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Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Titel: Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard P. Feynman
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»Maschinerie« in der Zelle, die Protein aus dem herstellt, was wir jetzt als Messenger-RNS bezeichnen. Unter Verwendung radioaktiver Substanzen wiesen wir nach, daß die RNS die Ribosomen verlassen und wieder in sie eingebracht werden kann.
    Ich arbeitete sehr sorgfältig, indem ich alles erwog und unter Kontrolle zu behalten versuchte, aber ich brauchte acht Monate, bis ich merkte, daß es einen Schritt gab, bei dem es schlampig zuging. Um die Bakterien zu präparieren, so daß man die Ribosomen herausholen konnte, zermahlte man sie damals mit Aluminiumoxid in einem Mörser. Alles andere ging chemisch vor sich und war vollkommen unter Kontrolle, aber die Art und Weise, wie man den Stößel bewegte, wenn man die Bakterien zermahlte, ließ sich nie wiederholen. Deshalb kam bei dem Experiment nie etwas heraus.
    Ich denke, ich sollte noch erzählen, wie ich mit Hildegarde Lamfrom herauszufinden versuchte, ob Erbsen die gleichen Ribosomen verwenden können wie Bakterien. Die Frage war, ob die Ribosomen von Bakterien Proteine von Menschen oder anderen Organismen herstellen können. Sie hatte gerade einen Plan entwickelt, die Ribosomen aus Erbsen herauszuholen und ihnen Messenger-RNS zu geben, so daß diese Erbsenproteine produzierten. Es war uns klar, daß es eine sehr spannende und wichtige Frage war, ob Bakterienribosomen, wenn man ihnen die Messenger-RNS von Erbsen gab, Erbsenprotein oder Bakterienprotein herstellen würden. Es sollte ein sehr aufregendes und grundlegendes Experiment werden.
    Hildegarde sagte: »Ich brauche eine Menge Ribosomen aus Bakterien.«
    Meselson und ich hatten für ein anderes Experiment ungeheure Mengen von Ribosomen aus E. coli extrahiert. Ich sagte: »Wissen Sie was, ich gebe Ihnen einfach die Ribosomen, die wir haben. Wir haben reichlich davon in meinem Kühlschrank im Labor.«
    Es wäre eine phantastische und wichtige Entdeckung geworden, wenn ich ein guter Biologe gewesen wäre. Aber ich war kein guter Biologe. Wir hatten eine gute Idee, ein gutes Experiment, die richtige Ausrüstung, aber ich vermasselte es: ich gab ihr infizierte Ribosomen - der gröbste Fehler, den man bei einem solchen Experiment machen kann. Meine Ribosomen waren fast einen Monat lang im Kühlschrank gewesen, und sie waren mit irgend etwas anderem Lebendigen kontaminiert. Hätte ich diese Ribosomen unverzüglich neu präpariert, und wäre ich, als ich sie ihr gab, so umsichtig und sorgfältig gewesen, daß alles unter Kontrolle gewesen wäre, dann hätte das Experiment geklappt, und wir hätten als erste die Gleichförmigkeit des Lebens nachgewiesen: denn der Mechanismus der Proteinherstellung, die Ribosomen, ist in allen Lebewesen der gleiche. Wir waren am rechten Ort, und wir taten das Richtige, aber ich stellte mich an wie ein Amateur - dumm und schlampig.
    Mich erinnert das an den Mann von Madame Bovary in dem Buch von Flaubert, ein stumpfsinniger Landarzt, der irgendeinen Einfall hatte, wie man Klumpfüße heilen kann, und alles, was er tat, war, die Leute zu verhunzen. Ich war so ähnlich wie dieser unerfahrene Chirurg.
    Über die andere Arbeit mit dem Phagen habe ich nie geschrieben - Edgar hat mich immer wieder gebeten, das niederzuschreiben, aber ich bin nie dazu gekommen. Das ist das Übel, wenn man nicht auf seinem eigenen Gebiet arbeitet: Man nimmt es nicht ernst.
    Ich habe formlos etwas darüber geschrieben. Ich schickte es Edgar, und er lachte, als er es las. Es hatte nicht die Standardform, die bei Biologen üblich ist - erstens, Vorgehensweise und so weiter. Ich hielt mich lange dabei auf, Dinge zu erklären, die allen Biologen bekannt sind. Edgar stellte eine gekürzte Version her, aber ich konnte sie nicht verstehen. Ich glaube nicht, daß sie das je veröffentlicht haben. Ich habe es nie direkt veröffentlicht.
    Watson fand, das, was ich mit den Phagen gemacht hatte, sei von einigem Interesse, deshalb lud er mich nach Harvard ein. Ich hielt einen Vortrag im Fachbereich Biologie über die zweifachen Mutationen, die so nah beieinander vorkamen. Ich sagte, meine Vermutung sei, daß die eine Mutation eine Veränderung im Protein bewirke, beispielsweise den pH-Wert einer Aminosäure verändere, während die andere Mutation die entgegengesetzte Veränderung bei einer anderen Aminosäure im gleichen Protein bewirke, so daß sie teilweise die erste Mutation ausgleiche - nicht vollständig, aber genug, um den Phagen wieder tätig werden zu lassen. Ich war der Meinung, es fänden zwei Veränderungen im

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