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Silo: Roman (German Edition)

Silo: Roman (German Edition)

Titel: Silo: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Howey
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und sie
hatte etwas anzuziehen. Die unendliche Liste der Dinge, die sie würde erledigen
müssen, war um ein paar winzige Details kürzer geworden
    Im Fünfzehnten wurde
sie an eine andere Notwendigkeit erinnert. Ihr zitterten die Knie, ihre
erschöpften Beine gaben unter ihr nach, sie hielt sich am Geländer fest und
merkte, dass das Adrenalin in ihren Adern langsam verbraucht war. Juliette war
todmüde. Sie blieb auf dem Treppenabsatz stehen, die Hände auf die Knie
gestützt, und holte ein paarmal tief Luft. Wie lange war sie schon wach? Wie
lange würde sie noch durchhalten? Sie betrachtete ihr Spiegelbild in der
Messerklinge, sah, dass sie furchtbar aussah, und beschloss, dass sie eine
Pause brauchte. Sie wollte sich hier ausruhen, bevor es weiter unten zu kalt
werden würde, um sich hinzulegen.
    Es war verlockend,
auf dem Stockwerk nach einem Bett zu suchen, aber sie entschied sich dagegen.
In der absoluten Dunkelheit hinter den Türen würde es nicht besonders gemütlich
sein. Sie rollte sich auf dem Gittervorsprung des fünfzehnten Stockwerks
zusammen, legte den Kopf auf ihre Arme und zupfte die Tischdecke so zurecht,
dass jeder Zentimeter ihrer Haut bedeckt war. Und bevor sie im Kopf zu der
langen Liste ihrer Aufgaben zurückkehren konnte, nahm die Erschöpfung überhand.
Sie dachte nur kurz noch in einem Anflug von Panik, dass sie nicht in der Sorte
Nickerchen versinken durfte, aus der man nie wieder aufwachte. Sie hoffte, dass
sie nicht enden würde wie die Bewohner dieses seltsamen Ortes, erfroren und
leblos, verrottet und verfault.

43. KAPITEL
    »Doch Alte tun, als lebten sie nicht mehr,
    träg, unbehilflich und wie Blei so schwer.«
    »Verstehen
Sie eigentlich selbst, was Sie da vorschlagen?«
    Knox sah zu McLain
auf und hielt dem Blick aus ihren runzligen Augen so tapfer stand, wie es nur
ging. Die kleine Frau, die sämtliche Ersatzteile und Neuanfertigungen des Silos
verwaltete, war eine sonderbar imposante Erscheinung. Sie hatte nicht so eine
breite Brust wie Knox, ihre Handgelenke waren kaum dicker als zwei seiner
Finger, aber ihr Blick war grau und verwittert und zeugte vom Gewicht so vieler
schwerer Jahre, dass er sich neben ihr vorkam wie ein kleiner Schatten.
    »Das soll kein
Aufstand werden«, sagte er und sprach die verbotenen Worte inzwischen mit
einiger Übung aus. »Wir bringen nur ein paar Dinge in Ordnung.«
    »Das haben meine
Urgroßeltern vermutlich auch so formuliert.« McLain strich sich ein paar
Strähnen ihres silbernen Haars zurück und betrachtete den Plan, den sie
zwischen sich ausgebreitet hatten. Es war, als wüsste sie, dass Knox’ Vorhaben
ein Fehler war, hätte aber beschlossen, ihm lieber zu helfen, als sich ihm in
den Weg zu stellen. Vielleicht war es ihr Alter, dachte Knox. Wenn man lange
genug hinter diesen Mauern lebte, fand man sich vielleicht irgendwann damit ab,
dass es niemals besser werden oder sich auch nur verändern würde.
    Er betrachtete den
Plan und strich die scharfen Falten aus dem feinen Papier. Plötzlich war er
sich seiner Hände sehr bewusst, wie dick und ölig seine Finger waren. Er fragte
sich, ob McLain ihn für einen Rohling hielt, der mit seinem Gerechtigkeitswahn
hier hinaufgestürmt kam. Immerhin war sie alt genug, um ihn für jung zu halten.
Jung und heißblütig, während er selbst sich schon für alt und weise hielt.
    Einer der vielen
Hunde, die im Lager der Versorgung lebten, schnaufte unzufrieden unter dem
Tisch. Diese ganze Kriegsplanung schien seinen Mittagsschlaf zu stören.
    »Wir müssen davon
ausgehen, dass die IT weiß, dass etwas
passieren wird«, sagte McLain und deutete mit ihren kleinen Händen auf die vielen
Stockwerke zwischen ihnen und dem Vierunddreißigsten.
    »Warum? Meinen Sie,
wir waren zu auffällig, als wir hier raufgekommen sind?«
    Sie lächelte ihn an.
»Sie waren bestimmt sehr diskret, aber es ist schon deswegen besser, davon
auszugehen, dass sie mit uns rechnen, weil es gefährlich wäre, nicht davon
auszugehen.«
    Er nickte und kaute
auf dem Bart direkt unter seiner Unterlippe herum.
    »Wie lange brauchen
die restlichen Mechaniker, bis sie hier sind?«, fragte McLain.
    »Meine Leute gehen
gegen zehn los, wenn die Beleuchtung im Treppenhaus gedimmt wird, und sind dann
gegen zwei hier, spätestens um drei. Sie haben schwer zu schleppen.«
    »Und Sie meinen, ein
Dutzend Leute da unten reicht, um den Betrieb aufrechtzuerhalten?«
    »Solange nichts
Größeres kaputtgeht, ja.« Er kratzte sich am Hinterkopf. »Was

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