Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sieben

Sieben

Titel: Sieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
Vom Netzwerk:
sieht irgendwie wie Lady Nicholson aus. Sie sieht ihr sogar ziemlich ähnlich, aber dennoch ... diese Person hier ist irgendwie kräftiger und größer. Es ist eine andere Frau.«
    »Gut beobachtet«, sagte Sparks. »Wo haben Sie das Foto her?«
    »Ganz einfach: Wir haben es heute morgen aufgenommen.«
    »Wie ist das möglich?«
    »Man braucht nur 'n gutes Auge und 'n biegsamen Finger«, sagte Larry und hob die Schachtel hoch, die Doyle an diesem Morgen in Sparks Tasche hatte verschwinden sehen.
    »Ein Fotoapparat«, sagte Doyle. »Wie gerissen.« Er hätte ihn zwar liebend gern untersucht, aber seine Finger waren nun vollständig im Garn verheddert.
    »Ja«, sagte Sparks und führte ein letztes Manöver mit der Schnur aus. »Äußerst nützlich. So konnten wir vor dem Hintereingang des Verlages in der Russell Street, der früher Lady Nicholsons Familie gehört hat, verborgen bleiben.«
    »Aber wer ist diese Frau?«
    »Das wird sich noch erweisen.«
    Das Wasser im Teekessel fing an zu kochen. Sparks ließ von der Schnur ab, um sich darum zu kümmern, und ließ Doyle mit dem starren, um seine Hände gewickelten Netz allein. Das einzige im Raum, das noch verdrehter war, war das Chaos in seinem Geist.
    »Aber was bedeutet es?« fragte Doyle.
    »Es bedeutet, daß Sie uns zum fähigsten Medium Londons führen müssen, Doyle, und zwar auf der Stelle. Wie geht's Ihnen übrigens?«
    »Miserabel.«
    »Ärzte können sich doch selbst heilen«, sagte Sparks und schüttete heißes Wasser in Doyles Schüssel.
    In Decken eingewickelt und die Erkältung ausschwitzend, die er sich zugezogen hatte, schlief Doyle bis tief in den Nachmittag hinein. Als er fiebrig und desorientiert erwachte, war Sparks verschwunden, und Larry saß aufmerksam mit einem Skizzenblock und einem Stück Holzkohle neben seinem Bett. Sparks hatte ihn angewiesen, sich von Doyle eine Beschreibung des Mediums geben zu lassen, das die mörderische Seance in der Cheshire Street geleitet hatte, und eine Zeichnung von ihr anzufertigen. Sie mühten sich eine Stunde lang - Larry zeichnete, Doyle fügte hier ein wenig hinzu, griff dort ein wenig korrigierend ein, und am Ende kam ein zufriedenstellendes Faksimile der pockennarbigen, abgrundtief häßlichen Hellseherin dabei heraus.
    »Hat die 'n Gesicht«, meinte Larry grinsend, als sie das fertige Porträt begutachteten, »mit dem kann man glatt Eier abschrecken.«
    »Ich glaube nicht, daß ich es je wieder vergessen werde«, sagte Doyle.
    »Dann los, Doc, machen wir uns auf«, sagte Larry und steckte das Bild ein. »Woll'n wir doch mal sehen, ob wir die schmucke Lady nich irgendwo untern Lebenden finden können.«
    Doyle erhob sich von seinem Krankenbett, zog frische, trockene Kleider an und hüllte sich in einen Mantel, den Larry - der Himmel mochte wissen, wie und wo - für ihn organisiert hatte. Als die Sonne der Welt den letzten Respekt zollte, verließen sie das Hotel und machten sich auf die Suche nach dem geheimnisvollen Medium.
    »Machen Sie mal 'n Vorschlag, Chef«, sagte Larry und nahm auf dem Kutschbock ihres Wagens Platz. »Sie kennen sich doch bei den bunten Vögeln hier am besten aus.«
    »Was würden Sie denn vorschlagen?«
    »Rumkutschieren, allen Kristallkugelgukkern, die Sie kennen, unser schönes Bild zeigen und aufpassen, welche Spuren sich eventuell dabei für uns ergeben.«
    »Es gibt eine Menge Wahrsagerinnen in London, Larry«, brummte Doyle. »Es könnte uns beträchtliche Zeit kosten.« Er setzte sich in den Wagen. Seine Muskeln schmerzten, er sehnte sich ins Bett zurück.
    »Detektivarbeit is halt kein Zuckerschlecken. Um die Wahrheit zu sagen, man latscht sich die Schuhsohlen ab und muß ständig wach bleiben.«
    »Was für ein Gewerbe.«
    »Besser als ʹn Tritt vorʹn Schädel mitʹm harten Stiefel. Wo darf ich Sie hinfahren, Sir?« fragte Larry in einer Parodie auf die Kutscheretikette.
    Doyle nannte ihm die Adresse einer gescheiten Wahrsagerin, die ihm für den Anfang ebenso angemessen schien wie jede andere. Larry tippte an seinen Hut und nahm die Peitsche, dann fuhren sie in den nebligen Abend hinein.
    Medien neigten dazu, nachts zu arbeiten. Sie scheuten die kräftigende Wärme der Sonne. Kerzen und Mondschein waren diesen melancholischen Geschöpfen lieber, die eher von ihren ungewöhnlichen Talenten gesteuert wurden als umgekehrt. Obwohl Doyle hin und wieder auch der seltenen soliden Bürgerin begegnet war, die sich von der unerklärlichen Existenz ihrer unheimlichen Fähigkeiten

Weitere Kostenlose Bücher