Silver Moon
in meiner Hosentasche nach dem Feuerzeug, ein kurzer Schnapper genügte und eine kleine Flamme schoss empor. Kai bewahrte hier irgendwo Kerzen auf; ich sah in seiner Truhe nach und wurde fündig. Eine dicke, runde Kerze war meine Rettung. Ich zündete sie an, stellte sie auf den Tisch und genoss die Ruhe und den Frieden, die ich hier fand. Eine ungeahnte Stille hüllte mich ein, das Licht flackerte sanft und warf Schatten auf die Holzwände.
Ich ließ mich auf das Bett sinken, schloss die Augen und dachte an Prinz. Wäre er jetzt nur hier … Ich vermisste seine Nähe und die Zuneigung, die er mir in den letzten Stunden entgegengebracht hatte. Er war so ganz anders als gewöhnliche Hunde. Bei ihm fühlte ich mich wohl, ihm konnte ich vertrauen … ihm, einem Wolf!
Nie wieder würde ich die Glut in seinen Augen vergessen. Dieses leuchtende Braun, in dem ein Feuer zu brennen schien.
Schwermütig erhob ich mich und sank vor dem Bett auf die Knie, wo noch immer seine Decken lagen. Kai hatte sie nicht weggeräumt – ich war ihm Dankbar dafür.
Wehmütig strich ich über den bunten Haufen, um etwas von Prinz zu fühlen. Ein paar seiner grauen Haare lagen darauf und ich musste schmunzeln. Mein Finger zeichnete ein Herz auf die Decken. Ja, ich liebte meinen Prinz. Voller Sehnsucht legte ich meinen Kopf auf seinen Schlafplatz, so, wie er seinen Kopf immer in meinen Schoß gelegt hatte, um ihm ganz nah zu sein, etwas von ihm spüren und riechen zu können.
Plötzlich fühlte ich einen harten Gegenstand an meiner Schläfe. Etwas drückte und kniff mich unsanft. Perplex setzte ich mich wieder auf, um nachzusehen. Ich drehte die oberste Decke beiseite und erschrak: Ein Traumfänger lag darunter – ein indianischer Traumfänger, und nicht nur der! Daneben lag eine kleine geschnitzte Flöte, durch die eine Lederkordel gezogen war, eine Art Kette. Unter beiden Gegenständen befand sich auch noch ein zusammengefalteter Zettel. Ich starrte verwundert auf die Objekte und mein Herz begann schneller zu schlagen. Ich war dabei gewesen, als Kai die Decken aufbahrte. Er versteckte weder einen Traumfänger noch eine Kette oder gar einen Zettel darin.
War das etwa von Robert Black Bird? Aber weshalb verbarg er es in den Decken und legte diese Botschaften nicht auf den Tisch? Voller Verwunderung hob ich die kleine Flöte an dem braunen Lederband empor. Sie schwang im Schein der Kerze. Sie war selbst geschnitzt, aus einer Weidenrute und in Miniaturform. Ich wusste nicht, für wen sie war, dennoch hängte ich sie mir um den Hals. Anschließend griff ich zaghaft nach dem kleinen Traumfänger. Er war ebenfalls selbst gemacht, aus Naturmaterialien. Der Kreis bestand aus geflochtenen Weideästen. Um das Rad waren künstlerisch weiße Fäden gesponnen. Die Fäden sahen aus wie Fasern der Mullbinden, mit denen ich die Wunde von Prinz verbunden hatte. Sie zogen sich sternförmig zur Mitte, in der eine kleine hellblaue Blumendolde das Zentrum bildete. Unterhalb des Kreises hingen drei lange Bänder, die durch verschiedene Federn fixiert wurden und mit Bucheckern, Minitannenzapfen und Eicheln geschmückt waren. Beim genaueren Betrachten bemerkte ich, dass die blaue Blumendolde ganz unverkennbar ein Vergissmeinnicht war. Ich drückte den kleinen Traumfänger an mein Herz und kostete den milden Duft der Pflanze. Ein Vergissmeinnicht …
Oh nein, ich würde Prinz niemals vergessen, niemals! Verträumt sah ich diese kleine Kostbarkeit an und erblickte den Zettel, der zusammengefaltet vor mir lag. Zittrig griff ich danach und öffnete ihn. Eine unbekannte Schrift erwartete mich, sie war definitiv nicht von Kai. Schweigend huschten meine Augen über das Blatt und ich begann leise zu lesen:
»Liebe Kira, für deine Hilfe und hingebungsvolle Pflege möchte ich dir herzlich danken. Was du für mich getan hast, ist nicht selbstverständlich und ich werde es nie vergessen. Der Traumfänger soll dich vor allen Gefahren schützen, und solltest du dennoch jemals meine Hilfe benötigen, so benutze die Flöte und ich werde für dich da sein! Ich trage dich auf ewig in meinem Herzen!«
Als seien diese geschriebenen Worte nicht schon genug, war der Zettel mit einem Pfotenabdruck unterzeichnet. Vor meinen Augen verschwamm alles – es waren Tränen, die meine Umgebung verlaufen ließen. Was geschah hier? Das konnte doch unmöglich real sein! Verwundert und zutiefst gerührt sank ich an diesem Freitagabend auf die zerwühlten Decken meines Prinzen.
Der silberne
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