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Skiria: Am Berg der Drachen (German Edition)

Skiria: Am Berg der Drachen (German Edition)

Titel: Skiria: Am Berg der Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Rubin
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was sie wohl vor ihm verbergen mochte. Dass sie eine Schutzschicht benötigte, leuchtete ihm ein, denn verglichen mit seinen widerstandsfähigen Schuppen wirkte ihre Haut dünn und verletzlich. Doch die menschlichen Gewänder schienen noch einem anderen Zweck zu dienen, den er nicht recht verstand. Ramin bemühte sich, seine Neugier zu bezähmen und nicht nach dem nackten Mädchen zu schielen, denn er vermutete, damit ihren Ärger zu erregen. Rasch hatte Skiria sich wieder bedeckt. Ein herrliches Gefühl, trockenen Stoff auf der Haut und feste Schuhe unter den Füßen zu spüren. Auch ihr Haar hatte sich mit Wasser vollgesogen. Um es schneller zu trocknen, band Skiria ihren Zopf auf und ließ die langen hellen Strähnen feucht über ihren Rücken hängen. Das Unterkleid wand sie aus und band es zum Trocknen an die Astgabelung.
    „Du kannst wieder hersehen“, gab sie Entwarnung. Ramin erkannte zufrieden, dass seine Kameradin sich nun in reisefertigem Zustand befand und deutete mit einem Kopfnicken an, dass ihr Marsch nun begänne. Er richtete sich zur vollen Größe auf und ließ mit seinen schweren Schritten den Felsboden beben. Zögernd folgte ihm Skiria. Den Stecken, an dem das weiße Wäschestück weithin sichtbar wie eine Fahne baumelte, benutzte sie als Gehhilfe und hoffte inständig, dass ihnen in nächster Zeit niemand begegnen mochte, denn sie kam sich damit etwas albern vor.
     

    Die Drachenwege verliefen sich in weitläufigen, steinigen Gängen, von denen hin und wieder eine Gabelung abzweigte. Skirias Augen gewöhnten sich langsam an die Düsternis, die nur gelegentlich einfallende Sonnenstrahlen unterbrachen. Unter ihren Sohlen spürte sie glatten Felsengrund. Sie musste höllisch aufpassen, um nicht darauf auszurutschen, sodass sie ihre Schritte sehr behutsam setzte. Ramin konnte sich problemlos fortbewegen, denn das Felsengewölbe war hoch genug. Die Breite dagegen variierte. Während manches Mal drei ausgewachsene Drachen nebeneinander Platz gehabt hätten, verengte sich der Weg oft zu einem schmalen Pfad, den die beiden hintereinander beschreiten mussten.
    An Trinkwasser mangelte es nicht. Dafür sorgten die schimmernden Wasserperlen, die an der Decke hingen und regelmäßig von dort herab tropften. Am Boden hatten sich kleine Kuhlen gebildet, in denen sich das Wasser sammelte. In manchen Nischen der Felswände verbargen sich schlafende Fledermäuse, die flatternd aufschreckten, sobald Ramin und das Mädchen ihre Ruhe störten.
    Skiria stellte sich die Begegnung mit Ramins Onkel wiederholt vor. Er musste seinen Enkel gewiss noch überragen und mit dieser Größe wahrlich Furcht einflößend wirken. Wie würde sie sich an der Seite zweier Drachen fühlen, von denen bereits der kleinere Ausmaße besaß, die ein junges Mädchen daneben wie eine Zwergin erscheinen ließen? Auch fragte sie sich, ob zwischen Drachen ähnliche Unterschiede existierten, wie es bei den Menschen üblich war. Ramin behandelte sie freundlich und hatte sich mittlerweile ihr Vertrauen verdient. Ob Hojomor sich ebenso umgänglich zeigte? Vielleicht gebärdete er sich eher wild und ungestüm, um ihr Angst einzuflößen, oder ließ sie seine Abneigung spüren. Schließlich musste er seit langer Zeit mitverfolgt haben, wie Angehörige der menschlichen Rasse seine Artgenossen töteten. Auch wenn sie selbst niemals einem solchen Tier Leid zugefügt hatte, fühlte sich Skiria plötzlich schuldig.
     

    Nach einigen Stunden gelangten sie in einen Hohlraum, der Ramins Drachenhöhle erheblich ähnelte. Bizarre Kunstwerke aus Tropfstein ließen die steinerne Stätte wie die Ausstellungshalle eines Bildhauers erscheinen. Aber für diese Schönheiten hatten die beiden Reisenden im Augenblick keinen Sinn, überlagerte doch ein penetrant faulig-süßlicher Geruch die Grotte wie eine mit stinkendem Unrat gefüllte Grube. Ramin schüttelte angewidert seinen Kopf, als könne er dadurch den bestialischen Gestank aus seiner Nase vertreiben. Trotzdem fühlte er sich zu einer Erklärung veranlasst: „Das hier war Barsibars Höhle. Leider starb er letztes Jahr an Altersschwäche.“
    Da Skiria die Geruchsbelästigung als unerträglich empfand, weckte die Geschichte der Höhle wenig Interesse. Flinken Schrittes durchquerte sie das Heim des verstorbenen Drachen, vorbei an einem gewaltigen Felsblock auf dem Weg zu einem Gang, der von diesem Ort wegführte. Nur aus den Augenwinkeln gewahrte sie im Vorbeigehen den Schatten eines riesigen

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