Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Shogun

Shogun

Titel: Shogun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
Vom Netzwerk:
der Räuberbanden oder Korsaren, die das Land oder die Küsten unsicher machten, waren Ronin. »Die folgenden zwei Jahre waren besonders schlimm. Ich kämpfte für jeden – für nichts weiter als das Essen. Dann hörte ich, in Kyushu gäbe es reichlich zu essen, und so begab ich mich auf die Wanderschaft in den Westen. Ich wurde von einem buddhistischen Kloster als Wächter gedungen. Ein halbes Jahr hindurch beschützte ich das Kloster und seine Felder vor Banditen. Das Kloster befand sich in der Nähe von Osaka. Damals gab es Banditen wie Moskitos in den Sümpfen. Eines Tages gerieten wir in einen Hinterhalt, und ich blieb wie ein Toter zurück. Ein paar Mönche fanden mich und heilten meine Wunden. Aber mein Augenlicht konnten sie mir nicht zurückgeben.«
    Seine Finger tasteten sich tiefer und tiefer vor. »Sie brachten mich mit einem blinden Mönch zusammen, der mich lehrte zu massieren und mit meinen Fingern zu sehen. Jetzt sehe ich mit meinen Fingern mehr, als ich je mit meinen Augen gesehen habe.
    Das letzte, was ich mit meinen Augen gesehen habe, waren das weitaufgerissene Maul eines Banditen und seine verfaulten Zähne, das Schwert nichts als ein Blitz, und dann, nach dem Hieb, der Duft von Blumen. Ich sah Düfte in allen Farben, Yabu-sama. All das ist lange, lange her, geschah lange, ehe die Barbaren in unser Land kamen – vor fünfzig, sechzig Jahren. Ich sah das Nirwana, und für einen Bruchteil eines Augenblicks schaute ich das Antlitz Buddhas. Blindheit ist ein geringer Preis, den man für eine solche Gabe zahlt. Meint Ihr nicht auch?«
    Er erhielt keine Antwort, und Suwo hatte auch keine erwartet. Yabu schlief, wie Suwo es geplant hatte. Es stimmte alles – bis auf eines. Das Kloster hat nicht in der Nähe von Osaka gelegen, sondern westlich deiner Westgrenze. Der Name des Mönchs? Su, Onkel deines Feindes, Ikawa Jikkyu.
    Wie leicht könnte ich dir jetzt das Genick brechen, dachte er. Omi-san würde ich damit einen großen Gefallen tun, und dem Dorf einen noch größeren. Und ein ganz klein wenig würde ich damit meinem Gönner für die Gaben zurückzahlen. Soll ich es jetzt tun? Oder später?
    Spillbergen hielt ein Bündel von Reisstrohhalmen in die Höhe. Sein Gesicht hatte er vorgereckt. »Wer möchte zuerst wählen?«
    Niemand antwortete. Blackthorne lehnte sich in die Ecke, aus der er seit geraumer Zeit nicht herausgekommen war.
    Es war kurz vor Sonnenuntergang.
    »Irgend jemand muß den Anfang machen«, sagte Spillbergen mit krächzender Stimme. »Kommt schon, wir haben nicht viel Zeit.«
    Man hatte ihnen Essen, Wasser und ein Fäßchen gegeben, in das hinein sie ihre Notdurft verrichten sollten. Und dann waren die Fliegen gekommen. Die Luft war ekelhaft, der Boden schlammig und kotig. Die meisten Männer waren nackt bis zur Hüfte; sie schwitzten in der Hitze. Und aus Angst.
    Spillbergen sah von einem zum anderen. Schließlich kehrte er zurück zu Blackthorne. »Warum – warum seid Ihr ausgenommen? Warum?«
    Die Augen öffneten sich, und sie blickten eisig. »Zum letzten Mal: Ich – weiß – es – nicht.«
    »Das ist nicht gerecht. Nicht gerecht.«
    Blackthorne gab sich wieder seinen Träumereien hin. Es mußte einen Weg geben, hier auszubrechen. Diese Hunde werden uns zuletzt alle umbringen, das ist so gewiß, wie es einen Polarstern gibt. Es bleibt nicht mehr viel Zeit. Und mich haben sie ausgenommen, weil sie mit mir einen besonders tückischen Plan verfolgen.
    Als die Falltür zugeklappt war, hatten alle ihn angesehen, und irgendwer hatte gesagt: »Was werdet Ihr tun?«
    »Ich weiß es nicht«, hatte er erwidert.
    »Warum dürft Ihr nicht gewählt werden?«
    »Ich weiß es nicht. – Schafft den Dreck beiseite«, hatte er befohlen. »Kehrt das Zeugs hier auf einen Haufen zusammen.«
    »Wir haben keinen Besen und …«
    »Benutzt eure Hände!«
    Sie taten, wie er ihnen geheißen, und er half ihnen und säuberte den Generalkapitän, so gut es ging.
    »Wie – wie sollen wir denn jemanden auswählen?« hatte Spillbergen gefragt. »Wir werden es nicht tun! Wir kämpfen gegen sie. Wollt Ihr Euch etwa wie ein Schaf zur Schlachtbank führen lassen? Ausgerechnet Ihr?«
    »Macht Euch nicht lächerlich. Mich wollen sie ja nicht, dabei wäre es richtig, wenn ich es wäre.«
    »Warum?« fragte Vinck.
    »Weil ich der Generalkapitän bin.«
    »Mit Respekt, Euer Gnaden«, hatte Vinck ironisch gesagt, »vielleicht solltet Ihr Euch freiwillig melden.«
    »Ein sehr guter Vorschlag«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher