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Shardik

Titel: Shardik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Adams
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dem massiven Gewicht schräg. Das Schlachtgetöse war nun deutlich zu vernehmen, und die Ortelganer konnten einen rhythmisch unterbrochenen Ruf erkennen – ein gemeinsamer Ton, scharf und kurz wie ein Geschoß. »Bek-la Maut! Bek-la Maut!«
    »Drauflos!« schrie Kelderek, der kaum wußte, was er sagte. »Drauf und dran! Shardik in die Schlacht! Löst hinten die Seile und vorwärts!«
    Unbeholfen im Regen umhertappend, machten sie die nassen Seile los, befestigten sie am anderen Ende der wackligen Stangen und schoben den Käfig den Abhang hinunter, wobei sie ihn zurückhielten, als er zu stark in Fahrt kam. Sie waren nur ein kurzes Stück vorangekommen, da erkannte Kelderek, daß sie der Schlacht näher waren, als er angenommen hatte. Das ganze Heer mußte im Kampf stehen, denn das Getöse erscholl weithin nach allen Seiten. Er lief ein kleines Stück voraus, konnte aber im Dunkel zwischen den dicken Stämmen nichts sehen. Plötzlich kam eine kleine Gruppe von fünf oder sechs Mann den Hügel heraufgelaufen; sie blickten über ihre Schultern zurück, nur zwei von ihnen trugen Waffen. Ein rothaariger, grobknochiger Kerl war den anderen voraus. Kelderek erkannte ihn und faßte ihn am Arm; der Mann stieß einen Schmerzensschrei aus, fluchte und holte ungeschickt zu einem Schlag gegen ihn aus. Kelderek ließ den Arm los und wischte seine blutige Hand an seiner Hüfte ab. »Numiss!« schrie er. »Was ist geschehen?«
    »Alles verloren – das ist geschehen! Dort unten ist die ganze verfluchte beklanische Armee – Tausende von Mann. Flieht, solange ihr es könnt!«
    Kelderek faßte ihn an der Kehle.
    »Wo ist Ta-Kominion, der Herr, verdammter Bursche? Wo?«
    Numiss zeigte nach unten.
    »Dort – er liegt auf der Scheißstraße! Es ist aus mit ihm!« Er wand sich los und stürzte fort.
    Der Käfig, der den Hügel heruntergerollt wurde, war nun knapp hinter Kelderek. Der rief Balthis zu: »Warte! Haltet ihn fest, bis ich zurückkomme!«
    »Unmöglich – es ist zu steil!« schrie Balthis.
    »Dann legt Keile unter!« rief Kelderek über die Schulter. »Ta-Kominion ist hier – «
    »Zu steil, sag ich dir! Es ist zu steil!«
    Kelderek lief den Hügel hinab und sah durch die Bäume einen Hang, offenes, steiniges Gelände, über das viele Ortelganer zu ihm zurückströmten. Aus größerer Entfernung kamen, regelmäßig wie Trommelschläge, die gemeinsamen Schlachtrufe des Feindes. Er war noch kaum einen halben Bogenschuß weit gegangen, da erblickte er den Mann, den er suchte. Ta-Kominion lag mitten auf der Straße auf dem Rücken. Der bergab strömende Regen mit seinem Treibgut an Zweigen und Blättern staute sich an seinem Körper wie an einem Balken. Neben ihm hockte ein großer, grauhaariger Mann, der ihm die Hände warmrieb – Kavass, der Pfeilmacher. Plötzlich rief Ta-Kominion einige unzusammenhängende Worte und zerrte an seinem eigenen Arm. Kelderek lief zu ihm und kniete sich über ihn, der Geruch von Wundbrand und Fäulnis drehte ihm den Magen um.
    »Zelda!« rief Ta-Kominion. Sein bleiches Gesicht war entsetzlich verzerrt, es hatte die Form eines Totenschädels und wirkte noch grausiger durch die Lebendigkeit seiner Augen. Er starrte zu Kelderek empor, sagte aber nichts mehr.
    »Herr«, sagte Kelderek, »was du verlangt hast, wurde ausgeführt. Unser Herr Shardik ist hier.«
    Ta-Kominion stieß einen Laut aus, wie eine Mutter ein reizbares Kind beruhigt, wie der Regen in den Bäumen rauscht. Einen Moment lang glaubte Kelderek, er wolle ihn veranlassen zu schweigen.
    »Sh! Sh-Shardik!«
    »Shardik ist gekommen, Herr!«
    Plötzlich erfüllte ein knurrendes Dröhnen, lauter noch als der Schlachtlärm ringsum, die tunnelartige Straße unter den Bäumen. Ihm folgte ein Klappern und Klirren von Eisen, lautes Krachen von zersplitterndem Holz, Schreckensrufe und ein schleppendes, scharrendes Getöse. Balthis’ Stimme rief: »Laßt doch los, ihr Narren!« Dann ertönte wieder das wütende, zornige Knurren. Kelderek sprang auf. Der Käfig hatte sich losgerissen und rollte den Abhang hinunter, schwankend und hüpfend, die groben Räder pflügten Furchen in den Schlamm und stießen gegen herausstehende Steine. Das Dach war zersplittert, und die Stangen hingen heraus, einige schleiften auf der Erde, andere schlugen wie Riesenflügel seitwärts. Shardik stand aufrecht, umgeben von langen, weißen Holzsplittern. Blut floß über die eine Schulter, Schaum stand an seinem Maul, und er schlug auf die Eisenstangen ein, wie

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