Silberband 029 - Der Zeitagent
brüllten auf.
Die letzten Ausläufer der Nordsierra, kaum fünfzig Meter hohe, dschungelüberwucherte
Felshöcker, zerschmolzen unter den Impulsstrahlen. Die Energiebahnen schlugen mühelos tief in das
Gestein, bildeten dort eine Gaskugel und schmolzen unter ständig steigendem Druck eine
unterirdische Höhlung aus. Anschließend gab das Material nach, und es kam zu den
Explosionserscheinungen, wie sie für einen direkten Bodenbeschuß typisch waren.
Die CREST dröhnte über das kochende Land hinweg. Grellweiße Lavaströme wälzten sich über die
Abhänge und strömten in das äquatoriale Urmeer. Unübersehbare Dampfwolken stiegen in den Himmel
empor, wurden vom Sturm ergriffen und verweht. Wenig später regneten die Wolken ab.
Nach zehn Minuten nahm das Schiff Kurs auf die Mittelzone der Nordsierra. Darunter lag die
Zeitstation. Wir hatten ihre Position nach Frasburs Angaben mit einer Toleranz von plus-minus
zwölfhundert Meter ermittelt.
Die CREST stand in fünf Kilometern Höhe. Durch ihre enorme Größe mußte sie trotzdem
beängstigend wirken. Unter unseren hochgespannten Schutzschirmen flammte die Atmosphäre auf.
Regenschauer verdampften, und Orkanböen wurden als aufglühende Gasschweife abgelenkt.
Unsere Fahrt betrug nur hundert Kilometer pro Stunde. Durch die enorme Masse der CREST mußte
es von unten betrachtet so aussehen, als wären wir noch wesentlich langsamer.
Gebannt schauten wir auf die Bildschirme. Jedermann lag angeschnallt in seinem gefechtsmäßigen
Konturlager; nur die absprungbereiten Einsatzkommandos mußten diesen Komfort entbehren. Wenn wir
von einem Absoluten Nullfeld ergriffen und zeitversetzt werden sollten, mußte nach der
eintretenden Stabilisierung alles blitzschnell gehen.
Ich sah mich besorgt nach den drei Teleportern um, unter denen Gucky durch sein äußerst
sensibles Gehirn der empfindlichste gegen physische Belastungen war. Hoffentlich überstand er
alles gut.
Er war der stärkste Teleporter und hatte Icho Tolot zu transportieren. Die Mutanten hatten bis
eine Stunde vor dem Einsatz in einem erholsamen Tiefschlaf gelegen. Sie waren wieder fit. Wir
brauchten sie dringend.
»Zum Teufel, worauf warten die noch?« ließ sich Rhodan vernehmen. »Wir befinden uns fast
vertikal über dem Stützpunkt. Ortungszentrale – schicken Sie einen kräftigen
Materietasterstrahl nach unten. Genau auf das Zentrum halten. Ich möchte, daß es angemessen wird.
Ich …!«
Perry kam nicht mehr dazu, den Satz zu vollenden. Der tefrodische Kommandant, wahrscheinlich
ein qualifizierter Zeitagent wie Frasbur, verlor endgültig die Nerven und drückte auf den
Knopf.
Ein gleißender Zapfstrahl zuckte aus dem Gebirge hervor. Ehe die Automatik die Filter vor die
Außenbordkameras schalten konnte, hatte der Zapfer bereits die Wega erreicht, und die Zeitstation
erwachte zu einem unheimlichen Leben.
Etwas Unbegreifliches schoß auf uns zu, erfaßte uns, holte uns mitsamt unseren Schutzschirmen
ein, und schon verblaßten die Bildschirme. Ein Dröhnen erklang. Es hörte sich an, als hätte
jemand in einem großen Weinfaß einen altmodischen Verbrennungsmotor angeworfen.
Viele Männer schrien. Sie konnten sich nicht beherrschen, obwohl wir diesen Effekt schon
einmal erlebt hatten.
Die Geräusche dämpften sich. Mir war, als hätte mir jemand mit Watte die Ohren
ausgepolstert.
Auf den Bildschirmen begann ein nervenzermürbender Bewegungsablauf. Diesmal glitten wir in der
Zeit nach vorn. Die filmähnlichen Szenen, die wir seinerzeit auf Vario bemerkt hatten,
blieben hier aber aus. Es war, als würde sich trotz der außerordentlich schnellen
Zeitüberbrückung überhaupt nichts verändern. Lediglich die Eruptionen einiger Vulkane wurden
sichtbar, die aber sofort wieder erloschen.
Die Küste des Urmeers, das die Südflanke der Nordsierra begrenzte, bildete mehrere neue
Buchten. Zwei Inseln schoben sich aus den Fluten heraus und wurden innerhalb einiger
Relativsekunden vom Dschungel überwuchert. Diese Beobachtungen waren der einzige Anhaltspunkt,
der auf eine Zeitverschiebung hindeutete.
Die physikalischen Effekte innerhalb des Schiffes beschränkten sich auf das hohle Dröhnen.
Perry hatte das Mikrophon der Interkomanlage vor die Lippen gezogen. Er konnte noch sprechen,
obwohl seine Stimme anders klang als sonst. Die drahtgebundene Verbindung war einwandfrei.
»Rhodan an alle! Letzte Informationen: Phase vier ist gleich beendet. Dann gibt es zwei
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