steil. Soweit er aus dem bedeckten, trüben Himmel schließen konnte, war es ungefähr Mittag, als sie endlich nach Gelt kamen. Der Hauptplatz war mit Abfällen bedeckt wie nach Straßenunruhen. Es war kaum ein lebendes Wesen zu sehen, aber ein qualmiger Geruch hing in der Luft, und es roch nach Müll und Unflat. Ein einzelner, abgerissener Bengel trieb sich herum und beobachtete sie aus sicherer Entfernung.
    »Stinkt verdammt nach einer Herde Affen«, brummte Balthis.
    »Sag deinen Leuten, sie sollen essen und rasten«, sagte Kelderek. »Ich will versuchen festzustellen, wie lange es her ist, seit das Heer abgezogen ist.«
    Er überquerte den Platz und sah sich, verdutzt über die verschlossenen Türen und verlassenen Gäßchen dahinter, um. Plötzlich spürte er einen scharfen, kurzen Schmerz wie einen Insektenstich in seinem Ohrläppchen. Er faßte hin und zog die Hand mit Blut zwischen Daumen und Zeigefinger zurück; im selben Augenblick bemerkte er, daß der Pfeil, der ihn gestreift hatte, im Türpfosten ihm gegenüber steckte. Er drehte sich rasch um, sah aber

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