Silberband 055 - Der Schwarm
der GIORDANO BRUNO JUNIOR spielten gern mit den Robotern, verwirrten sie und hatten dadurch zwei Desintegrationen hervorgerufen.
Sorgfältig kontrollierte Edmond sämtliche Schlösser aller Türen und Schotte, an denen er vorbeikam. Dann ging er in den Schweinestall hinein, wo ihn betäubender Gestank und kreischender Lärm empfingen.
Er öffnete die Futterluke, und der zerkleinerte Brei der Abfälle ergoß sich in einen langen Trog, den Willshire im Linearraum geschweißt hatte. Dann öffnete Pontonac den Wasserhahn und bemerkte bei sich, daß die Wasservorräte auch nicht mehr lange reichen würden, höchstens noch zwanzig Tage.
»Nicht mehr lange …«, meinte er.
Er war unausgeschlafen und gereizt. Seine Stimmung war am untersten Ende der Skala. Er konnte einfach nicht mehr. Länger als sieben Monate, rund zweihundertzehn Tage lang, befand er sich auf dieser Odyssee des Wahnsinns, die damit begonnen hatte, daß ihn Galbraith Deighton Mitte Juni 3438 als Sonderkurier des Solaren Imperiums losschickte. Mit seinem damaligen Schiff, der DARA GILGAMA, sollte er die Sternenreiche der Menschheit anfliegen und zur Hilfe für das von Takerern und Sammlern arg bedrohte Imperium bewegen. Bei der Föderation Normon und der Zentralgalaktischen Union war das relativ leichtgefallen. Nachdem Pontonac und seine Begleiter dann auch noch die Unterstützungszusage des Carsualschen Bundes hatten, wurde die DARA GILGAMA von einem Schiff des Shomona-Ordens aufgebracht. Pontonac und ein Teil seiner Männer wurden als Pfand für eine finanzielle Forderung gegenüber Terra auf dem Planeten Caudor II interniert.
Sie säßen noch heute dort fest, wenn sie nicht …
Er wollte jetzt nicht daran denken und sah den Schweinen zu, wie sie fraßen und soffen, dann kontrollierte er auch die Anzeigen der Klimaanlage und des Luftdurchsatzes. Die Filter ließen auch schon nach, und der stechende Ammoniakgeruch der tierischen Abfälle verbreitete sich langsam durch das kleine Schiff.
»Ich werde eines Tages zusammenbrechen, und dann sind wir alle verloren!« stellte er leise fest. Er fühlte sich wirklich so, er war unrasiert, ungewaschen, seine Kleidung war verschmutzt und abgerissen, unter den splitternden Fingernägeln befand sich schwarzer Schmutz, und leider war auch die Zahnpasta ausgegangen, als einer der Männer versuchte, mit dem Inhalt der Tuben die kleinen Vierecke des Luftdurchlasses einer Klimaanlage zu verstopfen.
Pontonac verschloß den Schweinestall und ging zwanzig Meter weiter in Richtung auf die Zentrale. Er stolperte über leere Kisten, mit denen die Mannschaften Häuser bauten, um sich darin zu verstecken und miteinander zu spielen.
Pontonac sah auf die Uhr; noch zwanzig Minuten. Die GIORDANO BRUNO JUNIOR raste mit neun Zehnteln der Lichtgeschwindigkeit auf jenen Raumkubus zu, den man inzwischen als richtig erkannt hatte – dort befand sich Sol: in vielen Lichtjahren Entfernung.
Pontonac kam schließlich in die Zentrale. Von allen Teilen des Schiffes schlängelten sich, mit Klebeband und Drahtverbindungen gehalten, dicke Kabel aus dem Notvorrat heran. Sie endeten in primitiven, zum Teil aus anderen Anlagen ausgebauten, aber funktionierenden Schaltungen. Durch dieses Netz von Energiezuleitungen und Steuerleitungen konnte Edmond V. Pontonac die GIORDANO von seinem Sessel aus dirigieren.
Er mußte in den Linearraum gehen, obwohl auch dieser Entschluß wieder ein erhöhtes Risiko darstellte.
Erschöpft setzte sich Pontonac in den Kontursessel, aus dessen Nähten bereits der zerstörte Schaumstoff bröckelte.
»Verdammt!« sagte er wütend, stand wieder auf und schloß hinter sich das Schott zur Zentrale.
Dann setzte er sich ein zweites Mal ruhig hin. Kaffee gab es erst wieder, wenn sie in der Librationszone waren.
Pontonac wußte, daß er ein Risiko einging, aber er rechnete sich mehr Chancen für ein Gelingen als für ein Mißlingen aus. Er schaltete die Biopositronik ein und betrachtete unter hochgezogenen Augenbrauen die Tastatur.
Biopositroniken funktionierten im Linearraum hervorragend, nach einer Erholungszeit von zweihundert Sekunden. Im Normalraum benahmen sich sämtliche biopositronischen Schaltungen wie menschliche und tierische Gehirne – sie fielen in das Stadium früherer Kindheit zurück. Für eine Biopositronik und damit für den genauen Linearkurs des Schiffes bedeutete das: abhängig sein vom Zufall.
Langsam und in kleinsten Schritten programmierte Pontonac Erdkurs. Er gab die genauen Koordinaten
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